BN Bamberg: „Region Bamberg muss gentechnikfrei bleiben“

BUND Naturschutz gegen Pläne der EU-Kommission, die gesetzlichen Regeln für Neue Gentechnik aufzuweichen. Europaabgeordneter sichert bei Treffen mit BN-Mitgliedern in Bamberg Unterstützung zu.

Erich Spranger, Vorsitzender BUND Naturschutz Kreisgruppe Bamberg, Richard Mergner, Vorsitzender BUND Naturschutz in Bayern, Malte Gallée, Mitglied des Europaparlaments, Christine Hertrich, Agrarreferentin des BUND Naturschutz in Bayern. © Lena Voit

Erich Spranger, Vorsitzender BUND Naturschutz Kreisgruppe Bamberg, Richard Mergner, Vorsitzender BUND Naturschutz in Bayern, Malte Gallée, Mitglied des Europaparlaments, Christine Hertrich, Agrarreferentin des BUND Naturschutz in Bayern. © Lena Voit

In einem Gespräch mit dem Europaabgeordneten Malte Gallée (Bündnis 90/Die Grünen), das Anfang Februar in dessen Bamberger Abgeordneten-Büro stattfand, bat der BUND Naturschutz in Bayern um Unterstützung, damit die Pläne der EU-Kommission zur Deregulierung der neuen Gentechnik gestoppt werden. Die Kommission will bis Anfang Juni einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorlegen, um die Freisetzung und kommerzielle Nutzung von Organismen, die mit neuen gentechnischen Verfahren produziert wurden, zu erleichtern.

„Für unsere Bauern und Bäuerinnen in der Region Bamberg wird es nicht mehr möglich sein, gentechnikfrei zu produzieren, wenn die EU die gesetzlichen Regeln für die neue Agrogentechnik aushebelt“, warnt Erich Spranger, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Bamberg, auf deren Initiative hin sich 2009 das Bündnis „Gentechnikfreie Region Bamberg“ gegründet hat. Der BN Landesvorsitzende Richard Mergner ergänzt: „Neue Gentechnik birgt mindestens genauso große Risiken wie die bisherige Agrogentechnik. Risikobewertung und Zulassungsverfahren müssen sich deshalb weiter am Prinzip der Vorsorge für die menschliche Gesundheit und die biologische Vielfalt orientieren. Die Deregulierung der Neuen Gentechnik, wie sie die EU-Kommission auf Druck der Agrarindustrie derzeit plant, lehnen wir entschieden ab.“

Malte Gallée, Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, teilt die Position des BN. „Agrogentechnik hat bisher nichts zur Bekämpfung des Welthungers oder des Klimaschutzes beigetragen. Die vagen Versprechungen der neuen Gentechnik dürfen nicht dazu verleiten, die Vorgaben der EU für Risikoprüfung, Zulassungsverfahren oder Kennzeichnung aufzuweichen.“ Er wird sich deshalb über den Umweltausschuss dafür einsetzen, dass die neue Gentechnik in Europa auch in Zukunft zum Schutz von Mensch und Natur streng reguliert bleibt.

„Die Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft bei uns in Oberfranken liegt darin, mit der Natur zu arbeiten. Nur so können wir den Herausforderungen des Klimawandels begegnen. Einseitige technische Lösungen und Verfahren, wie sie die neue Gentechnik verspricht, bringen uns da überhaupt nicht weiter“, meint Erich Spranger. Der BN setzt darauf, dass das Europäische Parlament und der Ministerrat, in dem Deutschland eine mächtige Stimme hat, die Pläne der EU-kommission zur Deregulierung der Agrogentechnik stoppen. „Nur dann werden Verbraucherinnen und Verbraucher auch in Zukunft noch die Wahl haben, gentechnikfreie Lebensmittel zu kaufen. Und nur dann können Bauern und Bäuerinnen noch frei entscheiden, welches Saatgut sie anbauen“, sagt Richard Mergner.


Hintergrund

2009 ist der Landkreis Bamberg dem Bündnis „Gentechnikfreie Region Bamberg“ beigetreten, das vom BN Bamberg angestoßen und koordiniert wurde. In ganz Bayern gibt es seit 2009 keinen Anbau und keine Freisetzung von genmanipulierten Organismen mehr. 2014 wurde Bayern Mitglied im „Netzwerk gentechnikfreier Regionen in Europa“.

Die EU hat bereits 2001 in der Freisetzungsrichtline das Vorsorgeprinzip verankert. Damit unterliegen gentechnisch veränderte Organismen (GVO) vor ihrer Marktzulassung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Es gibt eine Kennzeichnungspflicht und die Öffentlichkeit muss durch ein Standortregister über Freisetzungen informiert werden. Seit 2015 ist es möglich, dass Mitgliedsstaaten der EU den Anbau von GVOs auf ihrem Gebiet verbieten.

Dadurch ist Europa ist so gut wie frei vom Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, was bei landwirtschaftlichen Produkten durchaus als Wettbewerbsvorteil gesehen werden kann. Da die große Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher genmanipulierte Lebensmittel ablehnt, sind auch im Lebensmitteleinzelhandel europaweit so gut wie keine mit Gentechnik gekennzeichneten Lebensmittel zu finden.

Der Europäische Gerichtshof hat 2018 klargestellt, dass auch neue Gentechnikverfahren wie CRISPR/Cas diesen gesetzlichen Reglungen unterliegen und damit Gentechnik im Sinne des europäischen Gentechnikrechts sind.

Gegen diese Einordnung macht die Agrarindustrie seit Jahren massiv und erfolgreich Lobbyarbeit bei der EU-Kommission. Im April 2021 legte die EU-Kommission einen Bericht vor, in dem sie das aktuelle Gentechnikrecht als nicht geeignet für die neue Gentechnik bezeichnet und einer Deregulierung das Wort redet. Anfang Juni 2023 will die EU-Kommission deshalb ein eigenes Gesetz für die Neue Gentechnik vorschlagen.

Der BN ist gemeinsam mit vielen anderen Organisationen – bäuerlichen Gruppen, Bio-Anbauverbänden, Umwelt- und Verbraucherschützer*innen – auf allen Ebenen aktiv, um ein Aushebeln der strengen Regulierung für die neue Gentechnik in Europa zu verhindern.