Kulmbach: Oberbürgermeister Ingo Lehmann und Schlachthofleiter Dirk Grühn wenden sich mit einem Weihnachtsschreiben an die Medien
„Der Schlachthof Kulmbach stand seit Mitte 2021 immer wieder im Mittelpunkt der Schlagzeilen“
In einem Weihnachtsschreiben wenden sich der Kulmbacher Oberbürgermeister Ingo Lehmann und Schlachthofleiter Dirk Grühn an die Medien. So heißt es in der Pressemitteilung:
Sehr geehrte Damen und Herren der Medien,
die anstehenden Festtage und der kommende Jahreswechsel sind für uns willkommener Anlass für diesen Brief an Sie. Der Schlachthof Kulmbach stand seit Mitte 2021 immer wieder im Mittelpunkt der Schlagzeilen. Manches mussten wir akzeptieren, weil es richtig war; in der Berichterstattung waren aber auch Verfälschungen und Verzerrungen zu erleben, die der Sache bei genauem Hinsehen nicht gerecht werden.
Wir wissen, dass das nicht an Ihnen, den Medienvertretern, liegt, sondern an Menschen, die sich zum Teil ohne fundierte Sachkenntnisse, zum Teil auch auf Basis von Vorurteilen öffentlich negativ äußern. Das finden wir sehr schade, weil hier weltweit eine neue und einzigartige Betäubungsanlage auf Heliumbasis entsteht, die eine deutliche Verbesserung für den Tierschutz bei der Schlachtung bedeutet und die deswegen auch eine Chance verdient hat, fertiggestellt in Betrieb genommen zu werden, ohne dass das Projekt schon im Vorfeld als untauglich kritisiert und Verunsicherung geschürt wird.
Wir möchten diesen Brief auch nutzen, um zu den wichtigsten Fragen und Vorwürfen, die in diesem Kontext immer wieder öffentlich thematisiert werden, Stellung zu beziehen:
• Die Organisation des Projekts: Die Bernd-Tönnies-Stiftung (Achtung, das ist die präzise Bezeichnung, denn es gibt mehrere Stiftungen, die den Namen „Tönnies“ tragen) hat das Projekt in Auftrag gegeben. An der Finanzierung des Gesamtprojektes (Hallenbau) beteiligt sich auch die Stadt Kulmbach. Weitere Forschungseinrichtungen sind an der Entwicklung nicht beteiligt. Der bekannte Veterinär und Fleischforscher Prof. Dr. Klaus Troeger aus Kulmbach ist der geistige Kopf dieses Projekts. Er ist pensioniert und stellt dankenswerterweise seinen langjährigen Erfahrungsschatz und seine Kompetenz als Privatmann zur Verfügung.
• Es ist unbestritten und mit Forschungsergebnissen untermauert, dass Helium als Betäubungsgas den Tieren ein sanftes „Einschlafen“ ermöglicht, eine deutliche Verbesserung bei den Schlachtungen. Weil Helium teurer als andere Gase ist, wird in unserer Pilotanlage ein Der Oberbürgermeister der Stadt Kulmbach Mechanismus eingebaut, mit dem das nicht benötigte Gas zurückgewonnen wird und wieder zum Einsatz kommt. Damit reduzieren wir die Menge des eingesetzten Gases deutlich und können den höheren Preis kompensieren. Bei den üblichen CO2-Betäubungen verfliegt das überschüssige Gas.
• Fertigstellung der Pilotanlage: Die Pilotanlage ist inzwischen grundsätzlich fertiggestellt. Es fehlt noch der Einbau der Helium- Rückgewinnung. Dieser erfolgt bis ca. Januar 2023. Im nächsten Schritt stehen Probeläufe an, um festzustellen, ob die Anlage so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben, oder ob Nachjustierungen, Ergänzungen oder andere Verbesserungen vorgenommen werden müssen. Für die Probeläufe, die selbstverständlich nur unter strenger Beaufsichtigung der KBLV erfolgen, steht ausreichend Helium zur Verfügung. Für den ordnungsgemäßen Regelbetrieb ist jedoch eine gesicherte Versorgung mit Helium unabdingbar.
