Rede von OB Andreas Starke beim Bamberger Neujahrsempfang
Oberbürgermeister Andreas Starke beim Neujahrsempfang der Stadt Bamberg am Samstag, 21. Januar 2023, um 11 Uhr, in der Konzert- und Kongresshalle in der Mußstraße 1 in Bamberg
– Es gilt das gesprochene Wort –
„Freude schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium (…),
alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt.“
Elysium ist die Insel der Seligen.
Warum erzähle ich Ihnen das? Weil es der deutsche Text zur Melodie der Europa-Hymne ist, die wir gerade gehört haben. Diese Zeilen machen deutlich, wie groß gegenwärtig die Kluft ist zwischen dem europäischen Gedanken als Friedensprojekt, den viele hier in unserer Konzert- und Kongresshalle hoffentlich immer noch so faszinierend finden wie ich, und der Realität, nämlich dem schrecklichen Krieg in der Ukraine, der eine Zeitenwende bedeutet, die uns alle betrifft.
Vieles hat sich verändert seit unserem letzten Neujahrsempfang vor 3 Jahren. Umso mehr freue ich mich, Sie alle heute begrüßen zu können. Ich grüße zuallererst und ohne Ausnahme die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. Herzlich willkommen.
Außerdem begrüße ich auf das herzlichste – auch im Namen meiner beiden Bürgermeisterkollegen und des gesamten Stadtrats – alle Repräsentanten der Kirchen und Religionsgemeinschaften, der Politik, der Justiz, der Behörden und des gesamten öffentlichen Lebens aus Bamberg, Oberfranken und der Europäischen Metropolregion Nürnberg sowie die gewählten Mandatsträger aus dem Bundestag, dem Landtag, dem Bezirkstag und dem Stadtrat.
Ich danke allen Frauen und Männern, die „hinter den Kulissen“ zum Gelingen dieses Neujahrsempfangs beitragen und die Last der Organisation tragen.
Und es ist mir eine große Freude, unseren heutigen Ehrengast hier begrüßen zu können. Ein Mann, der als Extremsportler bezeichnet wird und viel zu sagen hat, ist unserer Einladung gefolgt: Ich freue mich sehr, herzlich willkommen, lieber Johannes Grasser.
Von ihm werden wir seine Haltung erfahren, sein Leitbild, seine Art und Weise mit Herausforderungen umzugehen. Nicht immer nur das schlechte sehen, sondern auch nach vorne schauen, zuversichtlich sein, die Chancen erkennen und sie ergreifen. Einen bewundernswerten Ehrgeiz, der ihn sehr erfolgreich macht.
Ich finde: Eine vorbildliche Einstellung, denn wir haben, trotz aller Krisen und Schwierigkeiten, gute Gründe, zuversichtlich in die Zukunft zu schauen.
Ob auf der vorgestrigen Bürgerversammlung, bei meinen Betriebsbesuchen, auf den Weihnachtsmärkten am Maxplatz und vor der Elisabethenkirche, bei Neujahrsempfängen oder ganz einfach beim spontanen Plausch auf der Straße – in den vielen Gesprächen, die ich in den vergangenen Wochen geführt habe, ist mir immer wieder deutlich geworden: Wir Bamberger Bürgerinnen und Bürger, wir lassen uns nicht so schnell unterkriegen, wir halten zusammen, wenn es darauf ankommt. Wir sind füreinander da.
Und wir helfen, wenn andere in Not sind. Ich denke vor allem an die Geflüchteten aus den Kriegsgebieten der Ukraine. Etwa 800 sind gegenwärtig bei uns untergebracht. Anfangs in Notunterkünften, die von Verwaltung und Ehrenamtlichen hergerichtet und bereitgestellt worden sind. Ebenfalls wurden sie in Wohnungen der Bamberger Bürgerschaft aufgenommen. Die Posthalle auf der ehemaligen Lagarde-Kaserne wurde zur Schaltzentrale von „Bamberg hilft Ukraine“, weil dort zahlreiche, hilfsbereite junge Menschen tätig geworden sind. Dort wurden und werden immer noch Hilfsgüter gesammelt und an Bedürftige verteilt. Ein Ausgangspunkt von Transportfahrten, die von Bamberg aus in Richtung Ukraine aufgebrochen sind mit Schlafsäcken, Kleidung, Lebensmittel und medizinischem Material an Bord. Organisiert und finanziert aus Spenden, gefahren von Freiwilligen, um den Menschen in ihrer Not beizustehen. Ich danke von Herzen allen, die in der Krisensituation mitgeholfen haben und nach wie vor aktiv sind. Stellvertretend für alle Helferinnen und Helfer nenne ich Khrystyna Pavliukh, die seit fast einem Jahr zu einem Gesicht der Bamberger Ukraine-Unterstützung geworden ist. Sie ist hier und hat stellvertrend für alle Ehrenamtlichen einen großen Applaus verdient.
