IHK Bayreuth sieht erste Lichtblicke in der Krise
Strom- und Gaspreisbremse machen Kosten für Unternehmen besser kalkulierbar
Die aktuelle Geschäftslage wird weiterhin verhalten optimistisch beurteilt und bei den Erwartungen sind die Unternehmen nicht so pessimistisch wie zuletzt, wie die jüngste Konjunkturbefragung der IHK für Oberfranken Bayreuth zeigt. Der IHK-Konjunkturklimaindex legt um satte 21 Zähler zu und notiert jetzt bei 102 Punkten.
Die oberfränkische Wirtschaft startet mit besseren Vorzeichen in das Jahr 2023, als noch vor einigen Monaten erwartet. „Entwarnung zu geben, wäre aber viel zu früh“, so Dr. Michael Waasner, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth. „Die Entspannung ist im Wesentlichen auf die zumindest kurzfristige Planbarkeit der Energieausgaben zurückzuführen.“
Geschäftslage im Saldo weiter leicht positiv
Die aktuelle Geschäftslage der befragten Unternehmen bleibt im Saldo positiv und in etwa auf dem Niveau der Herbstumfrage des Vorjahres. 34 Prozent aller Unternehmen stufen ihre Lage positiv ein, 20 Prozent sind unzufrieden.
Im Vergleich zur Konjunkturumfrage im Herbst 2022 lassen sich in den verschiedenen Wirtschaftsgruppen unterschiedliche Entwicklungen beobachten. Sowohl Tourismus als auch Baugewerbe beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage spürbar verhaltener. Neben saisonalen Effekten spielen hier auch die Rohstoffpreise, steigende Zinsen und die Inflation eine Rolle. „Weil der Bau neuer Häuser und Wohnungen immer teurer wird, stoppen Auftraggeber reihenweise Bauvorhaben“ zeigt Dr. Waasner die Situation beispielhaft auf. Bessere Ergebnisse als noch im Herbst liefern allerdings die befragten Unternehmen aus der Industrie, dem Großhandel und vor allem dem Einzelhandel.
„Auch wenn die Geschäftslage im Saldo positiv ausfällt, muss die Gesamtsituation dennoch als labil eingestuft werden, da die Umsätze im Inland wie auch auf den internationalen Märkten zum wiederholten Male rückläufig sind“, warnt stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm.
Energiepreise bleiben das größte Hemmnis
Die enormen Preissteigerungen bei Rohstoffen und Vorprodukten und vor allem bei der Energie schränken die Unternehmen ein. 83 Prozent sind bei der Energie erheblich oder teilweise betroffen, 78 Prozent bei Rohstoffen und Vorprodukten. Außerdem sind die stockenden Lieferketten (42 Prozent) und die schlechte Materialverfügbarkeit (53 Prozent) ein Hemmnis. Dabei gelingt es offenbar immer mehr Unternehmen, sich auf die aktuellen Gegebenheiten einzustellen, wie die Entwicklung in den vergangenen Monaten zeigt. „Dennoch sind und bleibt die Material- und Warenverfügbarkeit für viele Unternehmen ein Risikofaktor“, so Waasner.
Konjunkturerwartungen erholen sich
Nach dem Einbruch der Erwartungen in der Herbstumfrage 2022 blickt die oberfränkische Wirtschaft zu Jahresbeginn nicht mehr ganz so pessimistisch auf die kommenden Monate. Insgesamt rechnen 18 Prozent mit einer Verbesserung der Geschäftslage in den nächsten zwölf Monaten, 27 Prozent mit einer nachlassenden Konjunktur. Damit hat sich der negative Saldo von ‑44 auf ‑9 signifikant verbessert. Brehm: „Das Vertrauen in die nahe Zukunft kehrt nicht zuletzt dank besserer Planbarkeit bei den Energiepreisen schrittweise zurück.“ Im Saldo nahezu ausgeglichen sind die Erwartungen in der Industrie und mit leichten Abstrichen beim Dienstleistungssektor und Einzelhandel. Eine Verschlechterung der Geschäftslage auf breiter Front befürchten hingegen der Bausektor und in Teilen auch der Großhandel.
Die exportierenden Unternehmen rechnen im Saldo mit einem konstanten Exportvolumen. Größere Impulse werden vom Geschäft mit Nordamerika erwartet. Der Handel mit europäischen Geschäftspartnern wird dagegen wohl stagnieren, bei China überwiegen spürbar die Negativerwartungen.
Investitionen und Beschäftigtenzahl bleiben stabil
Dass die Unternehmen weiterhin an den Standort Oberfranken glauben, zeigt ein Blick auf die geplanten Inlandsinvestitionen und die voraussichtliche Beschäftigtenentwicklung. Angesichts der zurückhaltenden Erwartungen bei der weiteren Geschäftsentwicklung wären rückläufige Werte keine Überraschung, tatsächlich bleiben sie aber stabil. Im Saldo leicht positive Investitionsplanungen haben der Groß- und Einzelhandel sowie der Dienstleistungssektor. Bei den Beschäftigtenplanungen ist es vor allem der Bau, der sein Personal trotz der schwierigen Rahmenbedingungen aufstocken möchte.
Standort dauerhaft wettbewerbsfähig gestalten
Durch die Gas- und Strompreisbremse hat sich die Lage auf den Energiemärkten bis auf weiteres merklich entspannt. Über 81 Prozent aller befragten Unternehmen haben bereits Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten ergriffen und damit ihren unternehmerischen Beitrag geleistet. „Jetzt ist es an der Politik, ein Investitionsklima zu schaffen, in dem Maßnahmen zur Dekarbonisierung schnell und unbürokratisch gefördert, entwickelt und von der Wirtschaft umgesetzt werden können“, macht Dr. Waasner deutlich.
Unternehmen versinken im Bürokratiesumpf
„Hier klaffen Anspruch und Wirklichkeit bedenklich auseinander“, moniert Dr. Waasner. „Extrem lange Genehmigungsverfahren – auch bei bereits geprüften Standardprodukten – anstelle dringend erforderlicher Investitionen: das sind die bitteren Realitäten im Deutschland des Jahres 2023.“ Dass es auch anders gehen kann, zeigten die schnellen Genehmigungsverfahren, als es um den Ausbau der Produktionskapazitäten beim Covid-19-Impfstoff oder um den Bau der LNG-Terminals ging.
Dass eine Entbürokratisierungsinitiative dringlicher ist, denn je, macht Waasner am Beispiel der Gastronomie deutlich: „Ein mittelständischer Betrieb im Gastgewerbe muss im Schnitt jede Woche über 14 Arbeitsstunden aufbringen, um bürokratische Pflichten zu erfüllen. Das war es mit Sicherheit nicht, wovon die Gastronomin oder Gastronom beim Start in die Selbständigkeit geträumt haben.“
Neueste Kommentare