Neues Projekt der Universität Bayreuth zur automatischen Fertigung von Bauteilen aus keramischen Faserverbundwerkstoffen
Intuitive Robotersteuerung
Bauteile aus keramischen Faserverbundwerkstoffen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr hohen Betriebstemperaturen und schockartigen Temperaturschwankungen standhalten können und nicht verschleißanfällig sind. Einen Faserspritzprozess für die Herstellung von oxidkeramischen Faserverbundwerkstoffen zu automatisieren und zugleich hochgradig flexibel zu gestalten, ist das Ziel eines neuen Vorhabens von Informatik und Ingenieurwissenschaften an der Universität Bayreuth. Intuitive Roboterprogrammierung soll Unternehmen in die Lage versetzen, kurzfaserverstärkte oxidkeramische Bauteile bedarfsgerecht auch in sehr kleinen Serien zu fertigen. Das Projekt „FlexFiber“ wird von der DFG mit insgesamt rund 700.000 Euro gefördert.
Oxidkeramische, durch Kurzfasern verstärkte Verbundwerkstoffe sind bislang noch wenig erforscht, eignen sich aber für eine Vielzahl von Anwendungen im Hochtemperatur-Leichtbau, beispielsweise in der Luft- und Raumfahrt oder in der Energiewirtschaft. Eine maßgeschneiderte Produktion von Bauteilen aus diesen Materialien ist auf das Know-how von Fachleuten angewiesen, die wissen, wie die dafür nötigen Faserspritzprozesse verlaufen müssen. Attraktiv wäre es, wenn diese Fachleute ohne großen Aufwand einen Roboter so steuern könnten, dass dieser die komplexen Faserspritzprozesse auch in Kleinserien exakt und reproduzierbar ausführt. Genau hier setzt das neue Bayreuther Projekt „FlexFiber“ an. Es zielt auf ein Robotersystem ab, das von Expert*innen intuitiv – also ohne Programmierkenntnisse – flexibel bedient werden kann. Bauteile sollen mit den jeweils angestrebten Formen, Strukturen und Eigenschaften automatisch gefertigt werden.
„An der Universität Bayreuth haben wir eine graphische Playback-Roboterprogrammierung entwickelt, die sich für diskrete Prozesse, beispielsweise das Zusammensetzen von Produkten aus einzelnen Bauteilen, schon bewährt hat. Dieses System wollen wir im Rahmen von ‚FlexFiber‘ auf kontinuierliche Prozesse erweitern. Hierbei muss der Faserverbundwerkstoff in einer optimierten Roboterbewegung bei möglichst wenig Materialverbrauch auf eine Negativform aufgesprüht werden,“ sagt Prof. Dr. Dominik Henrich, Inhaber des Robotik-Lehrstuhls an der Universität Bayreuth. Künftig sollen Expert*innen, die alle Produktionsschritte – angefangen von der Bereitstellung der Rohmaterialien bis hin zu den Strukturen und Eigenschaften des fertigen Bauteils – im Detail überblicken, das Robotersystem dementsprechend intuitiv bedienen können. Alle Produktionsschritte, einschließlich der Ansteuerung von Peripherie-Geräten, werden dann automatisiert und zugleich exakt reproduzierbar ablaufen können. Fachleute bleiben also auch in Zukunft unentbehrlich. Sie sollen aber ihr Know-how direkt dem Robotersystem vermitteln können, ohne einen Roboterprogrammierer einschalten zu müssen, was stets die Gefahr von Informationsverlusten und Fehlinterpretationen birgt.
Projektpartner an der Universität Bayreuth ist Prof. Dr.-Ing. Stefan Schafföner, Inhaber des Lehrstuhls Keramische Werkstoffe. Hier werden im Rahmen von „FlexFiber“ oxidkeramische Verbundwerkstoffe erforscht, die verstärkende Kurzfasern mit einer Länge zwischen 14 und 60 Millimetern enthalten. Diese noch jungen Materialien haben ein breites Anwendungspotenzial. Sie verleihen Bauteilen, die unter sehr hohen Temperaturen und bei plötzlichen Temperaturschwankungen uneingeschränkt funktionstüchtig bleiben müssen, die nötige Stabilität. „Es sind meistens kleine und mittlere Unternehmen, die solche Bauteile mit hohem Zeit- und Kostenaufwand in Kleinserien anfertigen. Sie werden von einer Automatisierung dieser Prozesse, die mit einer flexiblen Anpassung an die jeweils geforderten Bauteil-Eigenschaften einhergeht, erheblich profitieren können,“ sagt Prof. Dr.-Ing. Stefan Schafföner.
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für drei Jahre geförderte Projekt ist ein Beispiel für die sich derzeit verstärkende Zusammenarbeit zwischen Informatik und Ingenieurwissenschaften auf dem Campus der Universität Bayreuth. Verlaufen die Forschungsarbeiten erfolgreich, wird schon bald eine neue Fertigungstechnologie – in Verbindung mit einem attraktiven, vielfältig einsetzbaren Werkstoff – für den Hochtemperatur-Leichtbau zur Verfügung stehen.
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