In Franken nur noch im Fichtelgebirge: Die Orchidee des Jahres 2023
Das Herzblättrige Zweiblatt (Neottia cordata) ist die Orchidee des Jahres 2023
Alljährlich im Herbst treffen sich die Vorstände der Arbeitskreise Heimische Orchideen (AHO) in Arnstadt (Thüringen), zu denen auch Adolf Riechelmann aus Kersbach als Vorsitzender des AHO Nordbayern gehört, und proklamieren die Orchidee des Jahres. Mit dem Herzblättrigen Zweiblatt als Orchidee des Jahres 2023 haben die Vorstände in Deutschland eine Art gewählt, die durch den Klimawandel sehr bedroht ist. Die Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft hat in den letzten Jahren einen einschneidenden Rückgang dieser Art eingeleitet. In mehreren deutschen Bundesländern steht sie vor dem Aussterben. Im Alpenraum ist das Herzblättrige Zweiblatt noch etwas häufiger anzutreffen, wobei aber auch hier die bekannten Fundorte nicht allzu üppig sind. Außerhalb der Alpen ist die Orchidee auch in Bayern extrem selten. So gibt es in ganz Nordbayern nur noch zwei aktuelle Fundorte im Fichtelgebirge bei Fichtelberg.
Viele Vorkommen sind vor allem durch die intensivierte Waldbewirtschaftung, Trockenlegung von Mooren und erhöhte Düngung der angrenzenden Landwirtschaftsflächen bereits erloschen.
Der Name beschreibt die beiden herzförmigen Blätter. Eine weitere Bezeichnung – Kleines Zweiblatt – weist auf die Kleinwüchsigkeit der Orchidee hin.
Das Herzblättrige Zweiblatt gehört zu unseren unscheinbarsten Orchideen und wird auch von Orchideenfreunden häufig übersehen, so dass ihr Rückgang nur wenig bemerkt wird. Blühende Exemplare erreichen eine Höhe von 7-15 cm. Charakteristisch sind die beiden herzförmigen, gegenständigen Blätter, die horizontal abstehen. Der zarte Stängel ist tief in Moospolster eingesenkt, einen Blütentrieb bilden nur kräftige Pflanzen aus. Er ist locker mit 5-10 sehr kleinen Blüten besetzt, die im frischen Zustand weit geöffnet sind.
Die Blütezeit liegt je nach Höhenlage zwischen Ende Mai und Anfang Juli. Die Entwicklung bis zur blühenden Pflanze dauert zwischen 8 und 15 Jahren. Aus vegetativer Vermehrung durch Wurzelschösslinge entstandene Pflanzen können bei günstiger Entwicklung bereits im dritten Jahr zur Blüte gelangen.
Das Herzblättrige Zweiblatt gedeiht vorwiegend in regenreichen und luftfeuchten Nadelforsten auf moosigen Untergrund in Gebieten mit über 1000 mm Jahresniederschlag. Da die Art in lockeren, leicht sauren Humusschichten siedelt, kann der Unterboden auch aus basenreichen Gesteinen aufgebaut sein, solange die Individuen keinen direkten Kontakt zum basischen Unterboden haben.
Das Herzblättrige Zweiblatt ist durch erhöhte Stickstoffeinträge aus der Luft und den Klimawandel mit Erwärmung, zurückgehenden Regenmengen und Borkenkäferplage bedroht. In den typischen Biotopen der Art verändert das Fichtensterben zusätzlich das Mikroklima, da das feuchte und kühlere Waldklima sowie der Sonnenschutz verloren gehen. Der örtliche Biotopschutz der beiden verbliebenen Wuchsorten im Fichtelgebirge ist unabdingbar. Hierzu gehören eine hinreichende Wasserhaltung in den Feuchtgebieten und eine Ermöglichung der Naturverjüngung ohne einen Kahlschlag.
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