Durch den Ukraine-Krieg, auch die Pandemie, leiden fast alle Branchen der Wirtschaft unter Lieferengpässen und Lieferverzögerungen; manche Produkte, wie das Helium, sind derzeit am Markt nur schwer, teilweise gar nicht zu bekommen. Niemand kann verlässlich vorhersagen, wann das wieder der Fall sein wird. Daher halten wir es auch für nicht seriös, Termine für das weitere Vorgehen zu nennen, auch wann genau die Anlage im Regelbetrieb arbeiten kann. Dass dies jedoch relativ zeitnah passiert, dessen sind wir uns sicher.
• Transparenz: Ja, wir haben Transparenz zugesagt; und wir versprechen auch, dass wir die Öffentlichkeit zeitnah über die nächsten Entwicklungsschritte informieren. Man darf jedoch nicht vergessen, dass es sich um den weltweit ersten Prototypen, der hier in Kulmbach entsteht, handelt.
Da muss vieles ausprobiert und überlegt werden, auch Alternativen für einzelne Details müssen durchdacht werden. Damit sind erfahrene und hochkompetente Experten beschäftigt; es ergibt keinen Sinn, solche Details öffentlich zu erörtern. Auch namhafte Automobilhersteller stellen ihre neuen Modelle erst der Öffentlichkeit vor, wenn sie ausgereift sind und funktionieren.
• Wer sich einmal mit der Biographie und dem Namen Robert Tönnies beschäftigt, der weiß, dass Herr Tönnies ein erfolgreicher Unternehmer ist, der bei seinen zahlreichen Unternehmungen Themen wie Tierschutz, Umweltschutz oder auch Schutz der Arbeit von Kleinbauern gegen große Lebensmittelkonzerne eine große Bedeutung gibt; man denke nur an Wochenmarkt24 oder Electrify, die er gegründet hat. Insofern ist er der beste Garant dafür, dass wir unsere Ziele auch mit Erfolg erreichen. Wer das in Zweifel zieht, der sollte stichhaltige Argumente auf den Tisch legen.
Drei Botschaften oder Wünsche wollen wir mit diesem Brief artikulieren: • Geben Sie uns eine Chance, den geplanten Prototypen fertigzustellen, um dann mit konkreten Erfahrungen aus Probeläufen zu diskutieren, ob wir auf dem richtigen Weg sind, ob es Alternativen gibt und auch wie eine belastbare Kostenrechnung aussieht und wie sie sich auf den Fleischpreis auswirkt. Erst mit den kontrollierten Probeläufen haben wir konkrete Zahlen und Fakten vorliegen, die ein fundiertes Urteil zu diesem Projekt erlauben.
• Akzeptieren Sie bitte, dass wir aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine Terminplanung machen können und daher auch keine Termine ankündigen können. Das wäre schlicht und einfach unseriös.
• In dieses Projekt ist bislang schon viel Geld geflossen und noch mehr profundes Veterinärwissen gepaart mit guter deutscher Ingenieurskunst. Wir meinen es mit unserem Projekt sehr ernst. Daher wünschen wir uns sehr, dass man uns die Ernsthaftigkeit und die Zielsetzung, mit der wir das Projekt betreiben, entsprechend abnimmt.
Und abschließend noch ein persönliches Anliegen: Wir wünschen Ihnen und Ihren Nächsten ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Feiertage sowie einen guten Rutsch in ein vor allem gesundes, glückliches und journalistisch erfolgreiches neues Jahr. Wo wir mit Kenntnissen oder Informationen etwas beitragen können, werden wir es gerne zu gegebener Zeit tun.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Lehmann (Oberbürgermeister)
Dirk Grühn (Schlachthofleiter)
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