Neujahrsempfang von Justiz, Notariat und Rechtsanwaltschaft im Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg
Nachdem der traditionelle Neujahrsempfang von Justiz, Notariat und Rechtsanwaltschaft im Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg zwei Jahre aus Gründen des Infektionsschutzes pausieren musste, konnte die Tradition am 27. Januar 2023 wieder aufgenommen werden. Rund 300 Gäste aus der „Justizfamilie“, von Kirchen, Politik, Verwaltung und weiteren gesellschaftlichen Institutionen konnte Generalstaatsanwalt Wolfgang Gründler stellvertretend für die Gastgeber in der Aula der Universität Bamberg begrüßen. Sein besonderer Gruß ging an den Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Dr. Hans-Joachim Heßler, die Damen und Herren Abgeordnete aus dem Europaparlament, dem Deutschen Bundestag und dem Bayerischen Landtag sowie den Präsidenten des ungarischen Tafelgerichts in Pécs Dr. Tamas Turi.
Zu Beginn seiner Ansprache erinnerte Generalstaatsanwalt Gründler anlässlich des Nationalen Gedenktags an alle Opfer des Nationalsozialismus und die Ermordung von über sechs Millionen Juden. Anschließend erhoben sich alle Gäste der Veranstaltung zu einer Gedenkminute von ihren Plätzen. Im Zentrum des Neujahrsempfangs stand die Festansprache des Präsidenten des Oberlandesgerichts Lothar Schmitt zum Thema „Algorithmen – Entscheider der Zukunft?“. Aktuell werde intensiv darüber diskutiert, ob und inwieweit Künstliche Intelligenz (KI) selbständig und eigenständig entscheiden könne. Hierbei sei es wichtig, die verfassungsrechtlichen Grenzen zu kennen. So schreibe das Grundgesetz in Art. 92 und 101 vor, dass abschließende Entscheidungen durch eine natürliche Person als Richterin oder Richter gefällt werden müssen. Auch dürften privatwirtschaftliche Unternehmen, die algorithmische Systeme entwickeln, nicht in den Kernbereich der rechtsprechenden Gewalt einwirken. Zudem würden die Prinzipien der „Richterlichen Unabhängigkeit“, der Gesetzesbindung und der Gewaltenteilung die Übertragung der rechtsprechenden Tätigkeit auf Künstliche Intelligenz untersagen. “Die Richterliche Entscheidung besteht nicht aus der Analyse einer Vielzahl bereits getroffener Entscheidungen. Sie ist eine am Einzelfall ausgerichtete, wertorientierte, autonom getroffene, eigenverantwortliche Beurteilung eines Lebenssachverhaltes unter Berücksichtigung der individuellen Interessen der Beteiligten“, hob Präsident Schmitt hervor. Weitere unverrückbare Grenzen seien das Recht der Parteien auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) und ein faires Verfahren sowie das Gebot des effektiven Rechtsschutzes. Außerdem sei stets die unantastbare Würde des Menschen gemäß Art. 1 GG zu achten und zu schützen. „Recht darf nicht degradiert werden auf die Stärke des Computers und die Leistungsfähigkeit eines Programms“, führte Präsident Schmitt aus. Dennoch sei Künstliche Intelligenz als Unterstützungsinstrument in der Zukunft unabdingbar. Abschließend resümierte Präsident Schmitt: „Die Grenzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz in der Justiz sind Grundgesetz, Ethik, Verantwortungsbewusstsein von uns Richterinnen und Richtern und allem voran und in erster Linie, die Menschen“.
Nach der mit viel Beifall bedachten Festrede des Oberlandesgerichtspräsidenten lud die Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Bamberg Rechtsanwältin Ilona Treibert auch im Namen des Vizepräsidenten der Landesnotarkammer Dr. Peter Wirth, des Generalstaatsanwaltes Wolfgang Gründler und des Präsidenten des Oberlandesgerichts Lothar Schmitt alle Anwesende zu Gesprächen, Diskussionen und Begegnungen ein.
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