Eine kirgisische Delegation informierte sich in Pottenstein und Betzenstein über die Ländliche Entwicklung
Hochrangiger Besuch aus Kirgisistan in der Fränkischen Schweiz
von Thomas Weichert
Erst kamen die Chinesen, jetzt die Kirgisen. Aktuell weilt eine hochrangige Delegation aus der zentralasiatischen Republik Kirgisistan auf Einladung der CSU nahen Hanns-Seidel-Stiftung in der Fränkischen Schweiz und stattete nun Pottenstein und Betzenstein einen zweitägigen Informationsbesuch zum Austausch über die Ländliche Entwicklung in der Region ab.
Empfangen wurde die kirgisische Delegation, darunter drei Abgeordnete des nationalen kirgisischen Parlaments und der Landrat des Landkreises Tong, der in Kirgisistan Pilotlandkreis der Hanns-Seidel-Stiftung für die ländliche Entwicklung ist, von den Bürgermeistern Stefan Frühbeißer (CWU/UWV) und Claus Meyer (FW) sowie vom Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung Lothar Winkler und dem Projektmanager Michael Breitenfelder vom Wirtschaftsband A 9 – Fränkische Schweiz.
Pottenstein mit seiner Erlebnismeile ist ein bayernweites Aushängeschild nicht nur in Sachen Tourismus, sondern auch für das erste bayernweite Gemeindentwicklungskonzept, das 2011 als Pilotprojekt gestartet wurde, sowie für das vom damaligen Pegnitzer Bürgermeister Manfred Thümmler 2006 ins Leben gerufene Wirtschaftsband A 9 – Fränkische Schweiz, welches der erste interkommunale Zusammenschluss von 18 Gemeinden im Rahmen des Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzepts war.
Beides sind also Vorzeigemodelle, für die sich insbesondere auch Kommunen aus Asien interessieren. Die ehemalige Sowjetrepublik Kirgisistan mit ihren rund 6,6 Millionen Einwohnern, die im Norden an Kasachstan, im Osten an China, im Süden an Tadschikistan und im Westen an Usbekistan angrenzt, ist seit 1991 ein unabhängiger Staat mit einem ähnlichem Verwaltungsaufbau wie der Freistaat Bayern.
Insbesondere interessierten sich die Delegationsteilnehmer aus dem zentralasiatischen Land für das Modell der Ländlichen Entwicklung in Bayern und wie dieses auf das Partnerland Kirgisistan übertragen werden kann. Im Einzelnen ging es bei den Gesprächen im Pottensteiner Rathaus um die ländliche Infrastruktur, den Breitbandausbau, die Flurbereinigung, die lokale Wirtschaftsförderung, die Förderung von Organisationen und Vereinen und die Stärkung der ländlichen Gemeinschaft.
Besonderer Wert wird auch auf den Wissenstransfer zwischen Bayern und Kirgisistan gelegt, wie der Projektleiter für Zentralasien, Max Georg Meier erläuterte, der in der kirgisischen Hauptstadt Bischek seit 20 Jahren ein Regionalbüro der Hanns-Seidel-Stiftung unterhält.
Der Landrat des Landkreises Tong, der flächenmäßig etwa so groß ist wie ganz Oberfranken ist, Bayshbek Astanakulov, zeigte sich im Interview beeindruckt von den gewachsenen Strukturen nach den Besuchen der landwirtschaftlichen Lehranstalt in Bayreuth, der Teufelshöhle, dem Erlebnisfelsen und dem Betzensteiner Scheunenviertel mit Sanierung von Fachwerkgebäuden und Stadtmauer. In der Teufelshöhle kam er sich fast wie in seiner Heimat vor, die auch viele Höhlen hat, allerdings noch keine erschlossene für Touristen. „Ich habe sehr viele Ansatzpunkte hier gesehen“, erklärte Astanakulov. Besonders beeindruckt habe ihn die Arbeit des ALE und die Kooperation der Gemeinden mit aktiver Bürgerbeteiligung. Es sei von großer Bedeutung, dass diese Kooperationen durch demokratische Entscheidungsfindungen erfolgen. „Was ich überall sehe ist deutsche Qualität und Ordnung“, sagt der Landrat aus dem Regierungsbezirk Osch im Nordosten des Alaigebirges.
Besonders beeindruckt zeigte er sich von den Dorferneuerungsprojekten in Pottenstein und den dreizehn Schwerpunktmaßnahmen der ILE. Für seine Heimat will er die aus seiner Sicht wichtigsten Maßnahmen auswählen und damit anfangen, diese dort im Kleinen umzusetzen – soweit er diese in seinem Landkreis mit den vorhandenen Ressourcen selbst umsetzen könne. Möglichkeiten müssten aber auch auf Republikebene geprüft und wahrgenommen werden, so Landrat Astanakulov. Daher sei es besonders wichtig, dass auch drei Parlamentsabgeordnete der Delegation angehören, ebenso wie der Abteilungsleiter des kirgisischen Katastrophenschutzministeriums und weitere hochrangige Regierungsvertreter.
Für Bürgermeister Frühbeißer ist es immer eine besondere Situation, Gäste aus entfernten Ländern zu Besuch zu haben. Interessant findet der Pottensteiner Stadtchef, wie kommunale Fragen bis über die Finanzierung in diesen Ländern gehandhabt werden. 2018 war er selbst in China zu Gast. Es sei interessant, zu erfahren, dass die Umstände und Gegebenheiten im Nachbarland grundlegend anders seien. „Wir fühlen uns geehrt, dass immer wieder Pottenstein von unterschiedlichen Ländern als Musterbeispiel für die Ländliche Entwicklung ausgewählt wird und sich die Entscheidungsträger dieser Länder bei uns informieren und beraten lassen“, sagte Frühbeißer.
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