Tourismus in der Fränkischen Schweiz, Folge 3: Die Höhlen

Der Eingang der Sophienhöhle, vor einer Veranstaltung. © A. Dittrich
Der Eingang der Sophienhöhle, vor einer Veranstaltung. © A. Dittrich

Die touristische Entdeckung der Region wegen der Höhlen

Mit der Veröffentlichung eines Stadtplans über Bamberg beginnt die Tourismusgeschichte der Fränkischen Schweiz und damit der von Bayern, denn die Gegend um Muggendorf ist das älteste Tourismusgebiet Bayerns. Unter dem Punkt „Merkwürdigkeiten der Umgebung“ berichtet der Stadtplan über die Gaillenreuther Höhle und die darinnen gefundenen tierischen Überreste. In Latein allerdings und daher war der Text vermutlich zuerst für Bildungsreisende gedacht. Mit der durch die Beschreibung beginnenden Erforschung der Höhlen entstand ein ganz neuer Fachbereich, den es bisher nicht gab: die Speläologie, die Erforschung von Höhlen und Karst. In dem Stadtführer steht geschrieben:

„Unter anderen Merkwürdigkeiten kann man unweit dieser Stadt (Bamberg) im Gebiet eines Zweiges der adeligen Familie von Egloffstein einen Ort sehen, der im Volksmund Galtreuth (Gaillenreuth) heißt. Hier wird eine breite und lange Höhle gezeigt, die nach Art einer Kammer aus einem mächtigen Felsen gehauen ist. Darin öffnet sich ein weiterer Abstieg in die Tiefe und wer dort den Grund aufgräbt, stößt zu seiner höchsten Verwunderung auf eine gewaltige Menge Knochen, Zähne und Schädel von Pferden. Von der Decke dieser Höhle sieht man Tropfen herabfallen, die am Boden sofort zu einem sehr harten Gestein zusammenwachsen, das mit Kiesel die allergrößte Ähnlichkeit hat“.

Die Übersetzung stammt von Archivdirektor Michel Hofmann aus Bamberg (einem gebürtigen Waischenfelder), der schon 1956 in den „Fränkischen Blättern“ von dieser ersten Reisebeschreibung berichtete. Es gibt eine noch ältere Höhlenbeschreibung, die des Ahornloches, später bekannt als Sophienhöhle, doch diese Höhle wurde nicht mit wissenschaftlichen Augen betrachtet. Sie ist 1490 vom Bayreuther Markgrafen Friedrich an Hans Preu zum Salpetersieden verliehen worden. Wissenschaftlich geforscht wurde dort erst, als man 1833 durch einen Luftzug aufmerksam geworden, weitere Hohlräume, die Räume der heutigen Sophienhöhle, entdeckte. Es dauerte aber noch Jahre, ehe die Beschreibung dieser Höhle weitere Wissenschaftler neugierig werden ließ.

"Gaillenreuther Höhle". Repro: Reinhard Löwisch

„Gaillenreuther Höhle“. Repro: Reinhard Löwisch

1684 beschrieb der Muggendorfer Pfarrer Mayer die Höhlen rund um seinen Ort. 1716 wurde eine Befahrung der Witzenhöhle veröffentlicht und Professor Grebner besuchte 1748 die Gaillenreuther Höhle zum gleichen Zwecke. Der wissenschaftliche Durchbruch kam mit der erstmaligen Begehung der Gaillenreuther Höhle durch den Uttenreuther Pfarrer Friedrich Esper im Jahre 1771. Er veröffentlichte 1774 seine Forschungsergebnisse und beschrieb viele „neu entdeckten Zoolithen“, weshalb man die Höhle dann dauerhaft umbenannte in „Zoolithenhöhle“. Mit der Veröffentlichung des Buches begannen die stark vermehrten Besuche von Professoren mit ihren Studenten aus ganz Deutschland in die Region und darüber hinaus; der erste Tourismusboom war die Folge. Es kamen sogar berühmte Engländer wie William Buckland, die eine neue Art des Angels mitbrachten: die „Sprungfischerey“, heute bekannt unter dem Begriff Fliegenfischen. Je öfter die Höhlen hier erforscht und beschrieben wurden, umso größer fiel nach und nach der Radius aus, um den herum man weitere Höhlen entdeckte und erforschte. In Waischenfeld beispielsweise sprach sich schnell herum, dass viele Gäste nach Muggendorf kamen, um die dortigen Höhlen zu besuchen. Und so propagierte man erfolgreich die Försterhöhle bei Zeubach, in der dann sogar König Ludwig I., daher hieß sie eine Zeitlang Ludwigshöhle, 1833 zu Besuch war. Doch davon soll ein andermal berichtet werden.

