Bamberg: Öffentliche Ausschreibung für Freischankfläche auf der Unteren Brücke wird vorbereitet
Biergarten auf der Unteren Brücke: Stadtrat gibt Ausschreibung in Auftrag
Für einen Weiterbetrieb der Freischankfläche muss es viele rechtliche Auflagen geben, deshalb wird auch ein Plan B ins Auge gefasst.
Die Freischankfläche auf der Unteren Brücke bewegt die Menschen in Bamberg. Das hat sich bereits bei der Bürger:innen-Befragung zu diesem Thema gezeigt, an der sich über 1000 Bamberger:innen beteiligt haben, und das war auch bei der Debatte im Stadtrat am Mittwoch spürbar. Nach gut einstündiger, lebhafter Auseinandersetzung folgte das Gremium am Ende mehrheitlich dem Vorschlag der Verwaltung und beauftragte diese eine öffentliche Ausschreibung für einen dauerhaften Betrieb einer Freischankfläche auf der Unteren Brücke vorzubereiten.
„Dieses Jahr war der provisorische Brückenbiergarten ein befristeter Testlauf zu erleichterten Bedingungen. Deshalb müssen wir uns auch auf den Fall vorbereiten, dass wir nach einer Ausschreibung zu veränderten Konditionen keinen Betreiber finden könnten“, betonte Oberbürgermeister Andreas Starke bei der Vollsitzung. Die Lösung könnte in einem kommunalen Ordnungsdienst bestehen, dessen Realisierung im Rahmen der Haushaltsberatungen zu prüfen ist. Für Starke ist klar: „Wir dürfen nicht riskieren, in die Zustände aus dem Jahr 2021 zurückzufallen.“
Den Ausgangspunkt für die Einrichtung eines Biergartens auf der Unteren Brücke bilden die dortigen Exzesse im Sommer 2021. Die Corona-Pandemie schränkte damals die Möglichkeiten für junge Menschen stark ein, am Abend gemeinsam zu feiern. Die Clubs waren geschlossen, Konzerte fanden nur vereinzelt statt. So entwickelte sich die bereits zuvor sehr beliebte Untere Brücke direkt unterhalb des historischen Brückenrathauses mit Blick auf Klein-Venedig zu einem über Bambergs Grenzen hinaus bekannten Party-Hotspot. Dies brachte negative Begleiterscheinungen wie nächtlichen Lärm, Müll und Schlägereien in Folge von erhöhtem Alkoholkonsum mit sich. Alle Versuche der Stadt, gemeinsam mit der Polizei der Lage vor Ort Herr zu werden, konnten an der Situation nichts ändern. Im Frühjahr 2022 beschloss der Stadtrat, dort einen Probebetrieb für eine Freischankfläche mit 140 Sitzplätzen vom 16. April bis 15. Oktober zu ermöglichen – mit dem eindeutigen Ziel, durch die Bewirtung und mit Hilfe von Security-Kräften die Lage zu entspannen und Feier-Auswüchse zu verhindern. Als einziger Bewerber erhielt Gastronom Tom Land den Zuschlag für die Umsetzung.
1032 Fragebögen ausgefüllt
Ein halbes Jahr später stellt sich nun die Frage: Wurde das Ziel erreicht? An einer analogen und digitalen Befragung der Bürger:innen, die von der Stadtverwaltung als Entscheidungsgrundlage für den Stadtrat durchgeführt und ausgewertet wurde, nahmen rund 1030 Menschen ein. Die Mehrheit der Befragten bejahte die Verbesserung der Zustände im Jahr 2022. Sowohl die Ruhestörungen (37 Prozent Ja, 21 Prozent Nein) als auch die Verschmutzungen (49 Prozent Ja, 22 Prozent Nein) auf der Unteren Brücke wurden eingedämmt, bestätigten die Antworten in den Fragebögen. Relativ viele Teilnehmer:innen enthielten sich jedoch der Bewertung, da sie den Sachverhalt „nicht beurteilen“ könnten. Die Frage „Würden Sie generell eine dauerhafte Freischankfläche in den Sommermonaten auf der Unteren Brücke begrüßen?“ brachte allerdings ein eindeutiges Ergebnis: Über 70% der Befragten würden eine Fortführung überhaupt nicht bzw. eher nicht begrüßen. Eine genauere Analyse der nicht-repräsentativen Umfrage lässt erkennen, dass das Alter und der Wohnort die Antworten beeinflussen. Umso älter die Befragten sind, umso positiver bewerten sie die Freischankfläche. Allerdings gibt es in keiner Altersklasse eine Mehrheit für einen Weiterbetrieb. Diese lässt sich jedoch bei den Fragenbögen finden, die von Anwohnern und Mitgliedern der Bürgervereine ausgefüllt wurden.