Die Pandemie hat uns allen viel abverlangt. Zigmal haben wir miteinander beraten, wie wir gemeinsam gut durch die Krise kommen. Jeder in seiner Funktion, nicht immer einer Meinung, aber alle zusammen. Zunächst während der Pandemie, im vergangenen Jahr dann auch in der Energiekrise. Mir zumindest hat es sehr geholfen. Die Verantwortlichen von Stadt und Land sind deutlich enger zusammengerückt durch die Organisation von gemeinsamen Krisenstäben, Impfzentren und Teststationen und in der Sicherstellung der medizinischen Versorgung. Ich habe dabei gelernt: So schlimm ist der Aufenthalt im Landratsamt gar nicht. Auch das persönliche Verhältnis hat gewonnen. Unser Landrat hatte gestern Geburtstag, ich gratuliere ihm von Herzen und wünsche ihm noch einen schönen Lebensabend!
Während der Pandemie – Vorsicht, sie ist noch nicht vorüber -, wurden viele gefordert, oftmals mussten Grenzen überschritten werden. An dieser Stelle geht mein herzlicher Dank an alle Mitarbeitenden im Gesundheitswesen, an unsere Ärztinnen und Ärzte im Klinikum sowie an die vielen engagierten Pflegekräfte in den Kranken- und Senioreneinrichtungen. Zudem an die Akteure in den zahlreichen Teststellen, den Arztpraxen und dem Impfzentrum, das wir vor 3 Wochen aufgelöst haben. Ebenfalls danke ich den koordinierenden, ehrenamtlichen Kräften in den Rettungs- und Hilfsorganisationen unserer Region. Auch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Stadtverwaltung danke ich, die auf vielfältige Art und Weise der Krise die Stirn geboten haben – vom Ordnungsamt mit der Überprüfung der Maßnahmen bis zu den Kümmerern am Bürgertelefon, um die Anliegen zu bearbeiten und die Seelsorge ernst zu nehmen. All diese Menschen haben auf vieles verzichtet, waren geduldig und demütig und haben sich in den Dienst der Allgemeinheit gestellt. Das will ich heute öffentlich würdigen und wertschätzen.
Das macht mir auch Mut für das begonnene Jahr. Wir können zuversichtlich sein, weil Bamberg eine starke Stadt und ein starker Kultur- und Wirtschaftsstandort ist. Vor allem aber, weil wir eine Stadt mit einer starken Zivilgesellschaft, mit engagierten, einmischungsfreudigen und kreativen Menschen sind, die wissen, was sie können und wissen, was sie wollen. Bamberg wächst weiter, jetzt mit mehr als 79.000 Einwohnern. Auch wenn diese Bevölkerungsentwicklung kein politisches Ziel ist, es ist die Folge der hohen Wohnqualität und Attraktivität unserer Stadt. Die Menschen stimmen mit den Füßen ab. Trotzdem macht das Wachstum auch Kopfzerbrechen. Wir brauchen zusätzliche Kindergartenplätze, Schulen, mehr Wohnungen, mehr Grün, damit die Menschen sich erholen können. Und wir müssen uns alle anstrengen, damit wir den zusätzlichen Verkehr auch besser bewältigen können. Darum ringen wir.
Das ist der Auftrag von Politik: Einem Bild der Stadt zu folgen und diesen Blick zum Maßstab des Handelns zu machen. Die Lebensqualität, damit die Menschen sich sicher und behütet fühlen, die Infrastruktur passt, genügend Jobs für alle da sind, kulturelle und religiöse Vielfalt herrscht und die Kluft zwischen arm und reich nicht zu weit auseinandergeht. Ein Auftrag, der weit über den Tag, auch über den Wahltag, hinausreicht.
