Interview mit dem Forchheimer MdL Sebastian Körber zur aktuellen Wohn- und Baupolitik im Freistaat
Sehr geehrter Herr Körber,
in ihrem Positionspapier zum Thema „Bezahlbares Wohnen sicherstellen, Wohneigentum ermöglichen“ schreiben Sie eingangs, dass die Frage nach verfügbarem und bezahlbarem Wohnraum eine der drängenden Herausforderungen unserer heutigen Zeit sei. Was meinen Sie damit konkret?
Es gibt kaum bezahlbare Wohnungen auf dem Markt – weder zum Mieten noch zum Kaufen. Während die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen weiter ansteigt, verharrt das Angebot. Lieferengpässe, Rekordinflation und ansteigende Zinsen erschweren zudem die Lage für Bauherren und Projektentwickler. Die Schlussfolgerung lautet, dass die aufgerufenen Preise des eh schon begrenzten Angebots an Wohnraum weiter steigen. So kann es aber nicht weiter gehen. Wohnen darf nicht zum Luxus werden. Wir möchten, dass Mieten bezahlbar sind und sich junge Familien wieder Wohneigentum leisten können. Daher haben wir 64 Einzelmaßnahmen erarbeitet, in denen wir Einspar- oder Optimierungspotential sehen.
64 Einzelmaßnahmen, das ist eine ganze Menge. Wie lautet Ihre Kernforderung?
Unser Ziel ist es, die Kosten für Bauen und Wohnen wieder herunterzubringen. Hierfür ist es wichtig, dass wir mehr, schneller, digitaler, flexibler und kostengünstiger bauen. Nur wenn das Angebot und Nachfrage wieder im Gleichgewicht stehen, werden wir eine Normalisierung der Mieten und Kaufpreise sehen. Hierfür müssen wir auch den Druck aus den Ballungsregionen nehmen und die ländlichen Räume stärken. Insgesamt sind für uns neun übergeordnete Punkte von Belang: 1. Baupreise und Baukosten drastisch senken, 2. Mut zu mehr Flexibilität, Kreativität und Funktionalität, 3. Bürokratie abbauen und Förderprogramme praxistauglich ausgestalten, 4. Bauland schaffen und digitales Liegenschaftsmanagementsystem einführen, 5. Die Zukunft des Bauens ist digital, 6. Offensive für Wohnen im Eigentum, 7. Kleinvermieter stärken, 8. Geförderten Wohnungsbau neu aufstellen und 9. Standort- und Regionalentwicklung an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten.
Im Oktober dieses Jahres finden bekanntermaßen die bayerischen Landtagswahlen statt. Angenommen Sie würden bayerischer Bauminister werden, welchen Ihrer 64 Punkte aus ihrem Papier würden sie als Erstes umsetzen?
Das ist eine sehr gute Frage. Wahrscheinlich würde ich am ehesten die im Jahre 2018 geschaffene staatliche Wohnungsbaugesellschaft, BayernHeim, wieder liquidieren, die seit ihrer Gründung gerade einmal 234 Wohnungen angekauft hat, und die hierfür freiwerdenden Mitteln, den privaten, kommunalen, genossenschaftlichen und kirchlichen Wohnungsbaugesellschaften zuführen, die wissen, wie man in der Fläche Bayerns bezahlbaren Wohnraum schafft. Als nächstes würde ich die Bayerische Bauordnung (BayBO) von Grund auf reformieren. Ein „Novellchen“ reicht nicht. Wir müssen die teils überzogenen Standards und Vorschriften massiv reduzieren. Gleichermaßen gilt es dabei, die Digitalisierung im Bauwesen voranzutreiben. Auch möchte ich mich für die Abschaffung der Grunderwerbsteuer für die erste selbstgenutzte Immobilie, die „ersten eigenen vier Wände“, stark machen.
Wie bewerten Sie indes die Arbeit der bayerischen Staatsregierung, insbesondere den von Staatsminister Bernreiter vorgestellten Wohnbau-Booster?
Bayern braucht pro Jahr 70.000 neue Wohnungen, um den Bedarf zu decken. Auch ohne Energiekrise hat es die Staatsregierung nicht geschafft, dieses Ziel zu erreichen. Mit den aktuellen Rahmenbedingungen wird dies umso weniger gelingen. Daher braucht es effektive Gegenmaßnahmen.
Bernreiter setzt mit seinem Wohnbau-Booster leider die falschen Akzente. Ich kann bei bestem Wille nicht nachvollziehen, weswegen die BayernHeim ein Heilsbringer in der Wohnungsnot seien soll. Ansonsten sieht und hört mal nicht viel aus der Bayerischen Staatsregierung zur Bau- und Wohnungspolitik. Ich bin der Meinung, Ministerpräsident Söder sollte das Thema zur Chefsache machen; drei Bauminister hat er ja bereits verschlissen.
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