Veste Coburg: Fit für die nächsten 400 Jahre ─ Restaurierung und Neu-Aufstellung des „Hofzwergen-Harnischs“

Er ist der kleine große Star der Coburger Rüstkammer: ein Harnisch für einen Menschen mit rund einem Meter Körpergröße. Der Blick in ein Inventar Herzog Johann Casimirs von Sachsen-Coburg aus dem Jahr 1601 verrät den Besitzer. Dort heißt es: „1 Klein Blank Harnischlein Uff den Zwerg Ruppert geschlagen.“ Die Miniatur-Rüstung gehörte einem so genannten „Hofzwerg“, einem kleinwüchsigen Mann, der am Hof des Coburger Herzogs lebte. Trotz ihrer geringen Größe war der technische und finanzielle Aufwand für die Herstellung dieses kleinen Harnischs dem einer normal-großen Rüstung vergleichbar. Dies verweist auf besondere Bedeutung, die Ruppert am Hofe des Herzogs offenbar innehatte. Bei der Rüstung handelt es sich um einen voll funktionsfähigen Feldharnisch, der durch Abnahme des unteren Teils der Beinpanzerung zu einen leichteren Dreiviertel-Harnisch umfunktioniert werden konnte. Sie diente jedoch wohl weniger dem Kampfeinsatz als vor allem repräsentativen Auftritten im Gefolge des Herzogs.

In einem großen Restaurierungs-Projekt wird Rupperts Harnisch mit den Worten des zuständigen Kurators Dr. Marcus Pilz nun „fit für die nächsten 400 Jahre“ gemacht. Denn unter der Rüstung, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Veste Coburg ausgestellt wird, befand sich eine Figurine aus Holz, Stroh, Leder und Stoff. Modernen konservatorischen und ästhetischen Ansprüchen wird sie nicht mehr gerecht. Die Miniatur-Rüstung wurde deshalb nun erstmals von dieser Figurine abgenommen, gereinigt und untersucht. Dabei entdeckte man Spuren früherer Reparaturen, die Hinweise auf die Geschichte des Objektes geben, die parallel erforscht wird.

Die historische Figurine wird durch eine neue, maßgefertigte Unterkonstruktion ersetzt. Die Entwicklung und Umsetzung dieser Konstruktion hat gerade erst begonnen und wird voraussichtlich bis ins Frühjahr 2023 dauern. In der Zwischenzeit werden in der Dauerausstellung Teile des Harnischs präsentiert.

Wer war „Hofzwerg“ Ruppert?

„Wir wissen nicht viel über Ruppert oder Rupprecht, wie er an anderer Stelle genannt wurde“, so Dr. Marcus Pilz. Nach 1601 tauchte sein Name nicht mehr in den Akten auf und es erschienen andere Personen, die die Stellung des „Hofzwergs“ übernahmen. „Die Präsenz kleinwüchsiger Menschen war an den Fürstenhöfen der frühen Neuzeit weit verbreitet und ihre Stellung konnte von der eines Unterhalters oder Hofnarren bis der eines engen Vertrauten und Beraters des Fürsten reichen“, erklärt der Kurator weiter. Die so genannten „Hofzwerge“ stammten in der Regel aus einfachen Verhältnissen, wo, neben möglichen genetischen Dispositionen, die Unterernährung der Familien nicht selten eine Ursache für den Kleinwuchs von Kindern war. Unter den harten Lebensbedingungen der Zeit waren die Überlebenschancen solcher Kinder gering, so dass die Aufnahme am Hof häufig als Rettung galt. Zugleich bedeutete sie jedoch die Trennung von Eltern und Familie und ein nicht immer einfaches Leben in einer häufig von Missgunst geprägten höfischen Gesellschaft.

Während das Aussehen von Ruppert nicht überliefert ist, wurde einer seiner Nachfolger namens Jacob Eckel gleich mehrfach mit Herzog Johann Casimir abgebildet. Sein vielleicht bekanntestes Porträt befindet sich im Jagdintarsienkabinett auf der Veste Coburg.

Hinweis:
Am Donnerstag, 17. November 2022, hält Dr. Marcus Pilz um 18 Uhr einen kostenfreien Online-Vortrag (Zoom) zum Thema. Anmeldung: sekretariat@kunstsammlungen-coburg.de