Klimabaumhaus Bayreuth kritisiert „stümperhafte Organisation“ der Bayreuther Bürgerversammlung

Pressemitteilung der Gruppe Klimabaumhaus Bayreuth

Die Gruppe Klimabaumhaus Bayreuth, die sich selbst als eine Gruppe Klimagerechtigkeitsaktivist*innen bezeichnet, kritisiert die Bürgerversammlung der Stadt Bayreuth vom 30. Mai 2022 sowie den Bayreuther Oberbürgermeister Thomas Ebersberger scharf. So heißt es in einer Pressemitteilung der Gruppe Klimabaumhaus Bayreuth:

„Das Klimabaumhaus Bayreuth kritisiert die stümperhafte Organisation der Veranstaltung. Zu Beginn wurde nicht kontrolliert, ob die Anwesenden tatsächlich in Bayreuth wohnen und ob sie über 18 Jahre sind. Wortmeldungen mussten vor Ort per Zettel eingereicht werden. Einige Anträge gingen während des Abends mehrmals verloren und mussten nochmals eingereicht werden. Gerade auch der sehr wichtige Antrag zu Klimagerechtigkeit, bei der Bayreuth seine historische Verantwortung in der Klimakrise hätte reflektieren müssen, kam nicht zur Sprache. Das vorzeitige Ende der Sitzung und die grundlegende Haltung von OB Ebersberger an diesem Abend, der die gesamte Veranstaltung als sichtlich nervig zu empfinden schien, sind eine Schande für die demokratische Kultur Bayreuths. An einer tatsächlichen Mitbestimmung der Bayreuther*innen scheint zu keinem Zeitpunkt ein Interesse bestanden zu haben. Dies ist auch vielen der Anwesenden aufgefallen.“

Gleichzeitig wertet die Gruppe es als großen Erfolg, dass die Anträge des Klimabaumhaus, ein Antrag zum Klimanotstand und ein Antrag zu Mieter*innenstromprojekten, mit großer Mehrheit angenommen wurden, wie die Gruppe schreibt. Die komplette Pressemitteilung von Klimabauhaus Bayreuth gibt es im Wortlaut hier nachzulesen:

Bürger*innenversammlung mit großer Mehrheit für Klimanotstand – Bürgermeister bricht Veranstaltung nach Tumulten ab

Am gestrigen Abend, Montag den 30. Mai 2022, fand die Bürger*innenversammlung im Zentrum statt. Diese muss mindestens einmal jährlich stattfinden, der letzte Termin war 2019. Alle über 18- jährigen Gemeindebürger*innen Bayreuth sind dabei berechtigt Fragen zu stellen und Anträge einzubringen, über die anschließend abgestimmt werden muss.

Neben Wortmeldungen, die sich über die schlechte Kita-Versorgung, den lokalen Leerstand, die fehlenden Mitspracherechte unter 18-Jähriger oder umweltschädliche Neubauprojekte wie die geplanten Luxus-Chalets bei der Therme Lohengrin beschwerten, brachten einige Menschen aus der Klimagerechtigkeitsbewegung Bayreuth Anträge ein.

Ursprünglich war geplant drei der Forderungen des Klimabaumhaus einzubringen: die Ausrufung des Klimanotstands, die Förderung von Mieter*innenstromprojekten und eine Klima-Städtepartnerschaft mit einer Stadt aus dem Globalen Süden.

Kurzfristig wurde zudem noch ein Antrag eingebracht, der die Stadtwerke Bayreuth aufforderte, vor Ort erneuerbare Energien auszubauen, statt Klima-Zertifikate aus Norwegen zu kaufen. Denn während sich die Stadtwerke öffentlich gerne als „klimaneutral“ schmücken, erreichen sie die Klimaneutralität nur durch den Zukauf von Zertifikaten. Doch durch Zertifikate werden keine Erneuerbaren Energien ausgebaut.

Die Klimagerechtigkeitsaktivist*innen wollten nicht, dass ihre Anliegen einfach mit halbherzigen Antworten beiseite gewischt werden. Deshalb forderten sie ihr demokratisches Recht auf eine Abstimmung nach Artikel 18 der bayerischen Gemeindeordnung ein. Zu diesem Zeitpunkt ging die Versammlung schon über eine Stunde, es wurde nichts beschlossen, stattdessen wurden alle vorherigen Bürger*innen einfach wegmoderiert. Über erfolgreiche Anträge der Bürger*innenversammlung muss der Stadtrat innerhalb von drei Monaten entscheiden.

