Oberfränkisches Handwerk: Auftragsbestand auf neuem Höchstwert
Das Handwerk hält Kurs. „Auch wenn der Wind gerade wieder rauer wird – wir sehen in den Zahlen des I. Quartals 2022 noch kaum Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und dessen wirtschaftlichen Folgen. Das oberfränkische Handwerk ist stabil und spielt damit auch seine Stärke aus – Regionalität und Sicherheit.“ Sorgenfrei ist das Handwerk in Oberfranken dennoch nicht. Natürlich beobachte man die explodierenden Energiekosten und die Materialknappheit genau, betont Matthias Graßmann, Präsident der Handwerkskammer für Oberfranken und fordert: „Hier muss die Politik die Wirtschaft zielgerichtet unterstützen – und nicht nur die Großindustrie, auch das Handwerk.“
Der Geschäftsklimaindex des oberfränkischen Handwerks hat im I. Quartal 2022 mit der Steigerung um einen Punkt auf 109 eine Seitwärtsbewegung gemacht. 82 % der 384 Betriebe, die an der Konjunkturbefragung mitgemacht haben, gaben dabei ihre Geschäftslage als gut (45 %) oder befriedigend an (37 %), nur 18 Prozent bewerten die Lage als schlecht. „Fast wichtiger noch ist aber der Ausblick“, verweist Reinhard Bauer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, auf die Erwartungen. „Auch hierbei blicken vier von fünf Betrieben gerüstet in die Zukunft und erwarten zumindest gleichbleibend gute Geschäfte.“ Dies alles, obwohl zum Zeitpunkt der Befragung Anfang April der Krieg in der Ukraine bereits seit mehreren Wochen im Gang war.
Entsprechend weisen auch die wichtigsten Konjunkturindikatoren eine stabile Entwicklung aus. Die Umsätze im oberfränkischen Handwerk haben sich im Vergleich zum IV. Quartal 2021 weiter verbessert und sind auch im Jahresvergleich deutlich positiv. Verbuchten Ende des I. Quartals 2021 noch 42,5% der Befragten sinkende Umsätze, waren dies im aktuellen Berichtszeitraum noch 28,5 %. Ein ähnliches Bild zeichnet sich beim Auftragseingang ab, der für 49 % der Betriebe konstant hoch geblieben und für 25 % der Betriebe sogar weiter angestiegen ist. „Hier sind natürlich in erster Linie die weniger strengen Corona-Maßnahmen verantwortlich, die einen Teil unserer Betriebe zuvor erheblich eingeschränkt haben“, erläutert Bauer. Im Blick bleiben müsse aber, wie sich die Materialkosten entwickeln. „Die unkalkulierbare Lage macht es für Betriebe, insbesondere in den Bau- und Ausbaugewerken immer schwieriger, solide Angebote abzugeben, die nicht zum Bumerang werden können.“
Bei den Beschäftigtenzahlen schlägt sich neben dem saisonalen Effekt langsam auch nieder, dass Fachkräfte und Nachwuchs gesucht werden. Mit 78 % hält zwar der größte Teil der befragten Betriebe das Beschäftigungsniveau oder baut dieses aus, allerdings ist bei 22 % Prozent die Zahl der Beschäftigten gesunken. Gleichzeitig erreicht der Auftragsbestand einen neuen Höchstwert. „Unsere Betriebe haben bei einer durchschnittlichen Auslastung von 78 % einen durchschnittlichen Bestand von 12,4 Wochen – einen Höchstwert, den wir so noch nicht hatten“, bestätigt der Hauptgeschäftsführer. Für die Kunden bedeutet dies – sie müssen warten.
Politische Arbeit konsequent fortsetzen
Für den Präsidenten der Handwerkskammer bestätigen die Zahlen aus der Konjunkturbefragung zum I. Quartal 2022 die Ausrichtung der politischen Arbeit für das Handwerk. „Wir müssen weiter konsequent daran arbeiten, dass wir Handwerker bei allen Diskussionen um den Wirtschaftsstandort nicht hinten runter fallen. Und daran, dass die gern versprochene Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung nicht nur diskutiert, sondern auch praktiziert wird.“ Gelegenheit dazu gebe es wieder ab Ende Mai, wenn Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Parteien bei der HWK zum Austausch eingeladen seien.
Einschätzungen aus einzelnen Handwerkszweigen
- Die Bau- und Ausbauhandwerker haben im 1. Quartal 2022 leichte Einbußen hinnehmen müssen. Dabei schlagen vor allem die hohen Energiekosten und die Rohstoffpreise durch. Noch immer melden aber fast 90 bzw. 92,5 % der Betriebe eine gute oder zumindest zufriedenstellende Geschäftslage.
- Zulieferer und Betriebe des gewerblichen Bedarfs stagnieren auf dem Niveau des Jahresabschlusses 2021. 24 % der Betriebe melden noch immer eine schlechte Geschäftslage.
- Leicht eingetrübt hat sich die Situation im Kfz-Handwerk. Die Zahl der Betriebe mit guter oder zufriedenstellender Geschäftslage sinkt um 2,5 Punkte auf 67,5 % (VI. 2021: 70 %).
- Die Nahrungsmittelhandwerke starten auf dem Niveau des Vorjahresquartals, 29 % der Betriebe verzeichnen dabei eine eher schlechte Lage. Nun muss sich zeigen, ob sich der Jahresverlauf trotz der Herausforderungen bei den Energiekosten und dem Personal ähnlich positiv wie 2021 darstellt.
- Deutlich schlechter als Ende 2021 schätzen im Berichtszeitraum die Gesundheitshandwerke ihre Lage ein. Im Vergleich steigt der Anteil der Betriebe mit schlechter Geschäftslage um 13,5 Punkte auf 31 %. Dennoch ist der Jahresstart deutlich besser als 2021 gelaufen (I. 2021: 59 %).
- Die Lage im Friseur- und Kosmetikhandwerk hat sich im I. Quartal 2022 mit Beendigung der meisten Corona-Maßnahmen deutlich verbessert. Immerhin knapp 70 % geben nun eine gute oder befriedigende Geschäftslage an. Im Vorjahresquartal waren dies nur 41 %.
Insgesamt bleibt das oberfränkische Handwerk trotz des stürmischen Gegenwinds der politischen Krisen und wirtschaftlichen Herausforderungen ein Anker der Stabilität.
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