Erste „Fränkische Alexander von Humboldt-Akademie“ in Bayreuth
Erste „Fränkische Alexander von Humboldt-Akademie“ im IWALEWA-Haus der Universität Bayreuth widmete sich den fränkischen Jahren des Universalgelehrten
Das Alexander von Humboldt – Kulturforum Schloss Goldkronach hat ein neues Veranstaltungsformat entwickelt: die „Fränkische Alexander von Humboldt – Akademie“, die in der Region Bayreuth und darüber hinaus das Bewusstsein für die Bedeutung der fränkischen Jahre des jungen Humboldt vertiefen will.
Hartmut Koschyk, der Vorsitzende des Alexander von Humboldt-Kulturforums konnte zum Auftakt der neuen Veranstaltungsreihe im Iwalewa-Haus der Universität Bayreuth zahlreiche Humboldt-Interessierte aus nah und fern begrüßen, die gekommen waren, um Wissenswertes über den Universalgelehrten in seinen „fränkischen Jahren“ von 1792 bis 1797 zu erfahren.
Ein Tagesseminar dieser Größenordnung sei vom Kulturforum alleine nicht zu schultern, so Koschyk. Insofern schätze man sich glücklich, mit dem Regionalmanagement der Region Bayreuth seit 2019 einen starken Partner an der Seite zu haben und die nötige finanzielle Unterstützung zu erhalten. Koschyk richtete seinen Dank an den Bayreuther Oberbürgermeister Thomas Ebersberger, an den Bayreuther Landrat Florian Wiedemann, an die Leiterin der Regionalentwicklung, Eva Rundholz, sowie an die neue Regionalmangerin der Regionalen Entwicklungsagentur für den Landkreis Bayreuth, Katharina Schrenker.
Koschyk dankte allen weiteren Kooperationspartnern, auf deren Unterstützung der Veranstaltung das Kulturforum zählen könne: die Universität Bayreuth, die Katholische Erwachsenenbildung, das Evangelische Bildungswerk, der Historische Verein für Oberfranken sowie der Frankenbund Ortsgruppe Bayreuth. Der Historische Verein für Oberfranken war durch seinen 2. Vorsitzenden, den Altlandrat von Wunsiedel Dr. Peter Seißer vertreten. Für das Evangelische Bildungswerk Oberfranken Mitte nahm Frau Pfarrerin Dr. Angela Hager an der Veranstaltung teil. Auch der Geopark Bayern-Böhmen war dem Tagesseminar mit seinem Geschäftsführer Dr. Andreas Peterek vertreten.
Der Bayreuther Oberbürgermeister Thomas Ebersberger signalisierte in seinem Grußwort auch für die Zukunft die Unterstützung des Humboldt-Kulturforums durch das Regionalmanagement für die Stadt und den Landkreis Bayreuth und überbrachte auch die Grüße von Landrat Florian Wiedemann. Mit dem genialen Wissenschaftler Alexander von Humboldt könne und müsse man die Region, die einst Bergbauregion war, weiter aufwerten, die Bedeutung Alexander Humboldts für Franken sowie die Prägung Frankens auf Humboldts späteres Leben noch viel stärker ins öffentliche Bewusstsein rufen. Hierbei komme dem Humboldt-Kulturforum eine wichtige Bedeutung zu.
Kulturforums-Vorsitzender Hartmut Koschyk überreichte Oberbürgermeister Thomas Ebersberger einen „Geist Humboldts“ der Goldkronacher Edelbrennerei Rabenstein sowie der Regionalmanagerin Eva Rundholz die „Humboldt-Rose“ der Rosenzucht Kordes.
Professor Dr. Martin Ott, Direktor des Instituts für fränkische Landesgeschichte der Universitäten Bayreuth und Bamberg, eröffnete die Vortragsreihe mit seinem Redebeitrag „An der Zeitenwende. Politische Entwicklungen in Alexander von Humboldts fränkischen Jahren“. Besagte Zeitenwende, die Zeit des politischen Umbruchs mit einer Neuordnung der Territorien, ist um 1800 herum zu verorten. Dominierte im Heiligen Römischen Reich eine sehr stabile Ordnung mit streng festgelegten Hierarchien und einem geordneten Machtübergang innerhalb der Herrscherhäuser, so brachten die politischen Veränderungen jetzt alte Strukturen ins Wanken. Rationalität zieht ein, was nicht gebraucht wird, wird abgeschafft. Zu Humboldts Zeit in Franken gab es keine zentrale Verwaltung, das Gebiet war „durchlöchert“ (territorium non clausum). Minister von Hardenberg, der Humboldt sozusagen „entdeckt“ und nach Franken geholt hatte, sollte als Statthalter die Region an preußische Verhältnisse anpassen.
