Bayreuth: Der polnische Universitätsprofessor Dr. Maciej Henryk Taborowski sprach über die „Unabhängigkeit polnischer Richter“ bei der Juristischen Gesellschaft für Ober- und Unterfranken
Vortrags- und Diskussionsveranstaltung der Sektion Bayreuth der Juristischen Gesellschaft für Ober- und Unterfranken
Am Donnerstag, 22. September 2022 hatte die Sektion Bayreuth der Juristischen Gesellschaft für Ober- und Unterfranken zu einem Diskussions- und Vortragsabend unter dem Titel „Unabhängigkeit polnischer Richter. EU-Recht als Schutzschild in der Rechtstaatskrise?“ in den Festsaal des Justizgebäudes II eingeladen. Als Referent konnte der polnische Rechtsanwalt und Universitätsprofessor Dr. Maciej Henryk Taborowski gewonnen werden, der unter anderem auch Klagen polnischer Richter vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die polnische Justiz betreffende Maßnahmen der polnischen Regierung vertritt.
Prof. Dr. Taborowski gilt in Fachkreisen als ausgewiesener Fachmann und befasst sich wissenschaftlich schon seit langem mit den Mechanismen zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit der Mitgliedsstaaten im Recht der Europäischen Union und dem Schutz der Herrschaft des Rechts.
Matthias Burghardt, Präsident des Landgerichts und gleichzeitig Sprecher der Sektion Bayreuth, erinnerte in seiner Begrüßung der zahlreich erschienenen Gäste an die jüngere polnische Geschichte seit den 1980er Jahren. Seitdem mit der Parlamentswahl im Jahr 2015 die nationalkonservative Partei PiS („Recht und Gerechtigkeit“) die Regierung stelle, sei in Polen ein immer stärkerer europakritischer Kurs zu beobachten. Die aktuelle polnische Regierung versuche immer unverblümter, Presse und Justiz unter ihre direkte Kontrolle zu bringen und ihre Unabhängigkeit auszuhöhlen.
Prof. Dr. Taborowski zeigte in seinem Vortrag sehr anschaulich die zahlreichen, vielfach nicht einmal juristisch verbrämten Anstrengungen der PiS-Regierung auf, die polnischen Gerichte mit willfährigen Richterinnen und Richtern zu besetzen.
Diese Bemühungen hätten mit der willkürlichen Pensionierung von Richtern des Obersten Gerichtshofes begonnen, der nächste „Angriff“ habe dann dem Nationalen Justizrat gegolten.
Richterinnen und Richter, insbesondere solche, die sich weiterhin dem geltenden Grundsatz des Vorrangs des europäischen Rechts verpflichtet sähen, würden versetzt oder gegen sie würden Disziplinarverfahren eingeleitet. Diese Verfahren würden vielfach faktisch nicht vorangetrieben, was eine zeitlich unbegrenzte Suspendierung und Gehaltskürzung zur Folge habe. Zudem würden „Hetzkampagnen“ gegen die Richterschaft insgesamt das polnische Volk aufwiegeln, was bereits zu einem erheblichen Vertrauensverlust in die polnische Justiz geführt habe.
Prof. Dr. Taborowski zeigte sich trotz dieser ernüchternden Situation in seinem Heimatland überzeugt davon, dass die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ungeachtet des Umstandes, dass sie von der polnischen Regierung vielfach missachtet würden, eine herausragende Bedeutung für Polen hätten, da diese klaren und eindeutigen Entscheidungen nach einem möglichen Regierungswechsel eine „Rückabwicklung“ von Entscheidungen nicht rechtsstaatsmäßig besetzter Gerichte erleichterten Die Diskussion der Besucher, die auch während des sich anschließenden Empfangs weitergeführt wurde, zeigte einerseits die tiefe Betroffenheit über die von der PiS-Regierung mit weitgehend schlichten Mitteln vorangetriebene Demontage der ehemals unabhängigen polnischen Justiz und beförderte andererseits das Nachdenken über möglicherweise notwendige Absicherungen dieser Unabhängigkeit in Deutschland vor einem wie auch immer gearteten möglichen parteipolitisch motivierten Zugriff in der Zukunft.
In allen Gesprächen und Reaktionen zeigten sich die Zuhörer tief beeindruckt von der Zuversicht und dem unerschrockenen Einsatz von Prof. Dr. Taborowski für die Durchsetzung europäischer Rechts- und Justizstandards in seinem Heimatland.
Ein ausführlicher Bericht über die Veranstaltung findet sich auf der Homepage des Landgericht Bayreuths hier.
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