Handwerkskammer für Oberfranken zur Konjunktur im oberfränkischen Handwerk – IV. Quartal 2022
Trotz turbulentem Umfeld: Handwerk mit verbesserter Geschäftslage
Geschäftsklimaindex steigt auf 104 Punkte, saisontypische Rückgänge bleiben aus – Umfrage der Handwerkskammer für Oberfranken unter 378 Betrieben mit 5.590 beschäftigten Personen
Im VI. Quartal stieg der Geschäftsklimaindex des oberfränkischen Handwerks leicht auf 104 Punkte. Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage blieb dabei entgegen des üblichen saisonalen Rückgangs stabil, der Ausblick auf die kommende Geschäftsentwicklung hellt gleichzeitig auf. Der Anteil der Betriebe, die eine positive Geschäftsentwicklung erwarten, verdoppelte sich im Vergleich zum Vorquartal auf niedrigem Niveau fast. „Wir hoffen, hier eine Bodenbildung der konjunkturellen Entwicklung zu sehen“, sagt Matthias Graßmann, Präsident der Handwerkskammer (HWK) für Oberfranken. „Betrachten wir die einzelnen Handwerkszweige so zeigen sich zwar Unterschiede im Schlussquartal, aber gerade im Vergleich zu den von der CoronaPandemie geprägten Vorjahren sehen wir klar, dass wir diese Krise hinter uns haben.“.
Insbesondere bei den in Jahren 2020 und 2021 von strengen Restriktionen betroffenen Gewerke wie die Friseur- und Kosmetikbetriebe zeigt sich im Jahresvergleich eine deutlich positive Entwicklung.
Der Anteil an Betrieben mit mindestens befriedigender Geschäftslage stieg von 24,5 Prozent (IV: 2020) über 49 Prozent (IV: 2021) auf nun 74 Prozent. Doch natürlich ist im oberfränkischen Handwerk noch längst nicht alles Sonnenschein. „Während die Corona-Pandemie überwunden ist, spüren wir die Auswirkungen und die durch den Ukraine-Krieg entstanden wirtschaftlichen Unsicherheiten auch im Schlussquartal 2022 noch“, so Reinhard Bauer, Hauptgeschäftsführer der HWK für Oberfranken. „Aber auch hier hellt sich die Lage tendenziell auf, vor allem wenn wir uns an die Unsicherheiten am Energiemarkt in der Mitte des vergangenen Jahres zurückerinnern“. Matthias Graßmann ergänzt: „Die Politik hat kurzfristig für Sicherheit gesorgt. Wichtig ist aber, dass wir auch über die Wirkungsdauer der Energiepreisbremsen hinaus planbare und wettbewerbsfähige Energiepreise haben. Hier nehmen wir die Landes- und Bundespolitik weiter in die Pflicht, hier vermissen wir nach wie vor langfristige Lösungen!“
Unterschiede zwischen den Handwerkszweigen
Während die wirtschaftliche Lage im Handwerk insgesamt stabil blieb, gab es zwischen den Handwerkszweigen zum Teil deutliche Unterschiede in der Entwicklung. Neben den Kosmetik- und Friseurhandwerken verzeichnete auch das KFZ-Handwerk eine deutlich steigende Geschäftslage.
Eine aufsteigende Tendenz im Schlussquartal, mit jedoch schlechterer Geschäftslage als im Vorjahr, vermeldeten die Gewerke des gewerblichen Bedarfs sowie die Nahrungsmittelhandwerke. „Gerade bei den Nahrungsmittelhandwerken konnten wir nach dem Inkrafttreten der Energiehilfen eine große Erleichterung feststellen“, Matthias Graßmann. „Aber ich betone: Diese kurzfristige Erleichterung mündet erst in neue Investitionen und wirtschaftlichen Aufschwung, wenn für unsere Betriebe insgesamt, speziell bei den Energiepreisen, eine langfristige Planungssicherheit hergestellt ist.“
Eine Abkühlung im Schlussquartal mit einer unter dem Vorjahr liegenden Geschäftslage melden hingegen die Betriebe aus den Bau- und Ausbaugewerken. „Hier spüren wir einen Abwärtstrend, die Baubranche kommt aber aus einer starken Boomphase, die Geschäftslage befindet sich insgesamt weiterhin auf einem hohen Niveau“, so Hauptgeschäftsführer Bauer. „Die steigenden Bauzinsen bei weiterhin hohen Immobilienpreisen führen hier jedoch unmittelbar zu einer rückläufigen Nachfrage.“
Einen überraschend deutlichen Einbruch der Geschäftslage im Schlussquartal mit einer deutlich unter dem Vorjahr liegenden Geschäftslage vermelden die Gesundheitsbetriebe. Hier ging der Anteil der Betriebe, die ihre Lage als mindestens befriedigend einschätzen, von 89 Prozent im Vorquartal 21 auf nun 70,5 Prozent zurück.