Der Münchner Autor und Humboldt-Experte Dr. Frank Holl sprach zum Thema „Humboldt in Franken – die Geburt seines globalen Forschungsprogramms“. Was war Humboldt für ein Mensch, als er nach Franken kam? Zwar hatte er in Berlin zusammen mit seinem Bruder eine umfassende Bildung erhalten, dennoch fühlte er sich unglücklich, eingeengt, unzufrieden mit sich selbst. Er war ein ewig „Getriebener“, der nur zufrieden ist, wenn er drei Sachen gleichzeitig erforschen kann. Er kam mit nur vier Stunden Schlaf aus, bereist neben seinen Forschungen im Bergbau viel umher und macht selbst bei den Kutschfahrten Aufzeichnungen über die gewonnenen Eindrücke. Zahlreiche wissenschaftliche Selbstversuche prägten seine Arbeit als Oberbergmeister und er war schon zu seiner Zeit in Franken ein in ganz Deutschland gefragter Wissenschaftler. Die Frage nach der Herkunft der Gesteine beschäftigte ihn stark und er kam zur Erkenntnis, dass sie nicht nur aus Ablagerungen im Meer entstanden sind, sondern dass es auch vertikale Gesteinsschichten (durch Vulkanismus) gibt. Schon in seiner fränkischen Zeit tritt er in die physische Weltbeschreibung ein, die er in Bayreuth entwickelt hat und die ihn sein ganzes Leben lang begleitet.
Der dritte Referent, Dr. Eberhard Schulz-Lüpertz, hat Astronomie und Physik studiert, beschäftigt sich aber viel mit wissenschaftshistorischen Themen. Sein Referat trug den Titel „Der edle Stifter dieser Anstalt – Reminiszenzen an den Oberbergmeister Humboldt“. „Stifter dieser Anstalt“ deshalb, weil er Bergschulen einführte, sich um die Sicherheit und Versorgung der Bergleute kümmerte, Rettungsgeräte entwickelte und eine Witwenkasse gründete. Hardenberg überzeugte er von einem modernisierten Bergbau, indem er z. B. Hilfsmittel wie das Schwarzpulver einsetzte und so die Gewinne rasch verdoppeln konnte. Das verlieh dem Goldbergbau in Franken zwar noch einmal einen großen Schub, konnte dessen Untergang aber nicht aufhalten. Auftritte Humboldts in preußischer Bergmannsuniform während seiner Mittelamerikareise zeigen, dass er stolz war auf seine fränkische Zeit und sich gerne als preußischer Bergmann im Ausland präsentierte.
Dr. Ingo Schwarz, langjähriger Leiter der Humboldt-Forschungsstelle der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften referierte zum Thema „Alexander von Humboldts späteres Wirken für die Wissenschaften in Bayern“. Der Einfluss Humboldts auf den Wissenschaftsstandort Bayern war enorm. Auf dem Wandfresko von Engelbert Seibertz im Akademiesaal des Maximilianeums lässt sich – wenn auch nur fiktiv – erkennen, dass er mit nahezu allen renommierten Wissenschaftlern und Künstlern bekannt war, sie förderte und auch als Berater des Königs Maximilian II. empfahl. Alexander von Humboldt konnte sich eines seltenen Privilegs rühmen: er durfte sich persönlich an den Bayerischen König wenden, den er schon als Kronprinz kennen gelernt hatte und mit dem ihn eine gegenseitige Wertschätzung verband. Eine ganz andere Besonderheit verband den Bayerischen König mit Humboldt: ein Papagei, genauer gesagt ein schwarzer Vasa-Papagei aus Madagaskar, der den Weg von König Maximilian II über Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach zu Humboldt fand. Seine dreißig letzten Lebensjahre verbrachte er mit dem gelehrigen Vogel in Berlin, der die Besucher im Haus Humboldt oft mit dem Satz „Viel Zucker, viel Kaffee, Herr Seifert!“ unterbrach. Seifert war der treue langjährige Diener, bei dem Humboldt seinen Kaffee bestellte.
Auch die Referenten der Auftaktveranstaltung der „Fränkischen Alexander von Humboldt-Akademie“ des Humboldt-Kulturforums wurden mit dem „Geist Humboldts“ und Schriften des Humboldt-Kulturforums bedacht.
Das Tagesseminar, bei dem die Teilnehmer in den Pausen eifrig mit den Referenten diskutierten konnten, beschloss Vereinsvorsitzender Hartmut Koschyk mit dem Hinweis, dass das Humboldt- Kulturforum in absehbarer Zeit einen entsprechenden Tagungsband herausgeben werde.
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