Bamberg: Handwerkskammer für Oberfranken fordert „jetzt endlich ins Tun zu kommen“
Vollversammlung der Handwerkskammer für Oberfranken mit Ministerpräsident Söder und ZDH-Präsident Wollseifer – Söder verspricht mehr Mittel und „Pakt für das Handwerk“
Das Schlagwort des Handwerks heißt – jetzt! Bei der Vollversammlung der Handwerkskammer für Oberfranken, die am Montag, 11. Juli 2022, im Spiegelsaal der Harmoniesäle in Bamberg stattfand, appellierten sowohl der Präsident der Handwerkskammer, Matthias Graßmann, als auch der Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, jetzt ins Handeln zu kommen. Jetzt müsse es einen Paradigmenwechsel in der Politik geben, jetzt müsse aus dem steten Lüftchen der politischen Unterstützung ein kleiner Sturm werden, jetzt gelte es die materielle und die mentale Transformation anzugehen, jetzt müsse aus Reden endlich Tun werden. Wollseifer: „Es geht jetzt darum, das Fundament unseres Wohlstandes zu sichern. Es geht um Brot- und-Butter-Themen.“
Die beiden Präsidenten fanden in Bayerns Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder, der ebenfalls Gast der Vollversammlung war und ein Grußwort an die Vertreterinnen und Vertreter des oberfränkischen Handwerks richtete, einen vehementen und fundierten Unterstützer. „Uns in Bayern ist das Handwerk sehr wichtig“, sagte Söder. „Daher werden wir uns bei der Kabinettssitzung am Dienstag, 12. Juli, ausschließlich dem Handwerk widmen.“ Der Ministerpräsident versprach der Vollversammlung und dem Handwerk, dass seine Regierung einen „Pakt für das Handwerk“ beschließen werde mit der von den bayerischen Handwerkskammern geforderte Aufstockung der Mittel für Investitionen in berufliche Bildungszentren in Höhe von 40 Millionen Euro. Söder und Wollseifer setzten bei der Vollversammlung mit ihren Statements eine Debatte fort, die sie vor einer Woche auf der Handwerksmesse IHM geführt hatten.
Konkret fordert das Handwerk und auch HWK-Präsident Graßmann von der Politik etwa eine Bildungswende. Die bayerischen Kammern haben bereits gemeinschaftlich zu einem „Jahrzehnt der beruflichen Bildung“ aufgerufen, ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer formulierte für die mehr als überfällige Bildungswende vier konkrete Ansätze: endlich eine tatsächlich gleichwertige Behandlung der beruflichen und der akademischen Bildung; die gesetzliche Verankerung dieser Gleichwertigkeit, da damit beide Bildungswege bei Mittelvergaben berücksichtigt werden müssten; eine spürbare Entlastung der Ausbildungsbetriebe und eine damit einhergehende Stärkung der Berufsbildungsstätten; eine bundesweite Studien- und Berufsorientierung, die flächendeckend über alle Schulformen hinweg – auch an Gymnasien – gleichermaßen und ergebnisoffen über beide Bildungspfade informiert. „Leider sind diese Punkte alle nicht neu, wir haben sie immer wieder angesprochen“, sagte Wollseifer. „Jetzt aber braucht es das Umdenken in Politik und Gesellschaft.“
Ehrung von Vorstandsmitglied Peter Engelbrecht
Ehe HWK-Präsident Graßmann den Tätigkeitsbericht über die vergangenen Monate ablegte, nahm er bei der Vollversammlung noch eine besondere Ehrung vor. Der Bayreuther Kreishandwerksmeister Peter Engelbrecht, der auch Mitglied im Vorstand der HWK ist, wurde mit der „Goldenen Ehrennadel des oberfränkischen Handwerks“ ausgezeichnet, die ihm von Ministerpräsident Söder und ZDH-Präsident Wollseifer überreicht wurden.
