Die Königin der Instrumente kehrt nach Kersbach zurück

Orgelbauer Kirchenpfleger und PGR Vors bringen Orgel in die Kersbacher Kirche

Orgelbauer Kirchenpfleger und PGR Vors bringen Orgel in die Kersbacher Kirche ©Gerhard Hoch

Seit nunmehr fast drei Jahren wird die Kersbacher Pfarrkirche St Johannes d.T. und St. Ottilie generalsaniert. Die Generalsanierung der Kirche ist weitgehend fertig gestellt. Dabei gab es viele Verzögerungen, besonders mit der statischen Ertüchtigung und den durch die Betonverpressungen im Fundament entstandenen Schäden am Bodenbelag der Kirche.

Damit die Gottesdienste während der Bauphase mit einer Orgel begleitet werden konnten, wurde eine geliehene Truhenorgel benutzt. Diese verrichtet seither ihren Dienst sowohl im Pfarrzentrum als auch in der Kirche zur Ehre Gottes.

Sanierung der Steinmeyer-Orgel war längst überfällig

Restauerierte kleine Technik für die Kersbacher Orgel

Restauerierte kleine Technik für die Kersbacher Orgel © Gerhard Hoch

Nachdem die Orgel während der Bauphase ohnehin abgebaut werden musste, hatten unsere Kirchen- und Pfarrgemeinderäte beschlossen, die längst fällige Überholung unserer historische Steinmeyer-Orgel vorzunehmen und die mehrfach umgebaute Orgel in ihre ursprüngliche Orgeldisposition zurückversetzen zu lassen.

Die alte Vorgänger-Orgel in der Kersbacher Kirche stammte von Graebensteiner aus Bamberg, ist jedoch in früheren Zeiten verbrannt. Unsere heutige Orgel besitzt 12 klingende Register und ist ein Werk der Öttinger Firma G. Steinmeyer aus dem Jahre 1900, als Opus 698 erbaut.

Das dem Vertrag zu Grunde liegende Angebot der Orgelbaufirma war auf den 10.02.1900 datiert. Knapp 9 Monate später war die Orgel bereits fertig gestellt. Im Abnahmegutachten des damaligen Bamberger Domorganisten vom 29.10.1900 heißt es: „Das in Rede stehende Werk ist ein in allen Teilen solide mit großem Fleiße meisterhaft gearbeitetes preisgünstiges Werk. Die Pfarrkirche zu Kersbach besitzt in demselben ein Meisterwerk ersten Ranges, geeignet zur Verherrlichung des Gottesdienstes in eminenter Weise beizutragen.“

Ziel der gewünschten und notwendigen aktuellen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten ist es, dass dieses Urteil wieder volle Gültigkeit bekommt.

Bedeutende Orgeln von G. F. Steinmeyer & Co

Unsere Steinmeyer-Orgel hat einige berühmte Geschwister. Die größte Kirchenorgel der Welt im Passauer Stephansdom stammt ursprünglich von Steinmeyer (1928), ebenso die Orgeln im Münchner Liebfrauendom (1880), in der Münchner St. Lukaskirche (1932), im Hamburger Michel (1960) und die Hauptorgel in St. Lorenz in Nürnberg (1937).

Eine Restaurierung in vielen Schritten

Eine neue und alte restauierte Pfeife der Kersbacher Orgel

Eine neue und alte restauierte Pfeife der Kersbacher Orgel © Gerhard Hoch

Bereits vor Beginn der Innensanierung wurde die Orgel demontiert, was durchaus eine kniffelige Angelegenheit war. Mit einer Hebebühne wurden der Spieltisch und viele weitere Orgelteile von der Empore gehoben. Die komplette Orgel wurde nun Pfeife um Pfeife abgebaut und in alle Einzelteile zerlegt und in einen Vorort von Frankfurt/Oder in die  Orgelwerkstatt Scheffler transportiert.

Die vor Ort verbliebenen Orgelteile wurde grob gereinigt und anschließend die Windladen mit Plattenmaterial und Folie staubsicher verpackt und geschützt. Das barocke Zierwerk des Prospektgehäuses wurde ebenfalls demontiert und sicher eingelagert.

