Waischenfelder Rechnungsbücher aus dem Mittelalter jetzt im Bamberger Archiv

Symbolbild Heimatkunde

Eine lange Wegstrecke ist nun zu Ende, eine Zeit von mehr als 450 Jahren vergangen, seit in Waischenfeld ein Spital gegründet worden ist und diese Einrichtung seine Einkünfte, neben der Verköstigung und Unterbringung von sieben alten Menschen, gewinnbringend und agierend wie eine Bank, an private Leute gegen Zins verliehen hat. Darüber wurde natürlich vom Spitalmeister penibel Buch geführt und diese Bücher fanden nun im Bamberger Diözesanarchiv einen würdigen und dauerhaften Unterschlupf.

Die Waischenfelder kennen das Gebäude; einen schönen Fachwerkbau am Bischof Nausea-Platz, gegenüber der Stadtkapelle, die früher auch als Spitalkapelle genutzt worden ist. Wann das Spital erbaut worden ist, ist noch unklar, aber 1514, als Eberhard von Rabenstein die Spitalstiftung gründete, gab es das Gebäude schon, das, wie viele weitere Häuser im Ort mehreren Kriegen zum Opfer fiel und immer wieder neu aufgebaut, beziehungsweise umgebaut werden musste. Der letzte Umbau brachte auch die größte Veränderung mit sich. Die Stadt gab das Gebäude per Erbbaurecht für 99 Jahre im März 1980 an die Waischenfelder Kirchenstiftung, welches unter Leitung des Pfarrers und Dekan Josef Kraus in dem Gebäude für eine Million Mark 1981/82 ein Pfarrzentrum einrichtete. Letzter „Spitalmeister“ war der langjährige zweiter Bürgermeister Hermann Hofknecht (CSU).

Joseph Herzing (rechts) mit dem für Pfarrarchive zuständigen Diplomarchivar Dr. Elmar Kerner vom Diözesanarchiv (links) sowie Bürgermeister Thomas Thiem Mitte, der die Gelegenheit nutzte, um sich einer kurzen Führung durch das Archiv anzuschließen. Kirchenpfleger Stefan Keller war auch zur Übergabe eingeladen, konnte aber aus Termingründen nicht teilnehmen.

Joseph Herzing (rechts) mit dem für Pfarrarchive zuständigen Diplomarchivar Dr. Elmar Kerner vom Diözesanarchiv (links) sowie Bürgermeister Thomas Thiem Mitte, der die Gelegenheit nutzte, um sich einer kurzen Führung durch das Archiv anzuschließen. Kirchenpfleger Stefan Keller war auch zur Übergabe eingeladen, konnte aber aus Termingründen nicht teilnehmen.

Mit dem „Ausräumen“ des Spitalgebäudes war der gemeindliche Bauhof beschäftigt und so kamen die Rechnungsbücher, die sich in einem besonderen kleinen Bücherraum des Gebäudes befanden, in den Bauhof der Gemeinde. Auf dem Dachboden fanden sie eine vorübergehende Ruhstätte, bis jemand auf die Idee kam, die alten Rechnungsbücher, immerhin bis zu 450 Jahre alt, ins Rathaus zu schaffen, das bildlich gesprochen, bald aus allen Nähten platzte, weil durch die Eingemeindung und neue Aufgaben soviel mehr Akten als früher darin Platz finden mussten. Nachdem das Rathaus zwei, ironischerweise direkt neben dem Spital gelegen, fertig umgebaut war, hat man die Bücher dorthin verfrachtet, wo sie seither im Zimmer der VHS in einem alten Schrank untergebracht waren. Und dort fand sie der Waischenfelder Joseph Herzing, nachdem er von Bürgermeister Thomas Thiem ermächtigt, auf die Suche nach den Büchern gegangen ist. Er, der die Rechnungsbücher für seine Zulassungsarbeit zum Lehramt, 1970 (als bisher einziger) systematisch durchgearbeitet hatte, war neugierig darauf, in welchen Zustand sich die Bücher 50 Jahr später befinden und ob sie vollständig sind. Sein Ergebnis der Überprüfung: Der Zustand der meisten Bücher ist mittelprächtig. Es sind sogar Mäusebisspuren und Ascherauch auf dem Papier gefunden worden und damit einige Seiten unkenntlich gemacht, weil mit Tinte handschriftlich verfasst. Schlimmer ist aber, dass viele der Bücher, die es Jahrgangsweise gab, überhaupt nicht mehr vorhanden sind. Und das brachte ihn auf die Idee, die Rechnungsbücher in ein professionelles Archiv zu geben. Das Archiv des Erzbistums Bamberg zeigte Interesse daran. Voraussetzung sei, dass die Stadt die Bücher der der Waischenfelder Kirchenstiftung gibt, die wiederum das Pfarrarchiv verwaltet, was sich mittlerweile komplett in Bamberg befindet. Und so nahm die Sache ihren Lauf und diese Woche wurden die spätmittelalterlichen Unterlagen von Herzing nach Bamberg ins Diözesanarchiv gebracht, wo sie dem Pfarrarchiv Waischenfeld eingegliedert werden und danach jedermann kostenfrei zugänglich sind, der wissenschaftliches Interesse daran hat. Das Archiv des Erzbistums Bamberg (Leitung Diakon Andreas Hölscher), ist am Regensburger Ring 2 in Bamberg. Telefon: 0951/502-2520. https://archiv.erzbistum-bamberg.de/

Reinhard Löwisch