Diese Erkenntnisse der Befragung wurden den Stadträten in der Vollsitzung im Spiegelsaal der Harmonie in einer Tischvorlage ausführlich dargelegt. Sie werden demnächst auch vollständig auf der Beteiligungsplattform www.bamberg-gestalten.de nachzulesen sein. Außerdem legte die Verwaltung in Rahmen einer umfassenden Evaluation weitere Stellungnahmen und Einschätzungen von Ämtern, Behörden und Institutionen vor.
Bewertungen und Auflagen
So zieht die Polizei Bamberg-Stadt eine positive Bilanz des Sommers: „Die Situation auf der Unteren Brücke hat sich deutlich entspannt.“ Die Gründe könnten durchaus in der gastronomischen Nutzung liegen, jedoch sei „auch der gesamtgesellschaftliche Umgang mit der Pandemie mittlerweile entspannter“. Auch das Ordnungsamt, das Klima- und Umweltamt sowie der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband äußern sich zufrieden mit dem Testversuch.
Sehr kritisch bewerten hingegen das Zentrum Welterbe und der Denkmalschutz den Probelauf. Die bisherige Optik des Biergartens stelle „eine Beeinträchtigung der Wirkung des überlieferten künstlerischen Erscheinungsbildes der sensiblen Umgebung mit dem historischen Brückenrathaus im Herzen des Weltkulturerbes dar“. In einer Stellungnahme forderte die Junge Initiative, das „Experiment Brücken-Biergarten“ zu beenden, da es sich nicht bewährte habe. Stattdessen solle städtisches Personal eingesetzt werden, das präventiv und deeskalierend arbeitet, um für Sicherheit und angemessene Ruhe in der Innenstadt zu sorgen.
Weitere Ämter der Stadtverwaltung weisen darauf hin, dass bei einem Dauerbetrieb der Freischankfläche etliche rechtliche Anforderungen zu erfüllen seien, die für den Probebetrieb ausgeblendet wurden. So wird eine feste Betriebseinrichtung in einem Gebäude gefordert, wo unter anderem Speisen zubereitet und Lebensmittel gelagert werden können, und der Nachweis von Toiletten. Die Fläche um die Mitoraj-Skulptur müsse dauerhaft freigehalten werden, um den Anforderungen des Denkmalschutzes und des Straßenverkehrsamts nachzukommen. Außerdem seien über einen Auflagenkatalog verschiedene Details zu regeln (z.B. Stellplätze, Flucht- und Rettungswege, Anforderungen an Mobiliar und Umgebung, Einrichtung eines Sicherheitsdienstes etc.). Zudem sei ein Vergabeverfahren über eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen.
Stellungnahme des Gastwirts
Persönlich zog dann Gastronom Tom Land in der Vollsitzung kurz eine positive Bilanz und erklärte sein grundsätzliches Interesse, den Biergarten auch in den nächsten Jahren dort fortführen zu wollen. Nach anfänglichen Anfeindungen sei die Bewertung des Biergartens mit dem Tag der Öffnung ins Positive umgeschlagen. Bei der anschließenden Aussprache waren sich die Stadträtinnen und Stadträte einig, dass es zu solchen Zuständen wie im Sommer 2021 nicht erneut kommen dürfe und dass dies heuer auch nicht geschehen sei. Während jedoch die einen die gastronomische Nutzung als ursächlich für die Verbesserung der Situation ansehen und deshalb einen Weiterbetrieb für sinnvoll erachten, glauben andere Stadträte, dass es bedingt durch die Öffnung der Clubs und den nachlassenden Corona-Einschränkungen ohnehin keinen Party-Hotspot an der Unteren Brücke gegeben hätte. Sie beklagten deshalb die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums und forderten ein Ende für die Freischankfläche.