Einige Vorsichtsregeln von 1804 für den Besuch der Muggendorfer Höhlen (in damaliger Schreibweise):

  1. Es ist gut, wenn wenigstens drey Personen in Gesellschaft die Hölen besuchen, damit sie sich einander hülfreiche Hand leisten können. Eine viel zahlreichere Gesellschaft aber ist zu widerrathen. Auf so engen und krummen Pfaden würde sie sich nur hindern und aufhalten. Das ohnedieß unvermeidliche Herabfallen loser Felsenbrocken würde vermehrt und könnte gefährlich werden.
  2. Man hüte sich dem Eingange der Hölen in starker Erhitzung zu nahe zu treten. Aus einigen Hölen dringt ein kalter Zugwind heraus, welcher dem durch das Erklettern der Berge erhitzten Wanderer schädlich werden könnte.
  3. Der Gefahr des Verirrens zu entgehen, bedarf man eines Leitfadens, dessen man sich auf dem Rückwege bedienen kann. Eine Schnur von 500 Schuhen (ein Schuh sind 31 cm) Länge, welche man am Eingange einiger der in schneckenförmigen Windungen fortlaufenden Hölen befestigen kann und beym Hinabsteigen aufrollt, ist hinreichend.
  4. Zur Erleuchtung sind Wachslichter am bequemsten. Nur muß man sich mit einer hinlänglichen Anzahl versehen.
  5. Man versehe sich Mann für Mann mit gutem, oder, zur Vorsorge, doppeltem Feuerzeuge. An einigen Stellen verschiedener Hölen ist der Luftzug, das herabfallende Tropfsteinwasser und überhaupt die Feuchtigkeit dem Feuerzeuge und den Lichtern sehr gefährlich. In allen Hölen aber giebt es Stellen, auf welchen man befürchten muß auszugleiten, zu fallen und das Licht zu verlieren. Man bedenke nun die Verlegenheit, in welche ein verlorner Feuerstein, wenn er der einzige war, bey verloschenen Lichtern in so tiefen und gefährlichen unterirdischen Labyrinthen bringen kann.
  6. Bey Besteigung einiger Hölen ist ein starkes 18–20 Fuß langes Seil mit einem daran befestigten Stück Holz sehr wohl zu gebrauchen, um sich daran in die Tiefe herablassen zu können. Andere Instrumente müssen das besondere Bedürfniß, oder die Absichten jedes Einzelnen bestimmen.

Reinhard Löwisch

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Über den Autor:

Reinhard Löwisch

Reinhard Löwisch

Reinhard Löwisch ist ein „Reisender wie er im Buch steht“. Als gelernter Zugbegleiter arbeitete er 14 Jahre am Hauptbahnhof Nürnberg und lernte dabei ganz Deutschland kennen. Von August 1992 bis Juli 2020 war er Mitarbeiter der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz. In den 28 Jahren seiner Dienstzeit, bekam er den Tourismus in der Region “hautnah“ mit und war bei allen Aktionen und Projekten ganz vorne mit dabei. Dabei hat er eine Menge an Erfahrungen gesammelt und seine Liebe zur Heimatkunde tat ein Übriges, um daraus die richtigen Schlüsse und Verknüpfungen zu ziehen. Dazwischen verbrachte der Autor vier Jahre als „Rucksacktourist“ in den USA und Südostasien. Alles zusammengenommen ein reicher Wissensschatz den er über Jahrzehnte angesammelt hat. Seine Erfahrungen in der Heimat hat er nun in einem Buch zusammengefasst, woraus wir in den folgenden Wochen einige Themen vorstellen werden.