Ein gutes Beispiel für unsere Innovationskraft ist die Konversion von ehemals militärisch genutzten Flächen: Etwa auf der Lagarde, wo einmal 2.500 Menschen wohnen und 1.000 Menschen arbeiten werden, oft in geförderten Wohnungen zu bezahlbaren Preisen, mit einem vorbildlichen Energie- und Mobilitätskonzept unserer Stadtwerke (wer mehr darüber wissen will: Im Foyer ist ein Informationsstand aufgebaut), weil wir dort mit regenerativen Energiequellen die Versorgung sichern, einem geplanten Kulturzentrum in der ehemaligen Reithalle, dem Umbau der früheren Kommandatur zur Erweiterung des Justizstandortes, einem neuen digitalen Gründerzentrum, wo wir ein zukunftsorientiertes Netzwerk aus Wirtschaft, Universität und Forschung am 16. März eröffnen werden. Es wird höchste Zeit, die Muna zu erwerben, um dort Ökologie, Landschaftsschutz und Gewerbeflächen miteinander zu verbinden. Wenn das Ankerzentrum – so wie vertraglich vom Freistaat zugesichert – Ende 2025 aufgegeben wird, stärken die dort befindlichen Entwicklungspotenziale den Osten Bambergs. Auch in Zukunft werde ich mich bei der Staatsregierung bei jeder sich bietenden Gelegenheit dafür einsetzen, dass die städtischen Ziele erreicht werden.
Kunst und Kultur brauchen Platz. Wir wissen, dass viele Menschen ihre Erfüllung mit der Beschäftigung von Kunst und Kultur finden. Neben der Planung zum neuen Kulturzentrum auf der Lagarde starten wir in wenigen Wochen das Sanierungsvorhaben in der Oberen Sandstraße 20, wo wir, großzügig vom Bund unterstützt, ein denkmalgerechtes Zentrum für Begegnungen schaffen. Schloss Geyerswörth wird gegenwärtig umfassend modernisiert, nicht nur zur Rathausnutzung, sondern auch, um dort das Marionettentheater unterzubringen.
Der Kampf gegen den Klimawandel muss überall ganz oben auf der politischen Agenda stehen. Der wichtigste Beitrag, den Städte zum Klimaschutz leisten können, ist die energetische Sanierung ihrer kommunalen Immobilien. Deswegen planen und organisieren wir in diesem Jahr die Generalsanierung des Rathauses am Maxplatz, der benachbarten Häuser in der Fußgängerzone bis zur Hauptwache und des alten Rathauses an der Oberen Brücke. Dann werden die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung in Ausweichquartieren untergebracht. Zu unseren selbstverständlichen Aufgaben gehören auch die Schulgebäude, wobei die Trimmbergschule und die Blaue Schule schon in diesem Jahr angepackt werden. Dazu startet unsere Stadtbau GmbH eine der größten Modernisierungsmaßahmen ihrer Geschichte, wenn im Malerviertel ein außergewöhnliches Projekt begonnen wird. Das Quartier wird komplett modernisiert und ökologisch aufgewertet. Stolze 75 Millionen Euro stehen unserer städtischen Tochter in den nächsten Jahren für diese große Aufgabe zur Verfügung. Im Malerviertel wird damit eines von 10 Modellvorhaben Bayerns für Wohnen, Bau und Verkehr umgesetzt.
Der Automobilzuliefererindustrie helfen wir bei der Transformation, indem wir gemeinsame Projekte zur Brennstoffzelle mit der Firma Bosch realisieren oder Brose die Erweiterung und damit die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in der Breitenau ermöglichen. Diese positive Entwicklung der Unternehmensgruppe Brose in Bamberg haben wir einer Investitionsentscheidung zu verdanken, deren Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Auch das Handwerk ist eine beständige und solide Säule unseres Wirtschaftsstandorts. Nirgendwo in Oberfranken gibt es mehr Handwerksbetriebe als in unserer Region. Wir haben den Weg bereitet, damit heuer der Startschuss gegeben werden kann für ein nagelneues Berufs- und Technologiezentrum direkt neben der Brose-Arena. Dem Fachkräftemangel zu begegnen, das gelingt nur mit einer gemeinsamen Anstrengung.
Wir müssen uns hinter anderen Wissenschafts- und Technologiestandorten ganz sicher nicht verstecken. Wir wollen alles dafür tun, damit das auch künftig so bleibt. Dabei setzen wir vor allem auf die enge Kooperation mit unserer Universität, etwa bei der Umsetzung des Programms von „Smart City“. In den vergangenen 2 Jahren haben die Bamberger Bürgerinnen und Bürger fleißig 250 Ideen und Anregungen gesammelt und bewertet. Ziel ist es, die Lebensbedingungen zu verbessern, indem die Digitalisierung den Menschen dient und nicht umgekehrt. Großartig, dass wir zu den wenigen Städten gehören, die sich im Wettbewerb durchgesetzt haben und dafür 17,5 Millionen Euro Förderung erhalten.
