Metropolregion Nürnberg mit KI und Innovationen in Brüssel

Die Delegation der Metropolregion Nürnberg in Brüssel
Die Delegation der Metropolregion Nürnberg in Brüssel

E-Autos, die während der Fahrt laden und ein sicheres digitales System in Europa für Gesundheitsdaten – das sind nur zwei von mehreren Technologieprojekten, die eine rund 80köpfige Metropolregions-Delegation in dieser Woche in Brüssel vorstellte. Eine teilweise durch KI gesteuerte Jazz-Session brachte die mehr als 200 Gäste bei der Abendveranstaltung in der Bayerischen Vertretung zum Staunen.

Mit Anliegen und Projekten im Gepäck reisten rund 80 Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in Europas Hauptstadt. Die Delegation der Metropolregion traf dort in 12 Gesprächen zu verschiedenen Fachthemen Mitglieder des Europäischen Parlaments, hochrangige Vertreter von EU-Institutionen und Experten. „Unserer Delegation gelang ein großartiger Auftritt sowie die Anbahnung neuer Kontakte und Kooperationen. Wir konnten Vertreter der EU-Kommission und Abgeordnete kennenlernen, mit ihnen ins Gespräch kommen und unsere Anliegen platzieren. Die Metropolregion hat in Brüssel ihre Innovations- und Wirtschaftskraft gezeigt“ sagte Johann Kalb, Ratsvorsitzender der Metropolregion und Landrat des Landkreis Bamberg.

Eine der innovativsten Regionen Europas

Die Innovationsstärke der Metropolregion belegt im Übrigen das EU-eigene Innovation Scoreboard. Demnach gehört sie zu den innovativsten Regionen Europas. Sie liegt mit ihrer Innovationskraft über dem deutschen und europäischen Durchschnitt, auf Augenhöhe mit London und dem Großraum Amsterdam. Kommissions-Vertreter Isidro Laso Ballesteros schlug vor, sich als Innovation Valley zu bewerben, was weitere Fördergelder bedeuten könnte. Die Metropolregion habe hervorragende Voraussetzungen. Weiter lud er die Region ein, sich der EU-Kommission auf einer Reise ins Silicon Valley anzuschließen, wo sich Europa als attraktives Ziel für Fachkräfte präsentiert.

Musikalische KI

Eine hoch-spannende Anwendung von Künstlicher Intelligenz konnte die Brüsseler Community am Abend in der Bayerischen Vertretung bestaunen: Professor Sebastian Trump von der Hochschule für Musik Nürnberg spielte auf dem Saxofon zusammen mit einem Steinway-Flügel, der per Künstlicher Intelligenz gesteuert wird. Die Anwendung entstand durch die Zusammenarbeit der Technischen Hochschule Nürnberg und der Hochschule für Musik. In einer anschließenden Podiumsdiskussion gingen Vertreter aus der Metropolregion und der Europäischen Kommission auf die Potenziale und Grenzen von KI ein.

Michael Sigmund, stellvertretender Wirtschaftsvorsitzender der Metropolregion unterstrich, dass Siemens mit 1800 Patent-Anmeldungen im Bereich KI allein im Jahr 2022 zeige, wie wichtig KI für die Wirtschaft sei. „Wir haben ein Bruttoinlandsprodukt von 148 Milliarden Euro, liegen in Statistiken zu Innovationskraft vorne und nennen uns Heimat für Kreative – da liegt es nahe, dass wir auch bei KI vorne dabei sein wollen. Dabei haben wir immer das Potenzial und die Chancen im Blick“, unterstreicht Klaus L. Wübbenhorst, Wirtschaftsvorsitzender der Metropolregion.

E-Fahrzeuge während der Fahrt laden

Ein besonders innovatives Projekt brachten die Technische Hochschule Nürnberg und der Lehrstuhl für Automatisierungstechnik (FAPS) mit. Im Projekt „E|MPower“ forschen sie gemeinsam an einer Technologie, mit der E-Fahrzeuge während der Fahrt laden können. Dazu soll ab 2025 eine Teststrecke in Nordbayern entstehen. Die Wissenschaftler warben in Brüssel bei der Kommission und bei dem Abgeordneten Ismail Ertug für das Projekt und für Fördergelder, um die Technologie künftig europaweit ausrollen zu können.

