Zettels Reflexionen: Sinn
Das ist das letzte Thema, dem ich mich stellen muss. Victor Frankl hat aus den Erfahrungen aus seiner KZ-Gefangenschaft erkannt, welche Bedeutung es für uns hat, Sinn leben zu können.
Er war davon überzeugt, dass der Mensch an Selbstentfremdung leidet, da er nicht mehr weiß, was er eigentlich will. Diese Selbstentfremdung äußert sich in einer veränderten Wertehierarchie, in der materielle Dinge dominieren.
Das Wertgefühl des Menschen wird reduziert. Das ist aber nichts Schicksalhaftes, nichts Notwendiges, sondern Zugelassenes, das von einer aktiven Sein- und Sinnvergessenheit zeugt.
Frankls Menschenbild ist dreidimensional. Nebst der psychosomatischen Ebene bringt er die noetische Dimension ins Spiel. Für ihn ist dies von Nöten, da die bisherige Psychotherapie den Menschen auf die körperliche- und psychische Ebene reduziert hat.
Diese beiden Ebenen werden bestimmt durch Erbe, soziales Umfeld und äußere Bedingungen. Der Mensch ist in diesen beiden Dimensionen nicht frei. Auf dieser zweidimensionalen Ebene reagiert der Mensch mit seinen inneren Gegebenheiten auf äußere Situationen.
Doch zwischen dem Reiz und meiner Reaktion gibt es einen Moment der Freiheit. In diesem Moment, je achtsamer ich unterwegs bin, meldet sich die geistige Ebene.
Der Geist in mir kann Stellung beziehen zu äußeren Umständen und inneren Reaktionen. Der Geist lässt mich Werte sehen und Möglichkeiten erkennen, wo, wann und wie diese verwirklicht werden können.
Noetik ist ein Begriff der neuzeitlichen Philosophie. Ich verstehe darunter die Phänomenologie der Vernunft. Der Geist lässt den Menschen Werte sehen und Möglichkeiten aufblitzen, wo, wann und wie diese verwirklicht werden können.
Tut er dies, erhebt sich der Mensch aus seiner Zweidimensionalität in die geistig-personale Existenz. Der Mensch ist im Stande, die Dimensionen Leib und Psyche geistig zu reflektieren. Nicht nur zu reflektieren, sondern zu steuern, bewusst zu lenken.
Es geht also um die Freiheit des Willens, den Wille zum Sinn und den Sinn des Lebens. Das Leben hat einen bedingungslosen Sinn, den es unter keinen Umständen verliert!
Dieser Sinn kann sich menschlichem Begreifen entziehen. Insofern ist der Sinn eine menschenübergreifende Größe (Übersinn), der erspürt und erahnt werden kann und muss … wieder und wieder.
Über und durch den Sinn kann ich mich immer wieder neu „erfinden“.
Peter Zettel
ist pensionierter Anwalt. Seit ein paar Jahren ist er begeisterter Motorradfahrer – sein persönlicher Weg der Selbsterkenntnis. Er interessiert sich für das, was die Welt bewegt und schreibt darüber in seinem Blog zettel.biz.
Alle bisher im Wiesentboten erschienen „Zettels Reflexionen„
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