Oberfrankenweite Präventionsaktion zur Bekämpfung von Callcenter-Betrügereien

symbolfoto polizei

Klappaufsteller, Infobroschüren, Plakate und Kuverts. Kreative Ideen im stetigen Kampf mit den dreisten Telefonbetrügern.

Schockanruf – die Masche dahinter

© Polizei Oberfranken

Neue Infobroschüre © Polizei Oberfranken

Es war 10 Uhr morgens als das Telefon von Frau Ute S. klingelte und sie die drastische Nachricht erreichte: Ihre Enkelin Stefanie hat soeben eine Frau überfahren! Im Hintergrund hört sie ihre aufgelöste Enkelin weinen. Für Ute S. eine absolute Ausnahmesituation, denn ihre geliebte Angehörige erwartet nun laut dem anrufenden Staatsanwalt eine unverzügliche Inhaftierung.

Doch glücklicherweise können der „Polizist“ und der „Staatsanwalt“, zwischen welchen die völlig überrumpelte Frau immer wieder hin- und her verbunden wird, eine entgegenkommende Lösungsmöglichkeit unterbreiten: Durch die Hinterlegung einer Kaution in Höhe von 20.000 Euro verbleibt ihre Enkelin zunächst auf freiem Fuß. Doch zur Sicherung des Verfahrens wäre die sofortige Zahlung des Betrags angeblich unumgänglich. Reden dürfe sie über den Vorfall keinesfalls!

Nicht nur dreist, sondern auch existenzgefährdend

Fälle wie dieser häufen sich in den vergangenen Jahren zunehmend. So stiegen oberfrankenweit die angezeigten Betrugsversuche mittels Schockanruf im Jahr 2021 von 41 auf 693 Fälle an. Auch im Jahr 2022 überziehen beinahe täglich Telefonbetrüger die oberfränkischen Städte und Landkreise mit ihren dreisten Anrufen. Dabei bleiben die meisten Taten im erfolglosen Versuchsstadium stecken, was unterstreicht, dass die Betrugsmaschen durch die umfassende Präventionsarbeit der Polizei bekannt sind. Dennoch gelingt es den Tätern in Einzelfällen hohe Geldsummen der meist wehrlosen Bürgerinnen und Bürger zu ergaunern.

Die Präventionsarbeit der oberfränkischen Polizei – Unterstützung durch Städte und Gemeinden

„Kick-Off-Veranstaltung“ in Hof © Polizei Oberfranken

„Kick-Off-Veranstaltung“ in Hof © Polizei Oberfranken

Zur Bekämpfung des Kriminalitätsphänomens setzt die Polizei Oberfranken auf ein breites Portfolio präventiver Maßnahmen: So wurden in einem ersten Schritt Banken für die Herausgabe größerer Geldbeträge mit Briefkuverts ausgestattet, die auf den Modus Operandi der Betrüger hinweisen.

Dieser präventive Ansatz wird jetzt durch eine Kooperation zwischen Polizei, Städten und Gemeinden weiter ausgebaut. Hierzu lud die Polizei Oberfranken gemeinsam mit der Stadt Hof an diesem Donnerstag zu einer „Kick-Off-Veranstaltung“ in die Räumlichkeiten des Hofer Rathauses ein. Im Rahmen der Veranstaltung wurde ein „Instrument für die eigenen vier Wände“ vorgestellt.

Mittels Klappaufsteller samt Infobroschüre soll die potentielle Zielgruppe der Telefonbetrüger, also vorwiegend die ältere Bevölkerung, im richtigen – und meist letztmöglichen – Moment sensibilisiert werden.

Aufsteller neben dem Telefon. © Polizei Oberfranken

Aufsteller neben dem Telefon. © Polizei Oberfranken

„Unsere Erfahrung zeigt, dass es den Tätern durch geschickte Gesprächsführung gelingt, ihr Gegenüber in eine psychische Ausnahmesituation zu versetzen. Unser Ansatz ist es deshalb, den resultierenden Tunnelblick der Geschädigten durch die Aufsteller, die neben dem eigenen Telefon platziert werden können, im richtigen Moment wieder zu weiten“, so Kriminaldirektor Jürgen Schlee, Dienststellenleiter der Kriminalpolizeiinspektion Hof.