Am Ende fand der Verwaltungsvorschlag, eine Ausschreibung für eine dauerhafte Freischankfläche vorzubereiten, eine knappe Mehrheit. Gleichzeitig sorgte Oberbürgermeister Andreas Starke für den Fall vor, dass es auf die Ausschreibung keine Rückmeldungen gibt. Er nahm die Stadträte in die Pflicht, bei den anstehenden Haushaltsberatungen Geld für die Einrichtung eines kommunalen Ordnungsdienstes vorzusehen. „Wir dürfen nicht den Fehler machen, blind in das neue Jahr und in den Sommer 2023 zu gehen. Ein solcher Ordnungsdienst hätte zudem den Vorteil, dass er nicht nur an der Unteren Brücke nächtliche Entgleisungen in der Innenstadt verhindern könnte“, hob Starke hervor.
Absturzsicherung kommt im Frühjahr
Im Rahmen der Behandlung der Thematik gab die Verwaltung auch einen Überblick, was für die Installation eines Sicherheitsgeländers auf der Unteren Brücke schon passiert ist. Von 20 Arbeitsschritten sind Dreiviertel inzwischen vollzogen. Der TÜV hatte bekanntlich bei einer Untersuchung festgestellt, dass es erforderlich ist, die Absturzsicherung durch geeignete Maßnahmen zu verbessern. Insbesondere wurde Optimierungsbedarf für Länger-Sitzende in Zusammenhang mit Alkohol-Konsum gesehen.
Der Stadtrat hatte sich im Frühjahr auf ein Muster für ein Metall-Geländer festgelegt, das frühestens im dritten Quartal 2022 angebracht werden sollte.
Bereits damals war dies ein ambitionierter Termin, denn die technischen und statischen Voraussetzungen mussten genauso erfüllt wie das Vergaberecht eingehalten werden. Und dies bei einer sich zunehmend verschärfenden Liefersituation. Diese Herausforderungen kamen nun voll zum Tragen, so dass die Montage erst im nächsten Jahr erfolgen kann.
Die zuständigen Bamberger Service Betriebe (BSB) trieben seit der Stadtratsentscheidung das Projekt beständig voran. So wurde im Mai die Brücke genau vermessen und die wichtige Spangliedortung vorgenommen. Letztere ist von großer Bedeutung, da diese Spanglieder – im Wesentlichen sind das dicke, lange Spanndrähte – nicht beschädigt werden dürfen, um die Statistik des Bauwerks nicht zu gefährden. Gleichzeitig fand einige Meter von der Kunigunden-Statue entfernt eine Sanierung des Betons an der Brüstung statt. „Auf einer Länge von fünf Metern hatten sich zahlreiche Risse gebildet. Diese Stelle musste vorab saniert werden, bevor die Absturzsicherung sicher montiert werden kann“, erklärte Baureferent Thomas Beese. Diese Maßnahme wurde im August umgesetzt.
Nächster Schritt: Auftragsvergabe
Parallel dazu liefen die Planungen für die eigentliche Absturzsicherung, für die vor allem auch statistische Berechnungen und eine Werkplanung zu erstellen waren. Mitte Oktober wurde die Ausschreibung fertiggestellt und veröffentlicht. Die Vergabe des Auftrags wird dann als nächstes erfolgen. Allerdings ist danach vermutlich mit einer längeren Wartezeit zu rechnen, bis tatsächlich die Arbeiten beginnen können. Dies liegt zum einen am Messing, das teilweise für das Geländer verwendet werden soll und bei dem aktuell mit Lieferzeiten von acht bis zwölf Wochen zu rechnen ist. Zum anderen spielt auch das Wetter eine Rolle, denn die Montage vor Ort ist nicht bei Minusgraden möglich. Es könnte also durchaus bis zum zweiten Quartal dauern, bis die Installation umgesetzt wird.
Muss sich die Stadt inzwischen Sorgen machen, weil der TÜV eine Absturzsicherung gefordert hat? Oberbürgermeister Andreas Starke erklärt: „Ich habe im Frühjahr vor Ort mit dem zuständigen TÜV-Gutachter gesprochen. Er hat damals signalisiert, dass die Maßnahme zeitnah umgesetzt werden soll, aber dies allein schon auf Grund der Lieferengpässe und formalen Voraussetzungen dauern werde. Das war unproblematisch für ihn.“ Außerdem sei der reine Durchgangsverkehr vollkommen sicher.
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