Intelligente Stromnetze

Weniger Energie verbrauchen und die Produktivität steigern – das ist das Vorhaben des Projektvorhabens SiC4DC vom Lehrstuhl FAPS an der FAU und dem Fraunhofer IISB. Mit zunehmend mehr Elektronik und mehr Sensoren verbrauchen Industrie und verarbeitendes Gewerbe rund die Hälfte des Stroms in Deutschland. Das Projekt widmet sich dem Einsatz von Leistungselektronik auf Basis von SiC-Halbleitern, der Verwendung von Gleichstromnetzen für effizienteren Netzbetrieb und einfacherer Einbindung regenerativer Energien und Smartes Energiemanagement basierend auf künstlicher Intelligenz. Fast 40 Millionen Tonnen CO2 und 121 Terrawattstunden könnten laut Berechnungen bis 2050 eingespart werden. So ging es u.a. im Gespräch mit der EU-Kommission darum, welche Möglichkeiten es gibt, SiC4DC als EU-Projekt umzusetzen.

Medical Valley verbessert Innovationskraft der Gesundheits- und Pflegebranche

Wie können Gesundheitsdaten sicher und effizient europaweit genutzt werden? Das europäische Vorhaben European Health Data Space (EHDS) hat das Ziel, Versorgung, Forschung und Infrastruktur in diesem Bereich zu verbessern. In Brüssel warben Vertreter des Medical Valley für die Aktivitäten und Zielsetzungen des Projekts Team-X, nämlich die Stärkung der digitalen Kompetenz und Innovationskraft der Gesundheits- und Pflegebranche sowie der Fähigkeit und Selbstbestimmung der Bevölkerung im Umgang mit ihren Gesundheits- und Pflegedaten. Weiter ging es darum, potenzielle Anknüpfungspunkte zwischen regionalen Aktivitäten und der europäischen Ausgestaltung des European Health Data Space zu definieren und Möglichkeiten der Kooperation auf EU-Ebene unter Einbeziehung politischer VertreterInnen zu identifizieren.

Stadtwerke bei der Energiewende stärken

Klimaschutz hat sich die Metropolregion Nürnberg als erste Metropolregion seit 2012 zur Aufgabe gemacht hat. In Gesprächen mit Vertretern der EU-Kommission und den EU-Abgeordneten mit Christian Doleschal und Malte Gallée wiesen die regionalen Vertreter auf das Potenzial von Stadt-Land- Partnerschaften für die Transformation der Energieversorgung und die Energiewende hin. Stadt und Land müssen in einem tiefgreifenden Wandel neu zusammenarbeiten. Sie machten außerdem darauf aufmerksam, dass in Deutschland die Energieversorgung teilweise durch kleine Stadtwerke gesichert werde und als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge entstanden sind. Diese deutsche Besonderheit, die auch die Metropolregion Nürnberg mit rund 50 Stadtwerken charakterisiert, gilt es bei den EU- Gesetzesvorhaben zu berücksichtigen.

Bewerbung der Metropolregion als Welt-Agrarkulturerbe

Eine Delegation unter Führung des Ratsvorsitzenden Johann Kalb und der EU-Abgeordneten Marlene Mortler führte ein Gespräch mit dem Direktor des Brüsseler Büros der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), Raschad Al-Khafaji. Thema war die beabsichtigte Bewerbung der Metropolregion als Welt-Agrarkulturerbe. Unter anderem Teichlandschaften, Hopfenanbau, Streuobstwiesen, Knoblauchsland, Bamberger Gärtner – mit ihrer Vielfalt an Kulturlandschaften und Agrarsystemen tritt die Metropolregion mit einem neuartigen Konzept an. Aktuell bewerben sich weit überwiegend einzelne Agrarsysteme als Welt-Agrarkulturerbe. Die Vertreter der FAO zeigten sich optimistisch und boten ihre Unterstützung an.

