Grüne Jugend Coburg: Resümee zur erfolgreichen historischen Stadtführung
Die GRÜNE JUGEND Coburg hat am vergangenen Samstagabend – wie bereits angekündigt – unter dem Titel „Die Nazis und ihr ‚Kampf um Coburg‘“ zu einem kritischen Stadtspaziergang zur Geschichte Coburgs als frühe Nazi-Hochburg in der Aufstiegsgeschichte der NSDAP eingeladen. Die Veranstaltung erfreute sich mit etwa 30 Teilnehmer*innen reger Beliebtheit.
Dazu sagt Luca Schenk, der die Stadtführung leitete: „In der Entstehungsgeschichte der Nazi-Herrschaft spielt Coburg eine bemerkenswerte Rolle: Mit dem ersten Nazi-Bürgermeister Deutschlands und der ersten (Kommunal)Parlamentsmehrheit für die NSDAP erzielten sie hier früh große Erfolge. Diese frühe Macht der Nazis schlug sich auch schnell in staatlichen, antisemitischen Repressionen gegen Coburger Jüd*innen nieder.“
Dementsprechend stand im Fokus der Veranstaltung genau diese Frühzeit der Bewegung zwischen 1920 und 1933, die Zeit also, in der Coburg eine Art düstere „Vorreiterrolle“ einnahm und früh zu einer Nazi-Hochburg wurde. „Die Geschichte der Stadt nachzuvollziehen, bedeutet zwangsläufig auch, das Narrativ zu entlarven, dass der Nationalsozialismus eine fremde Kraft gewesen sei, die aus dem fernen Berlin oder München die Menschen unterwarf. Stattdessen wird deutlich, dass es vielmehr eine Bewegung mit breiter Unterstützung war, die – auch hier vor Ort in Coburg – antisemitische Verschwörungsideologien verbreitete, Gewalt mindestens tolerierte, Hass schürte und so die Nazis an die Macht brachte.
Dieses Erinnern wachzuhalten, ist mir als junger Mensch besonders wichtig: Nur so können wir aus der Vergangenheit lernen. Nur so können wir unserer Verantwortung als Menschen, die nach 1945 leben gerecht werden und verhindern, dass es wieder geschieht.“, Fügt Luca Schenk hinzu.
Aber dieses düstere Vermächtnis findet im öffentlichen Bewusstsein heute kaum statt oder spielt dort nur eine Nebenrolle. Menschen die heute in Coburg aufwachsen, lernen zwar in der Schule vieles über den NS-Staat und seine Organisation. Über seine lokale (Entstehungs-)Geschichte hingegen erfährt man – auch als Coburger*in – nur sporadisch etwas, wenn man sich nicht ganz aktiv damit auseinandersetzt. Gerade deshalb war es uns so wichtig, diese Stadtführung zu organisieren.
Gleichzeitig wurde dabei auch immer wieder ein kritischer Blick auf die Erinnerungskultur der Gegenwart geworfen – Luca Schenk ergänzt: „Ein Beispiel: Anderswo verschwinden heute Namen mit NS-Bezug von den Straßenschildern. Ich finde es schwer erträglich, dass in der Stadt, die 1939 den Ehrentitel ‚erste Nationalsozialistische Stadt Coburgs‘ erhielt, nicht nur eine Hindenburgstraße weiter bestehen darf, sondern sogar 2015 noch eine Straße nach dem NSDAP-Mitglied Max Brose benannt wurde, in dessen Unternehmen rund 200 Zwangsarbeiter schufteten. Ist das die Erinnerungskultur, auf die wir in Coburg stolz sein können?“
Die Veranstaltung hat für Luca Schenk deshalb ein klares Fazit: „Dass trotz der Hitze so viele Menschen da waren und interessiert zugehört haben, zeigt für mich ganz klar: Das Interesse und die Bereitschaft, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen sind durchaus da! Was fehlt, ist ein niedrigschwelliger und vor allem sichtbarer Zugang dazu. Es kann doch nicht sein, dass Coburger Erinnerungskultur nur in ehrenamtlichen Initiativen und Veranstaltungen gelebt wird. Für mich ist ganz klar: Coburg braucht ein Museum oder mindestens eine Dauerausstellung zu diesem Thema.“
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