Lichtenfelser Biodiversitätsberaterin: „Landwirtschaft fördert die Biodiversität“

Biodiversitätsberaterin Stefanie Gritscher bei ihrem Vortrag. Foto: Mario Güldner
Biodiversitätsberaterin Stefanie Gritscher bei ihrem Vortrag. Foto: Mario Güldner

Vielfalt in Hof und Flur

Landwirtschaftliche Flächen und auch die Höfe selbst bieten Tieren und Pflanzen eine Vielzahl an Lebensräumen und leisten so einen wertvollen Beitrag zur Artenvielfalt. Das betonte Biodiversitätsberaterin Stefanie Gritscher vom Landratsamt Lichtenfels in ihrem Vortrag bei der Hauptversammlung des Verbandes für landwirtschaftliche Fachbildung (vlf) Bad Staffelstein. Dabei ging sie näher auf die unterschiedlichen Lebensräume ein, die durch die Landwirtschaft entstehen.

Bauernhöfe sind ein Paradies für die Fauna

Nicht nur Nutztiere sind auf den Höfen anzutreffen. Die Betriebe bieten auch wichtige Versteck- und Nistmöglichkeiten sowie Nahrungsquellen für Wildtiere. Amphibien, Kleinsäuger, Vögel und Insekten werden etwa von Wasserstellen wie Tümpeln oder Teichen angelockt. Unverputzte Mauern werden zum Beispiel von Wildbienen als Unterschlupf genutzt.

Dächer bzw. Dachstühle sind der ideale Lebensraum für Insekten und Spinnen, vor allem aber für Vögel und Fledermäuse, da sie von außen zugänglich, zugluftfrei und die Tiere ungestört sind. Ställe sind der perfekte Ort für Schwalben, um ihre Nester zu bauen. Offene Strukturen wie Mist- und Komposthaufen sind ideale Rückzugsgebiete für Ringelnattern, Blindschleichen und diverse Bienenarten. Auch frei zugängliches, unbehandeltes Holz ist ein Anziehungspunkt für Exoten wie den Blauvioletten Scheibenbock (Käfer) oder die Blaue Holzbiene.

Riesige Pflanzenvielfalt auf Äckern und Grünflächen

Zu den für die Biodiversität besonders relevanten landwirtschaftlichen Flächen zählen Äcker und Grünflächen. Sie zeichnen sich insbesondere durch eine große Artenvielfalt im Bereich der Flora aus. Das am stärksten vom Menschen geprägte Ökosystem ist dabei der Acker. Rund 12 Millionen Hektar, also fast 30 Prozent der Landesfläche in Deutschland sind Äcker. Stefanie Gritscher: „Daher kommt den Äckern eine wichtige Rolle bei Erhalt und Entwicklung der Kulturlandschaft und der Artenvielfalt zu.“ Sie beherbergen auch einige der am stärksten gefährdeten Pflanzenarten: die Ackerwildkräuter. Interessant für Landwirte: Von den etwa 350 Kräuterarten verursachen nur rund 20 Ertragseinbußen, der Rest ist unproblematisch. Klar sei laut Gritscher allerdings, dass wir auf den Ackerbau angewiesen sind und der Erhalt der Ackerwildkräuter ohne landwirtschaftliche Nutzung nicht möglich ist.

Ebenfalls wichtig für die Landwirtschaft sind Grünflächen. Insbesondere Wiesen und Weiden zählen zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Rund 2.000 Pflanzenarten, also etwa 52 Prozent aller höheren Pflanzen, sind im Grünland zu finden. Die Zusammensetzung der Arten hängt dabei von den jeweiligen Standortbedingungen und der Nutzung ab. Im Grünland wachsen bis zu 60 Pflanzenarten pro Quadratmeter. Diese Vielfalt wird von den Tierarten noch übertroffen, so Stefanie Gritscher: „Allgemein gilt, dass acht bis zehn Tierarten pro Pflanzenart vorkommen.“ Dabei handelt es sich primär um Insekten und Spinnentiere. Weiden sind in diesem Zusammenhang verglichen mit Mähwiesen besser, da sie schonend (weil technikfrei) genutzt werden, einen ganzjährigen Lebensraum bieten und eine höhere Strukturvielfalt aufweisen (mehr unterschiedliche Pflanzen, Kuhfladen etc.).

Landwirtschaft und Biodiversität gehen Hand in Hand

Insgesamt ist die Landwirtschaft ein entscheidender Faktor beim Thema Biodiversität. Artenvielfalt sei eng mit der Landnutzung verbunden, so Stefanie Gritscher. Insbesondere vielfältig strukturierte, kleinbäuerliche Betriebe tragen in hohem Maße zur Biodiversität bei. Die Landwirtschaft kann viel für den Artenschutz tun, dabei müssen aber auch immer die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Betrieb gegeben sein, meint Rudi Steuer, der bisherige Vorsitzende des vlf Bad Staffelstein: „Egal ob Biogas, Milch, Fleisch oder Artenvielfalt: Ich mache alles gerne, wenn mein Bauernhof und ich davon existieren können.“