Waischenfeld: Rehe verenden qualvoll in Weidenzäunen

Totes Reh bei Waischenfeld. Foto: Thomas Weichert
Ein qualvoller Tod für ein Reh das sich in einem Weidenzaun bei Waischenfeld verfangen hat und von Maden aufgefressen wird. Foto: Thomas Weichert

Wer ist dafür zuständig?

Es ist ein schrecklicher und trauriger Anblick. Ein Reh hat sich in einem Weidezaun verfangen und ist nach langem Todeskampf qualvoll verendet. Der Waischenfelder Jagdpächter Robert Hofmann stellt in letzter verstärkt fest, dass sich immer wieder Rehe in Weidezäunen verfangen und dann elendlich zugrunde gehen. Erst vor etwa einer Woche hat sich eine Rehgas, auf einer eingezäunten Wiese, in der sich weder Schafe noch Rinder befanden verfangen und ist qualvoll verendet. Das volle Gesäuge deutete laut Hofmann darauf hin, das die Rehgas Junge (Kitze) hatte, diese dann auch qualvoll verhungert sind.

Dies sei in letzter Zeit vermehrt vorgekommen. Erst vor kurzem hatte sich ein Rehbock in so einem Zaun verfangen der so schwer verletzt wurde, das ihm Hofmann den Gnadenschuss geben musste. Der Weidezaun sei laut Hofmann nicht zur Dauereinzäunung geeignet, da es sich um einen Zaun handelt, der nur vorübergehend für die Abweidung einer Wiese aufgestellt werden darf um danach wieder versetzt zu werden. Außerdem stand der Weidezaun nicht unter Strom um auch Wildtiere abzuwehren. Laut des Jagdpächters müssten dauerhaft aufgestellte Weidezäune so errichtet sein, das sich keine Wildtiere darin verfangen können. Außerdem sei der jeweilige Landwirt für seinen Zaun verantwortlich und muss ihn täglich kontrollieren. Kommt der Landwirt seinen Pflichten nicht nach, mache er sich auch nach dem Tierschutzgesetz strafbar, betont Hofmann, der seit 38 Jahren Pächter der Waischenfelder Jagd ist und so etwas in dieser Häufigkeit noch nicht erlebte.

Der Landwirt bestreitet, dass er einen falschen Zaun aufgestellt hat und es sei auch nicht richtig, dass auf dem Zaun kein Strom gewesen sei. Tiere, ob Schafe oder Rinder, sind nicht immer auf dem Gelände, können dieses aber vom benachbarten landwirtschaftlichen Betrieb aus jederzeit erreichen. Auch werde der Zaun täglich kontrolliert.

Wir fragen zuerst beim Landratsamt Bayreuth nach und wollen wissen wie dauerhaft aufgestellte Weidezäune beschaffen sein müssen, wie oft ein Landwirt seine Zäune kontrollieren muss und ob er dafür sorgen muss, dass sich kein Reh darin verfängt, ob sich der Landwirt strafbar macht wenn Wildtiere in seinem Zaun verenden und von wem das verendete Tier dann entsorgt werden muss.

Das Landratsamt verwies zunächst darauf, das weder die dort angesiedelte Untere Jagdbehörde noch das Veterinäramt für diese Fragen zuständig seien. Sondern das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Dort angefragt konnte Markus Schricker, Sachgebietsleiter Nutztierhaltung, nur die Fragen zur Beschaffung der Weidezäune und der Kontrolle durch den jeweiligen Landwirt beantworten. Ein einzig umfassendes Gesetz für die Weidesicherheit und zur Beschaffenheit von Weidezaunanlagen gibt es nicht. Bezüglich der Beschaffenheit und Vorgaben zu Weidezäunen sowie für alle fachlichen Empfehlungen verwies Schricker die Broschüre „Sichere Weidezäune“. Laut dieser Empfehlungen sollen Elektrozäune täglich auf ihre Funktionstüchtigkeit sorgfältig kontrolliert werden. Es wird empfohlen, die Kontrolle täglich zu dokumentieren. Ein mobiler Weidezaun soll aus Sicherheitsgründen in einem ordnungsgemäßen Zustand und vollumfänglich funktionstüchtig gehalten werden. Ein elektrifiziertes Weidezaunnetz erfüllt nur vollumfänglich seinen Nutzen, wenn es ständig stromführend ist und somit der Schutz zum Entweichen der Nutztiere gegeben ist, aber auch das Eindringen von Wildtieren verhindert wird. „Sofern keine Weidehaltung erfolgt, sollten diese abgebaut werden“, so Schricker. Gerade dies sei aber nicht der Fall, sagt Jagdpächter Hofmann. Für die rechtlichen Fragen verwies Schricker zurück an das Landratsamt. Zur Frage ob sich ein Landwirt strafbar macht wenn ein Wildtier in seinen Weidezaun verendet teilt Landratsamts-Pressesprecher Hannes Huttinger nun mit: „Der Sachverhalt wird momentan in unserem Veterinäramt intensiv geprüft, weshalb zum jetzigen Zeitpunkt noch keine endgültige Aussage möglich ist.“

Und weiterhin: „In Bezug auf den vorgebrachten Sachverhalt handelt es sich bei den verendeten Rehwildstücken um Fallwild, an welchem der Jagdausübungsberechtigte das alleinige Aneignungsrecht besitzt, sofern es – wie hier nach vorliegendem Kenntnisstand eingetreten – in seinem Jagdrevier verendet ist. Insofern wäre der Jagdpächter auch für die Entsorgung des Fallwildstückes verantwortlich.“

Die Vorsitzenden des Bayreuther Tierschutzvereins, die SPD-Bundestagsabgeordneten Anette Kramme teile auf Anfrage mit, das Schutzzäune für Wildtiere eine unnatürliche Grenze in ihrem Lebensraum darstellen. „Rehe und viele andere Wildtiere sind Fluchttiere, die sich bei Gefahr oder Erschrecken durch Davonlaufen in Sicherheit bringen. Dabei werden Zäune bei Flucht jedoch oftmals nicht als Grenze erkannt und übersprungen und können je nach Beschaffenheit des Zauns zur tödlichen Falle für die Tiere werden. Stacheldraht oder auch Knotengitter, Weidenetze und Maschendrahtzäune stellen für Wildtiere die größte Gefahr dar und sollten möglichst nicht oder nur unter ständiger persönlicher Kontrolle zum Einsatz kommen. Gänzlich unproblematisch ist zwar kein einziges Zaunsystem, wenn es jedoch unumgänglich ist, sollten feste Litzen- oder Lattenzäune zum Einsatz kommen, die so gestaltet werden, dass sowohl Kleintiere als auch größere Wildtiere ungehindert passieren können. Eine gute Alternative zu (elektrifizierten) Weidenetzen und für die Abwehr von Wildschäden sind flexible Zäune mit Litzen oder Bändern aus Kunststoff. Sie sind schnell aufgestellt und abgebaut und können auch unebenem Gelände angepasst werden. Durch weitreichende Anbringung von buntem Flatterband kann die Sichtbarkeit der Zäune zudem zusätzlich verbessert werden“, so Kramme.


Info:

Der Link zu der Broschüre „Sichere Weidezäune“:

www.gzsdw.de/files/1132_2016_sichere_weidezaeune_x000_1.pdf

1 Antwort

  1. M. Herzing sagt:

    Zur Klarstellung bezüglich der Behauptung über die Beseitigungspflicht. Der Jagdpächter hat das Aneignungsrecht entsprechend § 1 Abs. 5 Bundesjagdgesetz, jedoch keine Aneignungspflicht.