Wichtige Stadt-Land-Netzwerke der Metropolregionen

Um große Transformationsprojekte in den Metropolregionen Stuttgart, Nordwest, Ruhr und Nürnberg ging es auf der Tagung der 11 deutschen Metropolregionen am Folgetag. Für Nürnberg stellte der Forchheimer Landrat Dr. Hermann Ulm die Bemühungen um die Land- und Ernährungswirtschaft im Bundesforschungsprojekt ReProLa vor. Denn es sind gerade die großräumigen Stadt-Land-Netzwerke der Metropolregionen, die in Stuttgart den Wandel der Automobilwirtschaft und in Nordwest den abgestimmten Aufbau von Wasserstoff-Infrastruktur in Stadt und Land effektiv unterstützen.

Die Metropolregion Nürnberg unternimmt regelmäßig Delegationsreisen nach Brüssel, Berlin oder zuletzt vor der Corona-Pandemie 2019 nach München. „Ich möchte mich bei Staatsministerin Melanie Huml und der gesamten Bayerischen Vertretung, sowie allen Teilnehmern, Gesprächspartnern und Sponsoren bedanken. Ohne sie wäre so eine gewinnbringende Reise nicht möglich gewesen“, sagt Johann Kalb.

Weitere Bilder und Informationen: https://www.metropolregionnuernberg.de/bruessel-2023

 

Stimmen von Beteiligten:

 

Staatsministerin Melanie Huml, MdL:

„Franken steht wie der Freistaat Bayern insgesamt für Tradition und Innovation, für Heimat und Hightech, für Regionalität und Rekorde. Die Metropolregion Nürnberg zeigte in Brüssel ein gelungenes Programm der Extraklasse zu Künstlicher Intelligenz und Kreativität.“

 

Christian Doleschal, Abgeordneter des Europäischen Parlaments:

„Es gibt keine schöneren Termine als mit Vertretern aus der Heimat. Wir versuchen die Rahmenbedingungen so zusetzen, dass es vor Ort umgesetzt werden kann. Da haben wir ein gutes Gefühl aus der Heimat vermittelt bekommen.“

 

Florian Janik, Oberbürgermeister der Stadt Erlangen, stv. Ratsvorsitzender der Metropolregion und Delegationsleitung „Nachhaltige Energieversorgung – Klimapakt 2030+“:

„In zahlreichen Gesprächen mit Mitarbeitenden der Kommission und Abgeordneten des Europäischen Parlaments stand in meiner Delegation das Thema Energiewende und Klimaschutz im Fokus. Hier in Brüssel wird für vieles die Weichen gestellt, das uns vor Ort betrifft. In Brüssel wurde uns mehrfach bescheinigt, dass wir in der Region auf einem guten Weg sind.“

 

Britta Walthelm, Geschäftsführerin Forum Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung, Referentin für Umwelt und Gesundheit der Stadt Nürnberg und Delegationsleitung „Nachhaltige Energieversorgung – Klimapakt 2030+“:

„Es war ein sehr gutes und offenes Gespräch mit den Abgeordneten Christian Doleschal und Malte Gallée. Es ging, darum was der Ausbau erneuerbarer Energien für die Metropolregion bedeutet. Wir stehen gut da, müssen aber schneller werden, wenn wir die Ziele erreichen wollen. Ich hoffe, dass wir da Unterstützung bekommen. Wir haben auch weitere Anschlussthemen gefunden zu denen wir uns austauschen wollen.“

 

Oliver Bär, Landrat Landkreis Hof, politischer Sprecher des Forums Wissenschaft und Delegationsleitung „Innovationsökosystem“ / „European Innovations Scoreboard:

„Wir haben in der Kommission darüber gesprochen, dass wir als Region sehr gut geeignet wären ein sogenanntes Innovation Valley zu werden. Wir haben rund 150 Weltmarktführer, 21 Universitäten und Hochschulen, 53 Forschungsinstitute und weitere Einrichtungen wie Medical Valley oder BayBatt, das Zentrum für Batterietechnik. Wir werden sehen, ob das Innovation Valley ein Projekt ist, das uns weiterbringt.“