Dieses Recht wurde den Aktivist*innen bei ihrem erstem Antrag vom OB Ebersberger mit fadenscheinigen Argumenten jedoch nicht gewährt. Daraufhin kam es zu ersten empörten Protestrufen vonseiten des Publikums, die sich ihr Recht nicht nehmen lassen wollten. Viele sprachen sich dafür aus, eine Abstimmung durchzuführen. Auch Bayreuther*innen, die bisher nicht in der Klimagerechtigkeitsbewegung aktiv sind, schlossen sich den Protesten an. Der OB rief einfach den nächsten Antrag auf und nutzte so seine Machtposition, um die scheinbar unangenehme Abstimmung zu unterbinden.

Die beiden folgenden Anträge des Klimabaumhaus wurden mit großer Mehrheit angenommen. Beim Antrag zu Mieter*innenstromprojekten gab es nur 5 Gegenstimmen. Der Antrag zum Klimanotstand wurde dann mit 48 Stimmen bei 15 Gegenstimmen und 10 Enthaltungen angenommen. Beides ist als großer Erfolg der Bayreuther Klimabewegung zu werten.

Anschließend beendete OB Ebersberger die Veranstaltung, da es angeblich keine weiteren Anträge mehr gäbe. Fakt ist, dass neben dem Klimabaumhaus auch Bürger*innen aus Seulbitz lautstark darauf hinwiesen, dass sie noch Anträge eingereicht haben.

Der Protest war sowohl für die Stadtverwaltung & -regierung auf der Podiumsbühne als auch die Personen, welche die Mikrofone rumreichten, klar vernehmbar. Die empörten Menschen wurden jedoch ignoriert, Herr Oberbürgermeister Ebersberger verließ schnell die Bühne und trank sein Feierabendbier, während sprachlose Menschen im Saal zurückblieben.

Das Auftreten des Oberbürgermeisters und der Stadtverwaltung erweckt den Eindruck, dass demokratischen Beteiligungsformaten wie der Bürger*innenversammlung kein Wert zugeschrieben wird sondern diese als lästig empfunden werden. Sobald es thematisch unangenehm wurde, wurde am gestrigen Abend das Mittel der Moderation zum Abbrechen von Diskussionen, Nachfragen und Abstimmungen genutzt und den Bayreuther*innen trotz ihres demokratischen Rechts darauf die Möglichkeit Anträge einzubringen genommen.

Das Klimabaumhaus Bayreuth kritisiert die stümperhafte Organisation der Veranstaltung. Zu Beginn wurde nicht kontrolliert, ob die Anwesenden tatsächlich in Bayreuth wohnen und ob sie über 18 Jahre sind. Wortmeldungen mussten vor Ort per Zettel eingereicht werden. Einige Anträge gingen während des Abends mehrmals verloren und mussten nochmals eingereicht werden. Gerade auch der sehr wichtige Antrag zu Klimagerechtigkeit, bei der Bayreuth seine historische Verantwortung in der Klimakrise hätte reflektieren müssen, kam nicht zur Sprache. Das vorzeitige Ende der Sitzung und die grundlegende Haltung von OB Ebersberger an diesem Abend, der die gesamte Veranstaltung als sichtlich nervig zu empfinden schien, sind eine Schande für die demokratische Kultur Bayreuths. An einer tatsächlichen Mitbestimmung der Bayreuther*innen scheint zu keinem Zeitpunkt ein Interesse bestanden zu haben. Dies ist auch vielen der Anwesenden aufgefallen.

Das Klimabaumhaus Bayreuth hält weiterhin fest: Es gab auf der Veranstaltung eine klare Mehrheit für Klimagerechtigkeit. Dass sowohl die Unterstützung von sozial gerechten Mieter*innenstromprojekten als auch die Ausrufung des Klimanotstands angenommen wurden, ist ein großer Erfolg für die Bayreuther Klimabewegung. Jetzt gilt, das weitere Vorgehen im Stadtrat kritisch zu begleiten und auf eine Umsetzung zu pochen.