Kunstsammlungen der Veste Coburg zeigen Sonderausstellung
„Bilder der Eintracht. Die Coburger Fürstenbrüder Johann Casimir und Johann Ernst“
Stylisch, topmodern für ihre Zeit und auffallend einheitlich – so treten uns der 18jährige Johann Casimir und sein 16jähriger Bruder Johann Ernst entgegen. Die großformatigen Jugendbildnisse der Herzöge wurden 2019 durch Zufall in einer saarländischen Privatsammlung entdeckt. Dank großzügiger Unterstützung der Förderer der Coburger Landesstiftung und der VR-Bank Coburg konnten sie für die Kunstsammlungen der Veste Coburg erworben werden. Nach anschließender aufwendiger Restaurierung lassen die beiden Gemälde nun ihre meisterliche Ausführung wieder erkennen. Die Studioausstellung gibt Einblick in den Restaurierungsprozess und zeigt zugleich, dass der gemeinsame Auftritt in einheitlicher Kleidung für die Brüder typisch war. Auf Münzen, auf Bildern und bei höfischen Festen beschworen Johann Casimir (1564–1633) und Johann Ernst (1566–1638) zeitlebens ihre Eintracht.
Ein „Partnerlook“ war als Zeichen familiären Zusammenhalts im 16. Jahrhundert keineswegs ungewöhnlich, doch bei Casimir und Ernst ging diese spezifische Form der Repräsentation weit über das übliche Maß hinaus. Der Grund dafür dürfte in der Ausgangssituation der Brüder liegen, die von politischen Katastrophen und Zwistigkeiten innerhalb der Großfamilie geprägt war. Der Großvater Johann Friedrich der Großmütige hatte im Schmalkaldischen Krieg die Kurwürde und die kursächsischen Länder verloren, der Vater Johann Friedrich der Mittlere büßte seine Untreue gegen den Kaiser mit lebenslanger Haft, und die Verwandten machten den Prinzen das verbliebene Land streitig. Für den erfolgreichen Aufbau des 1572 neu gebildeten Herzogtums Sachsen-Coburg war brüderlicher Zusammenhalt daher essentiell.
Welchen Ort und Raum die lebensgroßen Bildnisse einst schmückten, ist nicht bekannt. Ebenso wenig weiß man, bei welchem Anlass sie Jahrhunderte später mutwillig entstellt wurden. Wohl mit Säbelhieben hatte man den Leinwänden Risse zugefügt. „Sehr nachteilig wirkte sich auch eine Restaurierung aus, bei der die Risse notdürftig gekittet und die Fehlstellen stark vereinfachend übermalt worden waren“, erläutert Ausstellungskurator Dr. Niels Fleck. Nach Ankauf für die Kunstsammlungen wurden die Gemälde mit Förderung der Horst Weingarth Stiftung erneut restauriert. Unter den Händen von Gemälderestaurator Hajk G. Hovhannisjan traten leuchtende Farben, differenziert ausgearbeitete Details und nicht zuletzt die Künstlersignatur in Form des noch zu entschlüsselnden Monogramms „EHs“ zutage.
Der eleganten Mode des spanischen Hofes folgend, tragen die Brüder hohe Halskrausen und „Gansbauch“-Wämser mit künstlicher Bauchwölbung, darüber kurze Mäntel und Kniebundhosen in Pluderform. Höchst extravagant sind die langgeformten Kappen mit goldenen Broschen und Pfauenfedern. Im Entstehungsjahr der Gemälde, 1582, begleitete Casimir seinen Onkel und Vormund Kurfürst August von Sachsen erstmals zum Reichstag. „Von den Bildnissen wurden noch weitere – 2 – Versionen angefertigt, und sie dürften dazu gedient haben, die Coburger Fürstenbrüder in die höfische Gesellschaft einzuführen“, so Niels Fleck.
Im Studio der Veste sind die Gemälde zusammen mit einer Auswahl der berühmten „Eintrachtstaler“ zu sehen. Die Münzprägungen mit paarweise angelegten Profilbildnissen der Herzöge entstanden über einen Zeitraum von rund fünf Jahrzehnten und dokumentieren das fortschreitende Alter der Brüder. „Vor allem aber“, so Fleck, „kann man hier nachvollziehen, wie zentral das Motiv der Eintracht auch nach zwischenzeitlichen Streitigkeiten blieb.“ Als es 1595 zur Landesteilung kam und für den nachgeborenen Ernst das Fürstentum Eisenach gebildet wurde, legten die Brüder ihren Streit um Erbansprüche per Handschlag bei, und eben dieses Händereichen ist auf den nachfolgend geprägten Münzen dargestellt. Dazu erscheint nun der Wahlspruch Casimirs „Fried ernährt, Unfried verzehrt“.
Zwei sehr aufwendig und dabei weitgehend identisch gearbeitete Harnische für das Fußturnier ergänzen die Präsentation um einen Einblick in das blühende Turnierwesen am Coburger Hof. Nach jüngsten Forschungen des Coburger Waffenkurators Dr. Marcus Pilz dürften diese speziell für den gemeinsamen Auftritt von Casimir und Ernst gefertigt worden sein. So kam auch beim sportlichen Wettkampf der brüderliche Zusammenhalt zum Ausdruck.
Zur Ausstellung, die bis 28. Mai im Studio der Kunstsammlungen zu sehen ist, werden ein Online-Vortrag am 26. Januar und Frühstücks-Führungen am 23. und 26. März angeboten.
Bilder der Eintracht. Die Coburger Fürstenbrüder Johann Casimir und Johann Ernst
- Sonderausstellung vom 15. Dezember 2022 bis 28. Mai 2023
- Öffnungszeiten: Bis 31.03.2023: Di-So 13 bis 16 Uhr, montags geschlossen.
- Geschlossen am 24., 25. und 31.12.2022 und am Faschingsdienstag, 21.02.2023.
- Ab 01.04.2023: täglich 9.30 bis 17 Uhr.
Online-Vortrag zur Ausstellung
- Dr. Niels Fleck | 26. Januar 2023, 18 Uhr
- Anmeldung: sekretariat@kunstsammlungen-coburg.de
Kuratorenführung im Rahmen von „Museum bewegt – Kultur zum Frühstück“:
- 23. März 2023, 10 Uhr & 26. März 2023, 11 Uhr
- Anmeldung: t.hoepp@kunstsammlungen-coburg.de
Cornelia Stegner, M.A.
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