 

Prof. Niels Oberbeck, Präsident der TH Nürnberg und Delegationsleitung „EM|POWER“:

„Ein System zum kontaktlosen und dynamischen Laden für E-Mobilität wird nur Akzeptanz finden, wenn es europaweit einen Standard gibt. Wir haben gut informierte GesprächspartnerInnen getroffen und können nun gut vorbereiten wie wir das nächste Mal auf die Europäische Union zugehen können.“

 

Prof. Björn Eskofier, Lehrstuhl für Maschinelles Lernen und Datenanalytik an der FAU und Delegationsleitung „European Health Data Space“:

„Wir hatten sehr gute Gespräche zum European Health Data Space mit Vertretern der Europäischen Kommission und haben einen guten Einblick in den politischen Prozess bekommen. Wir haben alle Fragen angesprochen und wissen nun wo wir uns einbringen können.“

 

Tobias Reichenstein, Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik an der Friedrich-Alexander-Universität (FAPS) und Delegationsleitung„SiC4DC – Cloud-Edge-Energiemanagement für DC-versorgte Automatisierungstechnik:

„Es ging uns darum, zu sensibilisieren welche Kompetenzen im Bereich der Energieoptimierung und CO2-Einsparungen im Produktionsumfeld ist und dass wir schon ein Leuchtturmprojekt hätten für das wir Unterstützung suchen. Es war großes Interesse bei den Referatsleitern aus der DG Forschung. Wir konnten sondieren, welche Möglichkeiten und Anknüpfungspunkte es gibt.“

 

Hermann Ulm, Landrat im Landkreis Forchheim und Sprecher des Projekts ReProLa

Hermann Ulm, Landrat im Landkreis Forchheim und Sprecher des Projekts ReProLa

Hermann Ulm, Landrat im Landkreis Forchheim und Sprecher des Projekts ReProLa:

„Spargel, Karpfen, Obst – der Wert der Metropolregion Nürnberg als landwirtschaftliche Produktionsregion ist besonders hoch. Für die Transformation der Ernährungswirtschaft ist die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten wie Kommunen, Wirtschaft, Landwirtschaft wichtig um die Wertschätzung der regionalen Produkte hochzuhalten und um zu zeigen wie wichtig es ist ernährungssouverän zu sein. Mein Eindruck ist, dass viele Regionen in Deutschland und Europa versuchen das Regionale in den Mittelpunkt zu stellen.

 

 

Stimmen aus der Podiumsdiskussion zu KI und Kreativität:

 

Kilian Gross, Referatsleiter in der EU-Kommission:

„KI ist ein Game-Changer und wir wollen vorne dabei sein. Die Menschen in Europa müssen der Technologie vertrauen, das ist unser Ziel. Wir wollen, dass KI genutzt wird und versuchen einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der nicht zu weit geht und dynamisch angepasst werden kann.“

 

Niels Oberbeck, Präsident TH Nürnberg:

„Wir müssen daran arbeiten, dass KI als alltägliches Werkzeug auch an kleinere und mittlere Unternehmen getragen wird und Ängste nehmen, damit das Thema zu einem Alltagswerkzeug zu machen, wie es die IT insgesamt ist.“

 

Michael Sigmund, stv. Wirtschaftsvorsitzender Metropolregion Nürnberg und Leiter Regionalreferat Erlangen/ Nürnberg Siemens AG:

„KI und Digitalisierung bedeuten, dass wir exponentiell denken müssen, Keiner weiß, was KI in zwei Jahren leisten kann. Es liegt an uns an allen Beteiligten Nutzen, die Möglichkeiten und des Potenzial von künstlicher Intelligenz transparenter zu machen und das fängt schon sehr früh bei Kindern an.“

 

Prof. Ute Schmid, Lehrstuhl für Kognitive System an der Universität Bamberg:

„Kreativität bedeutet, dass etwa neu, überraschend und von Wert ist. Letzteres bleibt immer beim Menschen. Die Stärke von KI ist die Rekombination von Dingen auf einer Komplexität, wie wir einzelne Menschen das nicht können.“