Bauarbeiter aus dem Landkreis Kulmbach fahren 580 Mal um die Erde

Erstmals Wegezeit der bauarbeiter auf dem Lohnzettel. Foto; Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Bezirksverband Oberfranken Bayreuth
Bevor sie auf der Baustelle sind, haben Bauarbeiter schon viel Zeit auf dem Asphalt gelassen: „Mal liegt die Baustelle um die Ecke, oft ist sie aber auch weit entfernt“, so die IG BAU. Die Bau-Gewerkschaft hat erreicht, dass die oft langen Fahrten zu den Baustellen jetzt zum ersten Mal bei der Lohnabrechnung auftauchen: Es gibt eine Entschädigung der Wegezeit für Bauarbeiter. ©IG BAU | Alireza Khalili

Zum ersten Mal auf dem Lohnzettel: Entschädigung für die Wege zu den Baustellen

Der Lohnzettel für Bauarbeiter im Kreis Kulmbach sieht diesmal in einem entscheidenden Punkt anders aus: Zum ersten Mal bekommen Bauarbeiter im Februar eine Lohnabrechnung, auf der die Kilometer eine Rolle spielen, die sie im Januar auf ihrem Weg zu den Baustellen zurückgelegt haben. „Das ist eine Premiere für den Bau: Endlich gibt es eine Entschädigung für die Fahrstrecken und damit vor allem für die vielen Stunden, die Maurer, Betonbauer, Kranführer & Co. Monat für Monat auf der Straße unterwegs sind. Denn bislang hat ein Großteil der Bauarbeiter Zeit und Nerven investiert, um zu den Baustellen zu kommen. Und das alles zum NullTarif. Denn die meisten Bauarbeiter haben ihre Zeit für die Fahrten zur Baustelle dem Chef einfach geschenkt“, sagt Uwe Behrendt. Für den Bezirksvorsitzenden der IG BAU Oberfranken ist die Entschädigung der Wegezeit „ein wichtiger Schritt nach vorn, um die Arbeit auf dem Bau vom Lohn her attraktiver und gleichzeitig auch gerechter zu machen“.

Immerhin sind die Strecken, die Bauarbeiter auf ihrem Weg zu den Baustellen zurücklegen, enorm, so die IG BAU Oberfranken. Die BauGewerkschaft weiß, wovon sie spricht: Sie hat die Fahrstrecken beim PestelInstitut (Hannover) untersuchen lassen. Demnach sind rund 1.040 Bauarbeiter und damit neun von zehn Beschäftigten der Baubranche im Landkreis Kulmbach an 200 Arbeitstagen unterwegs, um zu den Gebäuden, Straßen und Brücken zu kommen, die sie bauen und sanieren sollen. Für die einfache Fahrt legen sie dabei im Schnitt 56 Kilometer zurück. Die Wissenschaftler vom PestelInstitut kommen dabei auf rund 23,2 Millionen „BaustellenKilometer“ im Jahr. „Rein rechnerisch fahren die Bauarbeiter aus dem Landkreis Kulmbach damit rund 580 Mal um die Erde. Klar, mal liegt die Baustelle um die Ecke, oft ist sie aber auch weit entfernt“, so Uwe Behrendt von der IG BAU Oberfranken. Bei der Untersuchung sind, so das PestelInstitut, für die Mobilität von Baubeschäftigten relevante Faktoren wie die Siedlungsdichte berücksichtigt.

„Das Ergebnis macht deutlich, dass die, die auf dem Bau arbeiten, viel ExtraZeit am Steuer vom Pkw oder im Baubulli verlieren. Dabei ist die Wegezeit nichts anderes als für den BauJob investierte Lebenszeit“, sagt Carsten Burckhardt. Er ist im IG BAUBundesvorstand für die Bauwirtschaft zuständig und spricht von „enorm Kilometeraktiven BauJobs“. Die Fahrten zu den Baustellen seien „echte Zeitfresser“. Trotzdem sei es ein „hartes Stück Arbeit“ gewesen, die Entschädigung der Wegezeit am Tariftisch durchzusetzen. „Die Arbeitgeber haben sich jahrelang dagegen gesträubt“, so Burckhardt.

Die Zeiten, in denen Fahrstrecken von Bauarbeitern einfach unter den Teppich gekehrt wurden, seien jetzt allerdings endgültig vorbei: Für die Strecken zwischen dem Betrieb und der Baustelle bekommen Bauarbeiter, die Tag für Tag von zu Hause aus anfahren, jetzt je nach Kilometern zwischen 6 und 8 Euro pro Tag. Wer nicht mit dem Baubulli fährt, sondern das eigene Auto nimmt, bekommt weiterhin zusätzlich Kilometergeld. Auch für Fahrten mit Bussen und Bahnen gibt es eine Erstattung“, erläutert Carsten Burckhardt. Wer auf Montage sei und nicht jeden Tag nach Hause fahren könne, bekomme abhängig von der Strecke zwischen 18 und 78 Euro pro Woche.

Mehr Infos dazu gibt es bei der IG BAU Oberfranken: 09 21 78 77 88 12 und bayreuth@igbau.de.
Oder im Internet: igbau.de/InfoszurWegezeitentschaedigungab1.januar.html.