Russisches Gasembargo würde den Landkreis Erlangen-Höchstadt und die Stadt Erlangen hart treffen

Peter Brehm, Prof. Elmar Forster, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Mittelfranken, und MdL Walter Nussel. Fotos Hildel
Peter Brehm, Prof. Elmar Forster, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Mittelfranken, und MdL Walter Nussel. Fotos Hildel

„Es geht ans Eingemachte, die Transportwege sind massiv gestört, wir brauchen eine neue aktive Industrie- und Energiepolitik.“ Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung bayerischer Wirtschaft, fand drastische Worte und malte auch das Schreckgespenst einer Rezession an die Wand – wenn ein Gasembargo gegen Russland verhängt wird. Stark betroffen wären auch die Stadt Erlangen und der Landkreis ERH.

Brossardt war einer der Referenten beim ersten Unternehmerfrühstück der Mittelstandsunion nach zwei Jahren Corona bedingter Pause in der Eventscheune im Hotel Acantus in Oberlindach, zu dem Vorsitzender Peter Brehm und MdL Walter Nussel eingeladen hatten. Natürlich gelte es, sich unabhängig von Russland zu machen und die Gasspeicher aufzufüllen gemäß dem Motto: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“

Ein Embargo zum jetzigen Zeitpunkt aber könnte laut unterschiedlichen Prognosen und Studien einen Wirtschaftseinbruch zwischen sechs und zwölf Prozent nach sich ziehen, verbunden mit erheblichen Arbeitsplatzverlusten. Für die Stadt Erlangen könnte das bei der Wirtschaftskraft neun Prozent und bei den Erwerbstätigen sieben Prozent bedeuten, während der Landkreis mit rund sieben Prozent betroffen sein dürfte. Und zu den Sanktionen sagte der Referent: „Diese machen keinen Sinn, wenn wir uns selbst schwächen. “Deshalb gelte es einzusparen, erneuerbare Energien (Wasserkraft, Biomasse, Windenergie) fördern, eine Leitung von Nord nach Süd bauen, staatliche Ansprüche abzusenken („Die Stromsteuer ist zu hoch“), denn ansonsten „sind wir platt“. Brossardt warb auch dafür Abhängigkeiten zu vermeiden und wichtige Produkte „wieder hier zu produzieren“.

Brossardt warnte davor, die Wirtschaft weiter zu belasten, möchte nicht, dass der Verbrenner ab 2035 tot ist. Das sollte die Politik den Marktplayern überlassen. Von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen müssten qualifiziert und dem Arbeitsmarkt zugeführt werden. „Ohne Frauen geht bei uns nichts mehr“, so eine weitere Feststellung, und die müssten in die Vollzeit. Auch müsse man zur Rente mit 67 kommen, und wer bis 70 arbeite, sollte dann auch mehr Rente bekommen.

Markus Ferber, MdEP, wurde virtuell aus Brüssel zugeschaltet. Für ihn ist die Pandemie noch nicht überwunden, die verstärkte Kreditaufnahme sei schädlich und natürlich die Inflation. Was viele der anwesenden Unternehmer bestätigen konnten, ist der Fachkräftemangel. Bei der Photovoltaik gebe es nicht das Problem des Nichtwollens, sondern des Nichtkönnens. Für aberwitzig hält es Ferber, wenn man ab 2035 den Pfad des Verbrennermotors verlassen würde. „Das schadet uns ökonomisch massiv.“

Von einem Lehrlings- und Fachkräftemangel in Deutschland sprach Professor Elmar Forster, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Mittelfranken. Über 70000 Fachkräfte fehlten. In Mittelfranken sei man sehr gut ausgelastet mit Aufträgen. Aber: „Glück hat man, wenn man einen Handwerker kennt.“ Forster sprach von einem „Akademikerwahn“ und warb für die duale Ausbildung, die es anderswo kaum gebe. Er geißelte die Flut von vielen und verschiedenen Bachelor- und Masterabschlüssen. „Wie man eine Promenade anlegt, das hat man schon im 18. Jahrhundert gewusst, da braucht es keinen extra Studiengang.“ Wenn heutzutage ein Handwerker benötigt wird, dann heißt es nicht mehr: „Was kostet es, sondern wann können Sie kommen?“ Wichtig sei es, sich auch um die Studienabbrecher zu kümmern, die integriert werden könnten. Allerdings gebe es da Probleme mit dem Datenschutz („Typisch deutsch“).