900 Jahre Kunreuth: Uraufführung eines filmischen Streifzugs „ernster und lockerer Art durch die Historie“
Katholisch oder evangelisch – die Krapfen zeigen es an
Zum 900 Jahr-Jubiläum von Kunreuth haben Joachim Häntzschel und Eberhard Heiser einen filmischen Nachtrag vorwiegend heiterer Art geschaffen.
von unserem Mitarbeiter Mike Wuttke
Die Menschen in den Mittelpunkt der Gemeinde stellen. Das war der Wunsch vieler Akteure bei der Gestaltung des Ortsjubiläums von Kunreuth mit dem Blick auf 900 ereignisreiche Jahre. Es wurden Jubiläumsgazetten herausgegeben, es gab eine Bilderausstellung mit zahlreichen Fotodokumenten, und bei der Begehung der Hör-Pfade gab es viel über die Entwicklung des Ortes zu erfahren. Im Nachklang kam jetzt ein filmischer Streifzug „ernster und lockerer Art durch die Historie“ hinzu.
Am Wochenende hatte der Film, in rein privater Initiative von Filmemacher Joachim Häntzschel und dem „Forchheimer Nachtwächter“ Eberhard Heiser geplant und in Szene gesetzt, im Gemeindehaus von Kunreuth seine Uraufführung. Es ist ein gelungener Abschluss des Jubiläumsjahres, das eigentlich 2020 gefeiert werden sollte, aber durch die Beschränkungen der Corona-Pandemie in die Verlängerung geschoben wurde.
Das Interesse an den beiden Abenden war rege. Viele Besucher, die in dem 45-Minuten-Werk eine „Rolle spielten“ wollten sehen, wie sie in Szene gesetzt waren. Zur Premiere konnte Eberhard Heiser Landrat Dr. Hermann Ulm (ein Kunreuther) und den Forchheimer Oberbürgermeister Dr. Uwe Kirschstein begrüßen. Bürgermeister Ernst Strian bediente Laptop und Beamer und wirkte auch in einigen Szenen mit.
Einblicke in Leben und Eigenheiten
Eberhard Heiser, der mit seiner Familie einige Jahre in Kunreuth gewohnt hatte, war für einen Vortrag angefragt worden. Er wollte nicht die 900 Jahre Revue passieren lassen, die bereits die Lehrerin, Kreisrätin und Ehefrau des Pfarrers, Regina Bullemer-Hanke niedergeschrieben hatte, sondern überlegte sich Einblicke in das Leben und die Eigenheiten der Kunreuther. Schließlich kam ihm die Idee, diese Einblicke zusammen mit Joachim Häntzschel, der über einen Filmclub in Wiesbaden zu seinem Hobby kam und es in 20 Jahren perfektionierte, filmisch umzusetzen.
Das Ganze geschieht mit Rückgriff auf geschichtliche Fakten, auf Bekanntes und Unbekanntes, auf das was so dem Volksmund entspringt und auf das, was man den Kunreuthern nachsagt. Dabei schlüpft der Forchheimer Nachtwächter in die Rolle des Zeitzeugen, um in die dörfliche Szenerie von Lukas-Kirche, Schloss, Schnapsbrennerei, Gemeindeladen oder Trachtenstube einzutreten. Eberhard Heiser zeigt dabei sein Talent, alles in Reimform gießen zu können, so wie man ihn vom Forchheimer Weihnachtsmarkt kennt. Meist augenzwinkernd, manchmal mit erhobenem Zeigefinger, dabei Pikantes aus dem Allzumenschlichen nicht verschweigend.
Katholisches Blut dickflüssiger?
Hervorgehoben wird immer wieder die Rolle der Gemeinde in der Reformation und die Tatsache, dass das evangelische Kunreuth eine Enklave in der sie umgebenden katholischen Gemeinden darstellt. So will der Nachtwächter vom örtlichen Arzt wissen, welches konfessionelle Blut dick- oder dünnflüssiger ist, und im dörflichen Laden lässt er sich die Form der katholischen (Knie-) und evangelischen (Kissen-) Krapfen zeigen. Das Schloss derer von Egloffstein spielte einmal eine denkwürdige Rolle, als es der Marodeur Alcibiades aus Kulmbach niederbrannte und 39 männliche Personen im Obstgarten aufhängen ließ. Im Bauernkrieg war das unterdrückte ländliche Volk auch gegen den Adel in Kunreuth gezogen. Für die Filmszene stellten sich einige Komparsen aus Forchheim zur Verfügung, für die „Bewaffnung“ stellte Heinz Söhnlein aus Burk bäuerliches Gerät zur Verfügung.
Nicht unerwähnt ließ Heiser, dass Kunreuths Bevölkerung zu einem Drittel aus Juden bestand, die Synagoge und Schule betrieben, dass ein großer Sohn, Friedrich von Müller, es zum Staatskanzler des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach brachte und ein enger Freund Goethes wurde, und dass Kunreuth gleich zwei Landräte hervorbrachte, nämlich Fritz Strian und Hermann Ulm.
In einigen Szenen begleiten Musikus Franz Josef Saam und Hermann Ulm an der Kunreuther Orgel, der Kirchenchor und die A capella-Gruppe „Troubadour“ treten gesanglich hervor, während vom Posaunenchor bei der Konfirmation leider nur die Musiker zu sehen sind. Egal. Es gab viel Beifall und Dankesworte samt Präsente für die beiden Filmemacher.
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