Erntebilanz des Bauernverbandspräsidenten von Oberfranken
Warum die Lebensmittelpreise explodieren – Daran sind mehrere Faktoren schuld
Die Lebensmittelpreise steigen und steigen und es ist noch kein Ende der Preisspirale in Sicht. Dies liegt nicht nur an der Inflation und dem Krieg in der Ukraine, sondern auch an der enormen Trockenheit in diesem Jahr. „Denn Hitze und Trockenheit sorgen für eine unterdurchschnittliche Erntebilanz in Bayern und ganz Deutschland“, sagt der Präsident des Oberfränkischen Bauernverbands Hermann Greif aus Pinzberg, der auch Bayerischer Getreidepräsident ist.
„Je knapper ein Gut wird, um so teurer wird es.“ Das ist eine alte Weisheit die gerade voll zutrifft. Für Bier braucht man Braugerste die auf 30 000 Hektar Ackerfläche im Landkreis Forchheim angebaut wird. Und gerade bei der Braugerste gibt es heuer riesige Defizite in der Erntemenge von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nicht viel besser sieht es bei Weizen und Roggen aus, was vor allem der Bäcker für Brot und Brötchen braucht. Hier ist der Ertrag um mindestens 30 Prozent eingebrochen. Mit gleichzeitig sinkender Erntemenge sind die Energie, Futter- und Düngekosten für die 1400 Landwirtschaftsbetriebe im Landkreis Forchheim enorm gestiegen. 85 Prozent dieser Betriebe sind Nebenerwerbslandwirtschaften. „Damit ist der Landkreis Forchheim in Bayern Spitzenreiter“, so Greif. Was vor allem am Obstanbau im Landreis Forchheim liegt. Die Landwirtschaft ist aber nicht der Hauptgrund, dass alles teurer wird. Etwa 1,5 Cent Weizen stecken in einem Brötchen. Verdoppelt sich der Weizenpreis dann sind es 3 Cent. An der Ladentheke wird das Brötchen aber nicht um 1,5 Cent teurer, sondern um 15 Cent. Das ist das Zehnfache, weshalb sich der Preisanstieg am allerwenigsten durch die Landwirtschaft erklären lässt. „Im Lebensmitteleinzelhandel wird gerade richtig Geld verdient und Gewinn gemacht“, so der Bauernpräsident. Allerdings steigen dort auch die Energie- Lohn- und Transportkosten.
Richtig heftig trifft der Ernteausfall den Silomais. Er wird zur Stromerzeugung in Biogasanlagen und als Futtermittel dringend benötigt. „Beim Mais ist wegen der Dürre der halbe Ertrag weggebrochen und die Rinderhalter kaufen Futter auf wo sie es nur kriegen können“, so Greif. Der eine oder andere Tierhalter wird deshalb seine Tierbestände reduzieren müssen, weil ihm das Futter nicht mehr reicht. Dies bestätigt Dominik Galster aus Gosberg, der 65 Milchkühe plus Nachzucht im Stall stehen hat. Nicht nur der Mais fuhrt zu Futtermangel, sondern auch der Grünschnitt auf den Wiesen. Fast bis zur Hälfte weniger Gras und Heu können heuer geerntet werden, weil es nicht geregnet hat. „Für Milchviehhalter wird das zur Herausforderung“, sagt Galster, der zuerst die Aufzucht verringern würde. Ganz ohne Tierhaltung würden die Erträge aber noch weiter sinken, weil dann der natürliche organische Dünger fehlt. „Die Anbau- und Erntekosten für Futtermittel sind höher als der Ertrag“, bestätigt Galsters Kollege Simon Rauchmann aus Gaiganz, der 30 Milchkühe plus Aufzucht hat. Der Preis für Dünger ist um das Vierfache gestiegen. Kostete ein Doppelzentner Stickstoffdünger kürzlich noch 25 Euro, sind es jetzt schon 100 Euro. Das Dünger so teuer wurde, hängt mit dem Gaspreis zusammen. Wenn es hier noch zu Sanktionen kommt, gibt es bald gar keinen Dünger mehr. Die Folge: Es können noch weniger Lebens- und Futtermittel produziert werden und das meiste muss dann vom Ausland importiert werden, was die Preise für die Verbraucher noch weiter in die Höhe treibt. Fest steht aber für die Landwirte, das sie mehr Geld für ihre Produkte bekommen müssen, weil die Betriebsmittelkosten exorbitant nach oben gegangen sind und die Erträge wegen der Trockenheit weniger wurden.
Ist nur der Klimawandel daran Schuld? Nicht nur, betont Greif und erinnert an frühere Trockenjahre. 1976 sei ein extremes Trockenjahr gewesen, vergleichbar mit diesem Jahr. Schlimm war es auch 2003, dann 2018 und 2019 und nun 2020. „Alleine an der jüngeren Zahlenreihe kann man erkennen, das die Trockenjahre immer häufiger werden. Damit wird zwar die Vegetationszeit auch länger, wenn es aber nicht regnet, wächst nichts. „Das ist unser Problem“, so Greif. „Wenn das nächste Jahr nicht mit gutem Ertrag startet, wird es eine Katastrophe“, sagt er voraus. Und zwar flächendeckend, nicht nur in Franken. Auch in Thüringen oder Sachsen haben die Landwirte massive Probleme um genügend Futter herzubekommen, weil der Anbau auf den eigenen Flächen nicht mehr ausreicht. „Wir sind auf dem bestem Weg unsere Unabhängigkeit bei den Nahrungsmitteln zu verlieren“, mahnt der Bauernverbandspräsident und appelliert an die Politik die hier dringend gegensteuern müsse. Außerdem ist sich Greif sicher, das es zu einem Einbruch der Verbraucherpreise auf dem Weltmarkt dann erst wieder kommt, wenn der Ukraine-Krieg beendet ist und die Ukraine ihre Erzeugnisse wieder ungehindert liefern kann.
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