Die Aufsteller und Infobroschüren liegen deshalb ab sofort in allen oberfränkischen Polizeidienststellen aus und zur kostenlosen Abholung bereit. Nach einer ersten Kooperation der Kriminalpolizei Coburg mit dem Landratsamt Kronach sowie den dazugehörigen Städten, Märkten und Gemeinden, sicherte jetzt auch die Oberbürgermeisterin von Hof, Frau Eva Döhla, ihre Unterstützung zu.

„Leider treten auch bei uns häufig Straftaten auf, die sich gezielt gegen den älteren Teil der Bevölkerung richten. Es ist wichtig, dass wir diesen Taten gesamtgesellschaftlich entgegentreten“, so die Oberbürgermeisterin. „Für die Stadt Hof ist es deshalb eine Selbstverständlichkeit, dass Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der alltäglichen Behördengänge für die steigende Zahl der Callcenter-Betrugsfälle sensibilisiert und mit entsprechendem Präventionsmaterial ausgestattet werden“, so Döhla.

Abschließend gab die Präventionsbeauftragte des Polizeipräsidiums Oberfranken, Kriminalhauptkommissarin Katrin Kneidinger, einen Ausblick bezüglich der Ausweitung der Präventionsaktion: „Wir möchten auch die oberfränkischen Schulen einbeziehen, um generationenübergreifend auf das steigende Kriminalitätsphänomen aufmerksam zu machen. Denn wir sind der Meinung, dass gerade die jüngere Bevölkerung in der Verantwortung steht, ihre Angehörigen zu schützen.“

Präventionsarbeit basierend auf verschiedenen Säulen und unterschiedlichen Medien – ein Ausblick

Auch benachbarte Polizeipräsidien setzen bei der Bekämpfung der CCB-Betrügereien auf immer neue und kreative Ideen. So rief das Polizeipräsidium Schwaben-Nord eine Kampagne ins Leben, die unter dem Hashtag #NichtmitmeinerOma, bzw. #NichtmitmeinemOpa vor allem in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram gezielt die jüngere Bevölkerung anspricht. Prominente Persönlichkeiten beteiligten sich bereits an der Aktion. Das Polizeipräsidium Oberfranken greift die genannten Hashtags nun mit auf. Auf den gedruckten Informationsblättern befindet sich das Bild der Kampagne. Alle Informationen dazu sind unter https://www.polizei.bayern.de/schuetzen-und-vorbeugen/senioren/027381/index.html ersichtlich.

Wenn der polizeiliche Weg der Kriminalprävention nach den Sommerferien in die Schulen führt, werden diese Hashtags eine zentrale Rolle einnehmen. Hierüber wird ausführlich nachberichtet.

Zudem richtet das Polizeipräsidium Oberfranken folgenden Appell an alle Bürgerinnen und Bürger: Schließen Sie sich unserer Präventionsarbeit an und schützen sie die ihre Angehörigen! Mit diesen kleinen, aber durchaus wirksamen Bausteinen, kann es uns gelingen, dieses Phänomen im Keim zu ersticken. Holen Sie sich unsere Aufsteller!


Informationen zu Überbegriff „Callcenter-Betrug (CCB)“

2021 verzeichnete die oberfränkische Polizei 1.288 angezeigte Fälle (das sind 164 mehr als im Vorjahr) von Trickbetrügereien. Glücklicherweise wurden hiervon nur 73 vollendet, was die umfassende Aufklärung- und Präventionsarbeit der Polizei unterstreicht. Im Jahr 2020 waren es noch 96 Fälle mit Vermögensschaden bei den meist überrumpelten älteren Menschen. Nur zu erahnen ist aber das Dunkelfeld. Tagtäglich greifen die Betrüger zum Hörer oder dem Smartphone und versuchen ihre dreisten und fingierten Geschichten ihren Opfern schmackhaft zu machen – per Anruf, als WhatsApp-Nachricht oder gar persönlich an der Haustür.

Einzelne Betrugsmaschen legten trotz des Rückgangs der angezeigten Fälle dennoch stark zu, wie die oben ersichtlichen Ausführungen zeigen.

Besonders nennenswert: Schockanrufe

Zuletzt war es im gesamten Regierungsbezirk beinahe täglich zu einer Vielzahl an Anrufversuchen sowie in Einzelfällen auch zu Geldübergaben gekommen.

Im Vergleich zu 2020 stiegen die angezeigten Fälle von Schockanrufen im Jahr 2021 von 41 auf 693.

Weitergehende Informationen und Statistiken finden Sie unter: https://www.polizei.bayern.de/kriminalitaet/statistik/021466/index.html