Einschätzungen aus einzelnen Handwerkszweigen
- Im Vergleich zum Vorjahr und dem Vorquartal kühlt sich die Lage in den Bau- und Ausbauhandwerke auf hohem Niveau weiter ab
- Bei den Zulieferern und Betrieben des gewerblichen Bedarfs zeigt sich die wirtschaftliche Lage fester als im Vorquartal, der negative Trend scheint gestoppt. Mit 71 Prozent der Betriebe melden wieder mehr als 2/3 der Betriebe eine mindestens zufriedenstellende Geschäftslage, nach 63 Prozent im dritten Quartal. Der Wert liegt jedoch unter dem Vorjahreswert von 74,5 Prozent.
- Die Erholung im Kfz-Handwerk hält weiter an. Im Schlussquartal vermelden 85 % der Betriebe eine gute oder zufriedenstellende Geschäftslage.
- Die Nahrungsmittelhandwerken scheint die Talsohle durchschritten. Während im Vorquartal 40 Prozent der Betriebe eine schlechte Geschäftslage meldeten, sind es zum Jahresende 27 Prozent.
- Nach einer Erholungsphase zur Mitte des Jahres geht in den Gesundheitshandwerken die Bewertung der Geschäftslage gegenüber dem Vorquartal deutlich zurück und liegt nun wieder unter dem Vorjahreswert. Aktuell bewerten 70,5 Prozent der Betriebe ihre Situation als gut oder befriedigend (III. /22: 89 Prozent).
- Im Friseur- und Kosmetikhandwerk setzte der Erholungstrend, nach einer kurzen Unterbrechung im dritten Quartal, weiter fort. Aktuell bewerten 74 Prozent der Betriebe ihre Lage als mindestens befriedigend oder gar gut (III. 22: 64,4 Prozent). Die Entwicklung gegenüber den Vorjahren zeigt dabei, wie stark die Auswirkung der Corona Pandemie in diesem Handwerkszweig waren. 2021 bewerteten gerade einmal 49 Prozent der Betriebe ihre Lage im Schlussquartal als gut oder befriedigend, im Jahr 2020 lag der Wert mit 24,5 Prozent noch einmal deutlich niedriger.
Indikatoren zeigen uneinheitliches Bild
Die Kapazitätsauslastung ging im oberfränkischen Handwerk insgesamt zum Jahresende zurück und liegt auf dem Niveau des Vorjahres. Die Auftragsbestände gingen ebenfalls zurück, liegen jedoch weiterhin über dem Niveau vor der Corona-Krise. Der Indikator der Beschäftigtenzahlen ging zum Jahresende ebenfalls zurück und liegt auf dem Vorjahresniveau. Die Umsätze stiegen im Schlussquartal wieder.
Positiven Ausblick wagen
Während in der Bewertung der aktuellen wirtschaftlichen Lage ein saisonaler Rückgang zu erwarten gewesen wäre, blieb diese gegenüber dem Vorquartal stabil. Gleichzeitig verdoppelte sich die Zahl der Betriebe, die eine positive Entwicklung erwarten. Die Corona-Krise, mit ihren direkten Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft, kann als überstanden betrachtet werden. Preis- und Versorgungsrisiken am Energiemarkt sind kurzfristig überwunden. „Gelingt es der Politik, die Auswirkungen globaler Risiken wie den Ukraine-Krieg einzudämmen, können wir einen positiven Ausblick für das kommende Jahr wagen“, so der Präsident der HWK für Oberfranken. „Es muss aber gelingen die inflationäre Entwicklung zu bremsen, ohne dabei durch einen zu starken Zinsanstieg unsere Betriebe von Investitionen abzuhalten. Dann kann 2023, zumindest wirtschaftlich betrachtet, das erste Nachkrisenjahr werden.“
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