Tourismus in der Fränkischen Schweiz, Folge 2
Neue Serie über den Wirtschaftszweig Tourismus von unserem Mitarbeiter Reinhard Löwisch
Folge 2: Zum Tourismus in der Region eine allgemeine Übersicht
Der Tourismus begann mit den Höhlen. Man mag es kaum glauben, doch schon vor mehr als 400 Jahren gab es einen hoch gebildeten Menschen, der die Gaillenreuther Zoolithenhöhle, als „Merkwürdigkeit“, das damalige Wort für Sehenswürdigkeit in einem Stadtplan für Bamberg beschrieb. Johannes Bonius, Professor der Rhetorischen Fakultät zu Bamberg hieß der Mann und alle vom Tourismus profitierenden Menschen sollten ihm heute noch dafür danken. Denn er hat den Dampfer Tourismus in Fahrt gebracht, indem er 1602 die Höhlenbeschreibung verfasste.
Er sorgte damit für Aufregung und nach und nach häuften sich die Berichte und Begehungen der gefundenen Höhle im „Muggendorfer Gebirg“. Besonders die zahlreichen Knochen „fremdartiger Tiere“ hatten es den Forschern angetan. Es kamen immer mehr wissenschaftlich arbeitende Gelehrte in die Gegend und sie begründeten die Speläologie (Höhlenforschung) in Franken und darüber hinaus. Es entstand ein regelrechter Höhlentourismus, der seinen ersten Höhepunkt in einem Werk des Pfarrers Friedrich Esper 1774 über seine Entdeckungen in der Zoolithenhöhle fand.
Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete der bayerische Staat in der Fränkischen Schweiz massenhaft Postexpeditionen. Der Tourismus dürfte dabei eine Rolle gespielt haben, denn in diese Zeit fällt neben dem Höhlenbesuch auch der „Kururlaub“. Die Fränkische Schweiz war damals (neben Bad Kissingen) eine der am Häufigsten besuchte Regionen in ganz Bayern. So wirbt Dr. Briegleb im Fürther Tagblatt von 1839: „Die Gegend von Streitberg und Muggendorf bekannt unter dem Namen der fränkischen Schweiz beliebt durch ihre seltenen Naturschönheiten ihr mildes Klima ihre reine erquickende Gebirgsluft, wird schon seit langem nicht nur von Gesunden und Lebensfrohen, sondern auch von Leidenden und Genesenden, welche der Wiederherstellung und Erfrischung ihrer Lebenskräfte bedürfen während der Sommermonate sehr zahlreich besucht“. Sie sorgten für einen hohen Bekanntheitsgrad, zuerst bei Wissenschaftlern und Gelehrten, zum Beispiel der Mitte des 18. Jahrhunderts gegründeten Universität Erlangen. Dann entdeckten Erlanger Studenten die oberirdische Gegend als „romantische“ Landschaft. Danach kamen die die ersten Kletterer und Leute, die sich einen Kuraufenthalt in der Schweiz oder eine „Grand Tour“ nicht leisten konnten und deshalb eine preiswertere Alternative in der Fränkischen Schweiz suchten. Mit der Eisenbahn kam neuer Schwung in den Wirtschaftszweig Tourismus. Der Massen- und der Tagestourismus boomte und brachte viele Wanderer ins Land. Und dann kam der zweite Weltkrieg: Er zerstörte die komplette touristische Infrastruktur und er stellte damit die Tourismusuhr wieder auf „Null“ zurück.
Während zum Ende des zweiten Weltkrieges Bomben auf deutsche Großstädte in großer Zahl niederprasselten und erste Gebiete im Osten besetzt wurden, sind im Zuge der Kinderlandverschickung viele Kinder aus den gefährlichen Gebieten in die Fränkische Schweiz geschickt worden, um sie vor den Bomben der Alliierten zu schützen. Es entwickelten sich Freundschaften zu den lokalen Dorfkindern und ihren Eltern. Später als es den nunmehr Erwachsenen gut ging, kamen die Flüchtlinge wieder; zuerst alleine, dann mit ihren Kindern. Sie begründeten eine starke Säule des Nachkriegstourismus, besonders als mit dem Wirtschaftswunder und dem „Volkskäfer“ selbstbestimmtes Reisen möglich wurde. Dazu kam der Berliner Reiseurlaub, der sich nach und nach zu einem wichtigen Standbein entwickelte. Durch den verlorenen Krieg wurde das Land geteilt und es gab Interzonenzüge, die bei den Berliner Bürgern für einen Kurzurlaub, sehr beliebt waren, weil sie die Menschen von der eingekesselten Hauptstadt in den freien Westen brachten. Davon profitierten vor allem das Fichtelgebirge und die Fränkische Schweiz, weil diese Gebiete gleich nach der DDR-Mauer lagen und außerdem sehr preiswerte Angebote hatten. Es kamen auch die ersten Niederländer mit ihren obligatorischen Campingwagen. Deren bisherige Urlaubsziele lagen plötzlich unerreichbar im sozialistischen Osten. Mit der Grenzöffnung ab 1989 änderte sich schlagartig wieder alles: Die Berliner blieben aus – sie besuchten jetzt wieder ihre „Badewanne“ vor der Türe, die Ostsee. Die Niederländer entdeckten mit PS-starken Zugmaschinen den sonnigen Mittelmeerraum als Urlaubsziel und betrachteten daher Franken und die Fränkische Schweiz nur noch als kurzes Übernachtungsziel auf halben Weg nach Italien. Über diese aus touristischer Sicht sehr spannende Zeit soll die nachfolgende kleine Serie über die Entwicklung des Fremdenverkehrs in der Fränkischen Schweiz berichten.
Reinhard Löwisch
Alle Folgen „Tourismus in der Fränkischen Schweiz“
Über den Autor:
Reinhard Löwisch ist ein „Reisender wie er im Buch steht“. Als gelernter Zugbegleiter arbeitete er 14 Jahre am Hauptbahnhof Nürnberg und lernte dabei ganz Deutschland kennen. Von August 1992 bis Juli 2020 war er Mitarbeiter der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz. In den 28 Jahren seiner Dienstzeit, bekam er den Tourismus in der Region “hautnah“ mit und war bei allen Aktionen und Projekten ganz vorne mit dabei. Dabei hat er eine Menge an Erfahrungen gesammelt und seine Liebe zur Heimatkunde tat ein Übriges, um daraus die richtigen Schlüsse und Verknüpfungen zu ziehen. Dazwischen verbrachte der Autor vier Jahre als „Rucksacktourist“ in den USA und Südostasien. Alles zusammengenommen ein reicher Wissensschatz den er über Jahrzehnte angesammelt hat. Seine Erfahrungen in der Heimat hat er nun in einem Buch zusammengefasst, woraus wir in den folgenden Wochen einige Themen vorstellen werden.
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