Sonntagsgedanken: Schnell, schneller, noch schneller …

Symbolbild Religion

„Guten Tag“, sagte der kleine Prinz. „Guten Tag“, sagte der Händler. Er handelte mit höchst wirksamen, Durst stillenden Pillen. „Wenn man eine schluckt, spürt man überhaupt kein Bedürfnis mehr zu trinken.“ „Warum verkaufst du das?“ fragte der kleine Prinz. „Das ist eine große Zeitersparnis“, sagte der Händler. „Die Experten haben Berechnungen angestellt. Man spart dreiundfünfzig Minuten in der Woche.“ „Und was macht man mit diesen dreiundfünfzig Minuten?“ „Man macht damit, was man will …“ „Wenn ich dreiundfünfzig Minuten übrig hätte“, sagte der kleine Prinz, „würde ich ganz gemächlich zu einem Brunnen laufen…“

Antoine de Saint-Exupéry

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel …

Wenn Sie dreiundfünfzig Minuten mehr Zeit in der Woche hätten, was würden Sie damit anfangen? Vielleicht noch mal dieses oder jenes schnell erledigen? Mal schnell auf einen Kurzbesuch zu diesem oder jenem gehen? Mal schnell ins Einkaufscenter eilen und das besorgen, was Sie schon lange kaufen wollten? Mal schnell dieses oder jenes tun?

Mal eben schnell …: Wie oft verwenden wir doch diese drei Worte in unserem Alltag? Ich habe mich selber einmal getestet und irgendwann zu zählen aufgehört, weil ich es auch immer und immer wieder verwende; wie wohl so viele von Ihnen auch.

Ach wäre das Mittel des Pillenhändlers gut, denn dann hätten wir dreiundfünfzig Minuten lang Zeit. Aber wissen Sie was? Wir haben sogar mehr Zeit als nur dreiundfünfzig Minuten, nur nehmen wir uns diese Zeit nicht. Wir sind alle auf eines getrimmt: „Mal eben schnell!“. Halten wir doch einmal an, mitten in unserer Tretmühle, gönnen wir uns doch einmal ein wenig Zeit, wenigstens eine oder zwei Minuten, ohne Zeitdruck, einfach, um aufzutanken. Das müsste doch für jeden machbar sein.

Ich möchte Sie einladen, einmal auf das „Schnell-schnell“ zu verzichten, stattdessen einfach tief durch zu schnaufen, aufzutanken. – Vielleicht wäre das etwas, das Sie sich für die restliche Fastenzeit vornehmen könnten. Das wäre dann ein Fasten ohne zu verzichten, aber ein Fasten, das mit Sicherheit viel bewirken würde, denn wir würden entdecken, dass es eben nicht immer nur schnell gehen muss. Wir würden entdecken, dass wir genügend Zeit haben: Wir müssen sie uns nur nehmen. Und dann können wir wieder ganz neu entdecken, dass es ein Leben auch außerhalb unserer alltäglichen Tretmühlen gibt. Wir könnten die Vögelchen wieder singen hören, die für uns singen und die Blumen, wie z.B. die Schneeglöckchen, die schon jetzt blühen, wahrnehmen und vielleicht sogar für einen anderen ein gutes Wort übrighaben. Wir würden wieder anfangen, zu leben. Und dann wäre es eigentlich schon ein bisschen Ostern.

Ich wünsche Ihnen den Mut, auf „Ich habe keine Zeit“ zu verzichten und stattdessen Ihre Fähigkeit zu entdecken, sich Zeit für sich selber zu nehmen – Zeit zum Leben.

Klaus Weigand


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Infos zu Pfarrer Klaus Weigand

  • Geboren 1966 in Erlenbach am Main (Unterfranken)
  • Abitur am Theresianum in Bamberg 1989
  • Studium der Kath. Theologie in Bamberg und Wien
  • Priesterweihe 1998
  • Tätigkeiten:
  • Fürth, Christkönig von 1997 – 2010
  • Buckenhofen als Pfarradministrator 2010 – 2015
  • seit 2015 in Heroldsbach und Hausen