Das originale Pfeifenwerk ist in sehr guter Steinmeyer-Qualität gefertigt. Allerdings wurde das Instrument in der Disposition in der Vergangenheit verändert und originale Pfeifen umgebaut oder entsorgt. Auch wurden an vereinzelten Holzpfeifen bereits provisorische Reparaturarbeiten durchgeführt.

Während der aktuellen Restaurierung wurden die Metallpfeifen trocken und feucht gereinigt und auch notwendige Instandsetzungsarbeiten erfolgten in diesem Zusammenhang. Die Holzpfeifen wurden ebenfalls gereinigt und repariert.

Die Windanlage (Lunge der Orgel mit Windmotor, Drosselventilen und Blasebalg) der Orgel musste überholt, nachgearbeitet und repariert werden.

Das über 120 Jahre alte Leder am Blasebalg ist noch in so einem guten Zustand, dass es weiter benutzt werden kann.

Alle zur Orgel gehörenden Teile wurden auf Holzwurmbeschädigungen überprüft und gegebenenfalls repariert oder ausgetauscht.

Register wurden Rekonstruiert

Neue und restaurierte Orgelpfeifen

Neue und restaurierte Orgelpfeifen der Kersbacher Orgel © Gerhard Hoch

Besonderes Augenmerk wurde auf die Rekonstruktion der veränderten bzw. verlorengegangenen Register Fugara 4‘ und Tibia 8‘ gelegt. Die Metallpfeifen der Fugara 4‘ mussten „nur“ angelängt werden, d.h. auf den abgeschnittenen originalen Pfeifenkörper wurde ein neuer Teil wieder draufgesetzt, um die originale Länge zurück zu erhalten.

Das Register Tibia 8‘ war komplett verloren gegangen und wurde nach alten noch erhaltener Vorlagen in anderen Orgel rekonstruiert. Dabei ging es nicht nur um die richtigen Maße, sondern auch um die entsprechenden Bauformen und Holzauswahl (die Pfeifen dieses Registers sind aus verschiedenen Hölzern gebaut) und viele weiteren Details. Dafür wurden drei weitere Steinmeyer-Orgeln in Deutschland von der Orgelbaufirma untersucht, um dem Original so nah wie möglich zu kommen.

Übrigens: Die Zahl z. B 4‘ oder 8‘ gibt an, wie viele Füße die längste Pfeife des jeweiligen Registers lang ist. Fuß ist dabei eine alte Längeneinheit von rund 30 cm. Die längsten Pfeifen sind somit 8-mal ein Fuß lang, also 2,4 m.

Der Spieltisch wurde komplett zerlegt und Stück für Stück wieder aufgearbeitet. Die 13 nicht originalen Registerschilder aus Kunststoff wurden durch dem Original nachempfundene Schilder aus Porzellan und den Farben blau, rosa und gelb ersetzt.

Anschließend trat eine längere Pause ein und die Orgel wartete im Lager der Orgelwerkstatt fertig verpackt über ein Jahr auf den Wiedereinbau.

Orgelgrundgerüst und Spieltisch installiert

Das Grundgerüst der Kersbacher Orgel

Das Grundgerüst der Kersbacher Orgel © Gerhard Hoch

Drei Wochen waren nötig, um die Orgel technisch wieder zu montieren. Unzählige Verbindungen (ca. 200 Stück) von der Windlade zum Spieltisch mussten montiert werden. Viele andere Verbindungen wurden geschaffen. Die Orgelpfeifen jedoch ruhen nun, um sich auch in ihrer Umgebung an die Temperaturen zu gewöhnen. Im I. Quartal 2023 werden die einzelnen Orgelpfeifen eingebaut. So Gott will, wird unsere generalüberholte Orgel bis spätestens Pfingsten wieder zur Ehre Gottes erklingen.

Spenden sind willkommen

Für eine Orgelsanierung gibt es nur sehr eingeschränkt Zuschüsse. Wir dürfen hier rund 20.000 € erwarten. Die verbleibende Differenz  zum Kostenvoranschlag in Höhe von 82.000 € zuzüglich Nebenkosten müssen wir als Pfarrei selber tragen. Wir freuen uns über jede finanzielle Unterstützung: Kirchenstiftung Kersbach, LIGA-Bank: DE43 7509 0300 0009 0481 89.

Sicherlich wird die feierliche wieder in Betriebnahme für die Pfarrgemeinde in Kersbach ein besonderer Tag.