Ausstellung „Bewegte Versammlungen“ im Bayreuther Iwalewahaus
Die Ausstellung besteht aus acht Bereichen, die jeweils einem Leitmotiv gewidmet sind: „Gehen“ – „Schmelzen“ – „Versammeln“ – „Inklusionsdiamant“ – „Glitch-Texturen“ – „Schönheit“ – „Gemeinsam“ – „AL´Umma, eine Gesellschaft feiert das Leben“.
Eine Ausstellung bewegt. Beschäftigten sich die Vernissagegäste im ersten Raum noch mit einem überraschend bunten Umgang mit dem Tod, kam man im zweiten Raum in eine düstere Atmosphäre. Das wundert nicht, beschäftigt sich die Künstlerin Talya Lubinsky mit der Gedenkstätte Flossenbürg.
Im dritten Raum sind anregende Diskussionen über die Lieblingsskulptur und Vergleiche mit bekannten Figuren entstanden. „Schönheit“, Thema des vierten Raums, ließ staunen. Kleider, deren Farbenpracht die ersehnte Sonne erträumen lässt, die Näharbeit eher schlaflose Nächte verursacht. Dem gegenüber Malerei, die einen entspannten Gegenpol zu den farbenprächtigen Kleidern bildet.
Yassine Balbzioui war der Überraschungsgast für den Freundeskreis. Und Yassine hat auch ein Geschenk gemalt. Erstmalig hat er mit Wasserfarbe auf der Wand ein Gemälde erschaffen. Das Experiment ist geglückt und wenn man sich in das Treppenhaus des Iwalewahaus begibt, kann man es mit einem anderen Werk des Künstlers von 2017 vergleichen.
Inmitten aller Räume ist der Inklusionsdiamant. Dort ist ein Twins Seven Seven Tusche-Werk, welches bereits an das MoMa (Museum of Modern Art, New York) ausgeliehen war. Und in klein nebendran als Tastkopie erfühlbar. “So etwas habe ich noch nie gesehen, noch nicht einmal in den großen Häusern”, staunte eine Besucherin.
Oliver Stephan, Sohn von Klaus Stephan und Nina Fischer-Stephan, war mit seiner Familie berührt. Die Fotos seiner Mutter in schwarz / weiß den farbprächtigen Fotos von Mallam Mudi Yahaya gegenübergestellt, ließen sie und die Besucher:innen nicht aus dem Schwelgen herauskommen. Die Fotografien von Nina Fischer-Stephan und Mallam Mudi Yahaya öffnen viele Türen. Gesellschaftliche Einblicke, farbenprächtige ebenso wie klare Bilder. Die Fotos beider zeigen ein Gefühl für den Moment, den Augenblick, der Eingefangen werden und festgehalten werden soll. Oliver Stephan brachte es auf den Punkt: “Meine Mutter hat nie im falschen Moment fotografiert“. AL’UMMA – Die Gesellschaft feiert das Leben “ und die Besucher:innen dürfen mitfeiern.
Doch auch im Foyer bleibt das Iwalewahaus sich treu. Künstler:innen werden eingeladen und schaffen mit den gefundenen Archivmaterialien neue Kunst. Clerk präsentiert im Ausstellungsteil „Glitch – Texturen“ im und um das Iwalewahaus gefundene Geräusche, welche in seinem Konzept-Album „Archive“, gehört und gesehen werden können.
Die Kurator:innen standen für Fragen ebenso zur Verfügung wie die Künstler, Mallam Mudi Yahaya, Yassine Balbzioui und Clerk.
Al’Umma ist ein aus dem Arabischen entlehntes Wort, das in der Hausa-Sprache Nordnigerias häufig verwendet wird, um die Menschen und/oder die Gesellschaft zu bezeichnen.
Glitch entstand in den 1990er Jahren in der elektronischen Musik. Störungsbasierte Audiomedien werden zusammengefügt zu einer „Ästhetik der Defekte“.
Mallam Mudi Yahaya – ist ein bildender Künstler, Schriftsteller und Archivar, dessen Fotografie sich von sozialdokumentarischen Essays zu kritischer konzeptioneller Fotografie, Experimentalfilm und Videokunst entwickelt hat. Als Künstler hat er sich bereits mit Fischer-Stephans Werk für die Ausstellung „The Respectful Gaze“ auseinandergesetzt und diese Recherche des Fischer-Stephan- Archivs während seines diesjährigen Aufenthalts im Iwalewahaus erweitert, wo er auch ein Kompendium über die soziale Semiotik des nördlichen Nigerias verfasst hat.
Nina Fischer-Stephan (1922-2018) war eine Fotografin und Regisseurin von Dokumentarfilmen. Ihr künstlerisches Werk gibt Einblicke in die Lebensweise und Architektur zahlreicher Regionen Afrikas; für diese Ausstellung liegt der Schwerpunkt auf Nordnigeria. Der fotografische Nachlass Fischer- Stephans wurde dem Iwalewahaus überlassen, wo dieser kuratiert und digitalisiert wird.
Talya Lubinsky ist bildende Künstlerin, die in Berlin/Deutschland lebt. In ihrer forschungsbasierten Praxis verwendet sie elementare Materialien, die aufgrund ihrer Charakteristik zu Trägern für poetische Bedeutungen werden und spezifischen Beziehungen und Geschichten eine Form geben.
Yassine Balbzioui ist bildender Künstler, der Malerei, Performance, Videoarbeiten und Skulpturen schafft. Sein Werk kennt keine Grenzen. Er wurde 1972 in Marrakech, Marrokko geboren. Dort lebt und arbeitet er.
Führungen können ab Montag gebucht werden.
Öffnungszeiten bitte iwalewahaus.com entnehmen
Momentan:
Mo. – Fr., 09:00 – 15:00 Uhr (nicht an Feiertagen)
Nach Voranmeldung unter Tel 0921 5545 00 oder iwalewa@uni-bayreuth.de
IWALEWAHAUS, Wölfelstraße 2, 95444 Bayreuth
Eingang: Innenhof, erreichbar über die Münzgasse.
Freier Eintritt in alle laufenden Ausstellungen
Das Iwalewahaus ist Teil der Universität Bayreuth und widmet sich der zeitgenössischen Kunstwerke bildender und populärer Kunst aus Afrika, der afrikanischen Diaspora, Asiens und des pazifischen Raums. Über 12.000 Kunstwerke zählt die Sammlung des Iwalewahaus. Es ist die größte Sammlung zeitgenössischer afrikanischer Kunst in Europa. Auf 2.300m² (Büroräume sowie Ausstellungs- und Archivflächen), finden Ausstellungen, Vorträge, Filme, Konferenzen, Künstler:innengespräche, Künstler:innenresidenzen und Workshops statt.
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