Gräfenberger Grüne zum Haushalt 2023 der Stadt Gräfenberg
Redemanuskript Haushaltsrede des Fraktionssprechers Matthias Striebich
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
vor uns liegt der Entwurf für den Haushalt der Stadt Gräfenberg für das Jahr 2023 und die Investitionsplanung der Folgejahre. Wir danken Herrn Steinlein für die kompetente Ausarbeitung des Zahlenwerks und wir danken vor allem den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen in der Stadt, die durch ihre Steuerzahlungen dafür sorgen, dass es überhaupt einen städtischen Haushalt gibt, über den wir sprechen können.
Es ist über Jahrzehnte hinweg gute Tradition, dass beim Beschluss des Haushalts die Fraktionen im Stadtrat mit einer Haushaltsrede Stellung nehmen zur finanziellen Situation und Planung und damit auch zur aktuellen Kommunalpolitik allgemein. Ebenso war es – bis vor kurzem – gute Tradition unabhängig davon, wer gerade Bürgermeister war, dass die Manuskripte der Haushaltsreden im Amtsblatt veröffentlicht wurden. So konnten sich die Bürgerinnen und Bürger wenigstens einmal im Jahr ein Bild über die unterschiedlichen Positionen der Fraktionen machen, selbst wenn sie nicht regelmäßig die Stadtratssitzungen besuchen oder die Zeitung abonnieren. Mit dieser Tradition wird nun gebrochen. Die VG-Versammlung beschloss für uns unverständlicherweise „Richtlinien“ für das Amtsblatt, welche den Informationsgehalt des Amtsblatts radikal einschränken und unter anderem ausdrücklich vorsehen, dass Haushaltsreden nicht mehr abgedruckt werden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Da war doch bisher das eine oder andere kritische Wort zu lesen und das stört natürlich – da gehen Pfennigfuchserei und das Streben nach Zensur Hand in Hand.
Aber lassen wir die Kleinbeträge außen vor und sprechen über die wichtigsten Punkte des Haushalts: Es gibt gute Gründe, dem Haushalt und dem Investitionsplan zuzustimmen. Beide enthalten als wichtigste Investitionsmaßnahmen den Neubau des Hallenbads und die Sanierung des Freibads, die bereits in der vergangenen Wahlperiode mit hohen Zuschüssen als notwendige Zukunftsprojekte auf den Weg gebracht wurden, sowie unter anderem Maßnahmen der Dorferneuerung in Walkersbrunn und Kasberg. Dazu kommt der akute Bedarf für einen Kindergarten, der sich durch den erwünschten Zuzug von Familien mit Kindern in den letzten Jahren ergeben hat. Hinter diesen Projekten stehen wir voll und ganz.
Dabei liegt es nahe, dass die Stadt in den kommenden Jahren angesichts dieser anstehenden Großprojekte, welche alle für die Zukunft und die Lebensqualität der Stadt unverzichtbar sind und im Konsens beschlossen wurden, nicht ohne eine deutliche Neuverschuldung auskommen wird. Wir machen schon seit längerem deutlich, dass wir dies im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht nur für akzeptabel, sondern sogar für notwendig halten. Wer die Kreditaufnahme in diesem Zusammenhang ablehnt oder kritisiert, muss dazu sagen, welche Zukunftsprojekte er dafür aufgeben will. Aus unserer Sicht ist das der falsche Weg.
Wir sind bereit, mehrere Millionen Euro höhere Schulden in Kauf zu nehmen, wenn es damit ein saniertes Freibad, ein neues Hallenbad, genügend Kindergartenplätze, etc. gibt. Das ist eine gänzlich andere Situation als die vor über zehn Jahren, als die Schulden noch viel höher waren und so gut wie nichts erledigt war. Insofern ist es nicht nachzuvollziehen, dass ausgerechnet aus der FW-Fraktion, welche die damalige Situation maßgeblich zu verantworten hatte, dazu kritische Stimmen kommen.
Dabei werden Bürgermeister und die Fraktionen von FW und CSU nicht müde, die angeblich „erheblich teurere“ Variante des Freibads zu kritisieren, für die sich der Stadtrat entschieden hat.