Ein Schwerpunkt des Tätigkeitsberichts waren die Aktivitäten, die die Handwerkskammer im Bereich der Nachwuchsgewinnung vorantreibt. Die eigene, sehr erfolgreiche Nachwuchskampagne werde fortgesetzt und weiterentwickelt und strategisch noch stärker auf die Ansprache der Eltern und auf die Berufsmessen des Handwerks im Herbst ausgerichtet. Neu ist eine Kooperation mit dem Basketball-Bundesligisten Brose Bamberg, die im März gestartet wurde und sich gezielt der Nachwuchsförderung widmet. Der HWK-Präsident: „Wir wollen hier Eltern und Jugendliche in einem anderen Umfeld und mit einer anderen emotionalen Wahrnehmung ansprechen und uns dort stark präsentieren, wo wir nicht unmittelbar erwartet werden, die Verbindung aber passt.“ Darüber hinaus gebe es neue Projekte wie „Karriere im Handwerk“, in dessen Zuge zum einen neue Bildungsformen wie das Triale Studium Handwerksmanagement entwickelt wurden, zum anderen aber in einem Seminar-Programm auch über die Ausbildung hinausgehende Fähigkeiten angeboten werden. „Wir brauchen diese Initiativen, weil die Jugendliche eine konkrete Perspektive, einen Karriereweg sehen und erleben wollen.“
Zukunftsinitiativen gibt es auch um Bereich der Technologien. Aktuell bemüht sich die HWK für Oberfranken darum, neben dem bestehenden Schaufenster des Mittelstand-Digital Zentrums Handwerk ein „Kompetenzzentrums für Brennstoffzellen, Wasserstofftechnologie und intelligente Ladesysteme im Handwerk“ schaffen zu können. „Das wäre ein wichtiges Zukunftsprojekt, um die Energiewende auch in der praktischen Umsetzung stemmen zu können.“ Um alle diese Projekte und Initiativen angehen zu können und die entsprechende finanzielle wie ideelle Unterstützung zu bekommen, hat die Handwerkskammer auch die politische Lobbyarbeit intensiviert. „Wir glauben schon sagen zu können, dass sich langsam ein echter Bewusstseinswandel pro Handwerk bemerkbar macht. Ehrlicherweise wird dieser aber auch Zeit brauchen.“
Der Tätigkeitsbericht des Kammerpräsidenten wurde durch die Abnahme der Jahresrechnung und den Wirtschaftsbericht abgeschlossen, den HWK-Hauptgeschäftsführer Reinhard Bauer dem Gremium skizzierte. Die HWK hat das Haushaltsjahr 2021 dabei wider Erwarten mit einem Plus von 1,35 Millionen Euro abschließen können. „Das tut uns angesichts der vor uns stehenden Investitionen in unsere Bildungszentren, für die wir Eigenmittel aufbringen müssen, natürlich sehr gut“, sagte Bauer (siehe weitere Pressemitteilung zur Jahresrechnung). Aktuell wird das Bildungszentrum in Hof modernisiert und in Teilen neu gebaut – eine Maßnahme, die im Kosten- und Zeitrahmen liegt und bis Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein wird. Darüber hinaus werden für den Neubau des Bildungszentrums in Bamberg, für das ein Grundstück an der Forchheimer Straße gekauft wurde, die Ausschreibungen für die Projektplaner und den Architektenwettbewerb vorbereitet. Für das Bildungszentrum Coburg wird auf Basis von aktualisierten Daten aus dem Gutachten nun eine Förderskizze erarbeitet und eingereicht.
Erfreuliche Nachrichten gab es auch von den Unternehmen, an denen die Handwerkskammer beteiligt ist. Die Gewerbe-Treuhand Oberfranken GmbH Steuerberatungsgesellschaft (GTO) hat 2021 einen Jahresüberschuss von 168.000 Euro erwirtschaftet und auch das erste Halbjahr 2022 entwickelt sich positiv. Die IFGO GmbH, eine 100-prozentige Tochter der HWK, schloss das Jahr 2020 ebenfalls mit einem Überschuss ab (101.000 Euro), das Jahr 2021 steht noch vor dem Abschluss, wird aber ebenfalls schwarze Zahlen liefern.
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