Zettels Reflexionen: Identifikation
Ich bin ein Mann. Doch was heißt das? Das bedeutet nur, dass ich die biologische Ausstattung habe, die man braucht, um ein männliches Exemplar zu sein. Doch es geht nicht nur um die Frage der Fortpflanzung, sondern auch um viel mehr – nicht nur bei uns Menschen.
Auch bei Tieren verbindet sich mit der biologischen Funktion des Geschlechts eine soziale, ein Sozialverhalten. Deswegen würde einem Löwen das (nicht nur sexuelle) Verhalten eines Bonobo-Männchens gelinde gesagt pervers vorkommen.
Jede Identifikation, sei es eine geschlechtliche oder mit einem Beruf hat vor allem auch eine soziale Funktion. Wenn sich Frauen über Männer aufregen frage ich immer, wer denn eigentlich die prägenden Personen im Leben eines Mannes sind: 9 Monate in Mamas Bauch, dann als Säugling und Kleinkind abhängig von der Mutter, danach im Kindergarten meist von Frauen erzogen wie auch in der Grundschule.
Wer prägt also die jungen Männer und bringt ihnen bei sich mit der klassischen Rolle als Mann zu identifizieren? In erster Linie wohl nicht die Väter! Ein Argument, das mir noch niemand widerlegt hat. Und so lange gilt es (für mich).
Es ist nicht das Geschlecht, das einen Mann zum Mann macht (oder eine Frau zur Frau), sonder die ökonomischen Interessen der Gesellschaft. Wollten bei uns Männer und Frauen wirklich gleichberechtigt leben, bräuchte es eine andere Ökonomie.
In der Maslowschen Bedürfnispyramide stehen die physiologischen Bedürfnisse, die Sicherheitsbedürfnisse und die Sozialen Bedürfnisse vor den persönlichen Bedürfnissen. Und genau die würden durch eine wirkliche Gleichberechtigung gefährdet – in diesem Wirtschaftssystem, denn das würde so nicht mehr funktionieren.
Man kann dies sehr gut an den Bonobos sehen. Die Bonobomänner waren – wie bei den meisten Affen – richtige Machos. Das war aber ganz offensichtlich eine Notwendigkeit aufgrund der ökonomischen Bedingungen. Als in der Savanne, in der sie leben, eine Spezies von Feinden verschwanden (ich weiß leider nicht mehr, was das waren), kamen die Affen von den Bäumen herunter und lebten mehr und mehr auf dem Boden.
Was den weiblichen Tieren die Chance bot, sich zusammenzutun und gemeinsam den Herren zu zeigen, wo der Bartel den Most holt – mit anderen Worten, sie bekamen Dresche, wenn sie sich nicht so verhielten, wie die Damen das wollten.
Geänderte Umweltbedingungen, anderes Lebensumfeld, anderes soziales Verhalten. Machen wir uns also Gedanken über die eigene Identifikation, sollten wir erst einmal die Rahmenbedingungen für gesellschaftliches und individuelles Leben ansehen. Da liegt nämlich der Hase begraben, in den Rahmenbedingungen.
Peter Zettel
ist pensionierter Anwalt. Seit ein paar Jahren ist er begeisterter Motorradfahrer – sein persönlicher Weg der Selbsterkenntnis. Er interessiert sich für das, was die Welt bewegt und schreibt darüber in seinem Blog zettel.biz.
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