Hans Derbfuß spricht sogar von einem „aufgeblähten“ Freibad! Tatsächlich verursacht diese Variante höhere Investitionen von gerade einmal 160 T€ und bietet dafür erheblich mehr Attraktivität für die Badegäste, deutlich mehr Wasserfläche und dies bei annähernd gleichen Betriebskosten. Das ist angesichts der Summen, um die es beim Haushalt der künftigen Jahre geht, ein eher kleiner Betrag, der die städtischen Finanzen nicht maßgeblich beeinflusst. Viel stärker fallen die Mehrkosten in Millionenhöhe ins Gewicht, welche dadurch verursacht wurden, dass der Bau des Hallenbads nach der Kommunalwahl 2020 um zwei Jahre verzögert und die fast fertige Planung verworfen wurde.
Verzögerungen kosten Geld! Um das auch nochmals deutlich zu sagen: Der Zuschuss für das Hallenbad durch den Landkreis ist bereits vor der Wahl zwischen dem Landrat und dem damaligen Bürgermeister Hans-Jürgen Nekolla vereinbart worden war.
Wir begrüßen den Vorschlag des Kämmerers, dass der notwendige neue zusätzliche Kindergarten von dem Kommunalunternehmen gebaut und an den künftigen Betreiber verpachtet werden soll.
Dadurch wird der städtische Haushalt in den kommenden Jahren entsprechend entlastet.
Kurz zusammengefasst: Im Haushalt stehen die wichtigsten Projekte, auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass der barrierefreie Ausbau der Innenstadt zumindest begonnen wird. Dabei ist die vorgesehene Kreditaufnahme sinnvoll und notwendig.
Aber deswegen ist bei weitem nicht alles gut. Als Grüne können wir nicht hinnehmen, wie die Energiewende hier vor Ort nicht nur nicht gefördert, sondern regelrecht ausgebremst wird. Alle Wissenschaftler weisen darauf hin, dass uns beim Klimawandel kaum noch Zeit bleibt und auf allen Ebenen dringend gehandelt werden muss und hier in Gräfenberg wird gezaudert als hätten wir noch viel Zeit. Die schleppende Erweiterung des Nahwärmenetzes ist nur ein Beispiel. Zudem wird der Ausbau der erneuerbaren Energien durch Klientelpolitik behindert. Dabei würde die Nutzung von Sonnen- und Windenergie über Klimaschutz und Sicherung der Energieversorgung hinaus auch die Einnahmensituation und damit die künftige Haushaltslage der Stadt verbessern. Diese Chancen werden derzeit vertan. Statt sich Gedanken über die Verbesserung der Einnahmen zu machen, wird lieber über die künftige Schuldenlast gejammert.
Was die Einnahmen betrifft, fordert Lars Laufer immer wieder, die Stadt müsse größer werden und man müsse mehr Baugebiete ausweisen. Dabei zeigt sich gerade an der jüngsten Entwicklung in Gräfenberg, dass Wachstum zu Folgekosten führt, welche höher sind als die zusätzlichen Einnahmen (siehe Kindergarten). Natürlich war und ist der Zuzug von Familien mit Kindern sehr erwünscht, aber im Haushalt zahlt sich das bestenfalls langfristig aus. Selbstverständlich ist ein maßvolles Wachstum der Stadt vor allem durch Innenentwicklung sinnvoll und sollte angestrebt werden, aber nicht durch die massive Ausweisung neuer Bebauungsflächen. Zur Erhöhung der Einnahmen ist die Weiterentwicklung der regenerativen Energienutzung der deutlich schnellere und bessere Weg.
Für Gräfenbergs Zukunft und insbesondere die erfolgreiche Umsetzung der anstehenden Großprojekte braucht es vom Bürgermeister Fingerspitzengefühl, Engagement, Ideen zur Lösung von Problemen (auch ohne Gutachten), Präsenz vor Ort, die Bereitschaft und das Geschick, bei Schwierigkeiten Kompromisse vorzuschlagen und einen direkten persönlichen Draht zu den jeweils Beteiligten zu finden. Wir haben große Zweifel, dass dies in ausreichender Weise erfolgt und so die Projekte zum Erfolg geführt werden können. Beispiele sind das Nahwärmenetz und die aktuellen Gespräche mit der Diakonie. Das muss dringend verbessert werden.
In der Hoffnung auf diese Verbesserungen werden wir dem Haushalt zustimmen. Wir sind weiterhin zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit allen Fraktionen, dem Bürgermeister und der Verwaltung bereit und hoffen auf gutes Gelingen der geplanten Maßnahmen.
Ich danke herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Matthias Striebich
Fraktionsvorsitzender
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