Auch bei der Gesundheitsversorgung lassen wir nicht nach. Mit innovativen Investitionen realisieren wir den Gesundheits-Campus direkt neben dem Klinikum am Bruderwald und gründen Medical Valley auf der Lagarde-Fläche, weil dort in diesem Jahr die Vergabe für ein neues Gesundheitszentrum erfolgen wird unter dem Dach unserer erfolgreichen Sozialstiftung. Die Stadtgesellschaft übernimmt auch Verantwortung für die Schwächsten, die besonders viel Hilfe brauchen. Am 24. März wird unser neues Kinder- und Jugendhospizhaus „Sternenzelt“ eröffnet. Diese Einrichtung ermöglicht Familien mit Kindern, die unter lebensverkürzenden Krankheiten leiden, ein bisschen mehr Lebensqualität. Vor wenigen Tagen gab es zur Unterstützung ein Benefizkonzert und ich danke unseren Bamberger Symphonikern für diesen wertvollen Beitrag.
Ja, es stimmt, der ICE-Bahnausbau bleibt herausfordernd und wird uns in den nächsten 10 Jahren vieles abverlangen. Wir müssen aber mit der Zeit gehen und dafür sorgen, dass die Verkehrsbeziehungen innerhalb der Stadt während der Baumaßnahmen intakt bleiben und die Bewohner den erforderlichen Lärmschutz erhalten. Die komplizierten und meist kontroversen Verhandlungen mit der Bahn will ich an dieser Stelle nicht vertiefen, es ist so ein schöner Vormittag.
Bamberg wird in diesem Jahr einen neuen Erzbischof erhalten, das 30-jährige Welterbe feiern, den 200. Geburtstag unseres Kunstvereins begehen, auf 100 Jahre Botanischer Garten im Hain zurückblichen, 50 Jahre Städtepartnerschaft Bamberg und Villach würdigen und daran erinnern, dass vor 30 Jahren diese Konzert- und Kongresshalle eröffnet worden ist. Es würde mich auch nicht überraschen, wenn die 15. Bierbrauerei eröffnet wird, weil der tägliche Pro-Kopf-Konsum dieses Nahrungsergänzungsmittels bei uns überdurchschnittlich hoch und das Schäuferla anders nicht zu bewältigen ist. Bemerkenswert ist die Tatsache – noch wissen wir nicht warum -, dass die Scheidungsrate in Bamberg nach der Auskunft eines Internetportals die niedrigste von 130 deutschen Städten ist. Liebe Ehepaare, helfen Sie mit, diesen Spitzenplatz zu bewahren und nutzen sie die Gelegenheit, die der heutige Weltknuddeltag bietet.
Wir freuen uns auch auf den 12. Juni: An diesem Tag erwarten wir eine 44-köpfige Delegation von Sportlerinnen und Sportlern mit Handicap aus Bahrain, die während der Special Olympics World Games bei uns ein begeisterndes Programm erwarten. Dabei bin ich mir sicher: Wir werden ausgezeichnete Gastgeber sein.
Ich sprach eingangs vom vorbildlichen, bürgerschaftlichen Engagement. Für die Stadt, für die Demokratie. Wir haben mit 6 Persönlichkeiten gesprochen, die stellvertretend für viele Menschen in Bamberg stehen, die sich aktiv in ihrem Beruf oder in ihrer Freizeit für den Zusammenhalt und für die demokratischen Werte engagieren. Dazu gibt es anschließend einen Film. Er soll sie inspirieren, Zuversicht geben und Motivation sein. Demokratie ist keine Theatervorstellung. Sie funktioniert nur, wenn jede und jeder etwas tut für das gemeine Wohl.
Helen und ich wünschen Ihnen das Allerbeste für 2023 – wie immer mit der Beschränkung auf die immateriellen Ziele Glück und Gesundheit. Und natürlich wird dieser Wunsch ergänzt mit dem Optimismus, ohne den sich die beiden ersten Wünsche sicherlich schlechter genießen lassen.
Dass dieser Optimismus sich auch auf die schweren Fälle erstrecken muss, zeigt ein Blick auf die aktuelle Basketball-Bundesliga-Tabelle und das morgige Heimspiel gegen Bayern München. Aber wie heißt es doch so schön: Wenn’s leicht wäre, könnte es ja jeder!
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