Leutenbach bekommt Glasfaser bis in jedes Haus schon in einem Jahr

Kostenlos und ohne Zuschuss

Für den weiteren Glasfaserausbau hat die Gemeinde Leutenbach im Rahmen der Bayerischen Gigabitrichtlinie (BayGibitR) eine Markterkundung der förderfähigen Adressen, eine sogenannte „Bitratenanalyse“ durchgeführt und entsprechende Grobkalkulationen für den geförderten Breitbandausbau eingeholt. Wie Breitbandbetrater Andreas Frank von der Breitbandberatung Bayern GmbH während der jüngsten Gemeinderatssitzung informierte, werden alle Adressen mit einer Bandbreite kleiner 100Mbit/s im Download, sowie gewerbliche Adressen, die bereits mehr als 100 Mbit/s zur Verfügung haben, gefördert.

Die Glasfasererschließung bis ins Haus der zirka 400 förderfähigen Adressen im Gemeindegebiet wurde mit einem Eigenanteil von rund 250.000 Euro bei Gesamtkosten von rund 2,6 Millionen Euro grob geschätzt. Hierbei wurde alle Ortsteile berücksichtigt, wobei die Ortsteile Dietzhof und Leutenbach nur etwa zur Hälfte wegen der Höhe der Förderschwelle gefördert erschlossen werden können. In einem angekündigten Breitbandförderprogramm des Bundes soll ab 2023 die Förderschwelle von 100 Mbit/s fallen. Frank rechnete mit einer Ausbauzeit von ungefähr vier bis fünf Jahren, wobei dann auch nicht alle Anwesen mit Glasfaser bis ins Haus erschlossen wären. Der Gemeinderat sollte nun entscheiden, ob das Verfahren für den geförderten Teilausbau fortgeführt oder der geförderte Ausbau in 2023 nochmals angegangen werden soll.

Doch es kam ganz anders: nachdem Bürgermeister Florian Kraft (FW) einen Vortrag der Ismaninger Firma „Unsere Grüne Glasfaser GmbH & Co.KG“ (UGG) gehört hatte, von der Expansions-Managerin Melanie Hundt zur Sitzung gekommen war die ihrerseits als Beraterin Lea Marlen Fischer von der Münchner Niederlassung der Ernst & Young Business Transformation Digital Infrastructure (EY) mitgebracht hatte. Wie Fischer zunächst erklärte würden durch die Firma UGG alle Haushalte der Gemeinde Leutenbach kostenlos und ohne jegliche Kostenbeteiligung der Kommune innerhalb von nur einem Jahr mit Glasfaser bis ins Haus versorgt. Auch die ganzen Förderregularien spielen keine Rolle, denn eine staatliche Förderung würde – obwohl man dies könnte – nicht beantragt. Muttergesellschaft ist der Mobilfunkriese Telefónica und Mitinvestor die Versicherungsgesellschaft Allianz AG. Als Beispiel nannte Hundt die Gemeinde Heroldsbach. Dort hatte man sich vor Weihnachten für das Ausbaumodell der Firma UGG, die seit etwa einem Jahr neu auf diesem Markt ist, entschieden und schon in wenigen Wochen beginnt dort der Glasfaserausbau. Ein weiteres Beispiel ist auch die Gemeinde Hausen. Das einzige was man von der Gemeinde braucht ist eine Absichtserklärung und ein kleines Grundstück, für das es auch etwas Miete gibt, von dem aus die Verteilung erfolgen kann. Es wird natürlich nur dort gebaut, wo noch keine Glasfaserleitung liegt. Mit Bürgermeister Kraft ist die erste Grobplanung bereits durchgesprochen und man könnte sofort loslegen, da die Bautrupps schon in den Startlöchern stehen. Einziger Nachteil: Die Hauseigentümer müssen sich vor der Bauphase für den Anschluss an derzeit einen Betreiber entscheiden, dies wäre aktuell O². Dann gibt es den Anschluss bei einer Vertragslaufzeit von 24 Monaten für Null Euro. Wenn man diesen Dienst nicht mit bucht, würden etwa 630 Euro für den Glasfaseranschluss bis ins Haus fällig. Selbst dieses Geld kann man sich später aber wieder zurückholen, wenn man sich doch noch für einen Vertrag entscheidet. Im Gespräch ist der reine Infrastrukturgeber inzwischen aber auch mit rund 70 weiteren Anbietern. Und man kann mit dem Produkt mindestens 1 Gbit buchen.

Für Bürgermeister Kraft liegen die Vorteile dieses Modells ohne jegliche staatliche Unterstützung klar auf der Hand. Keiner muss Anschlussgebühren zahlen, die Gemeinde muss nichts dazu zahlen, es geht wesentlich schneller mit dem superschnellen Internet und es ist ein separates eigenes Netz. Raimund Dörfler (WVE) zeigte sich skeptisch. „Was ist, wenn ihr in die Insolvenz geht“, wollte er von Hundt wissen. Dies sei eher unwahrscheinlich, weil die Muttergesellschaft mit 5 Milliarden Euro Kapital ausgestattet sei. Zudem stehe die Aktiengesellschaft Allianz dahinter für die es eine langfristige Geldanlage für 50 Jahre und mehr ist. Zudem sei genügend Geld auf dem Deutschen Markt vorhanden, weshalb man auch keine staatlichen Zuschüsse brauche. Dann wollte Dörfler noch wissen, für was das „grün“ im Firmennamen steht. Zum einen braucht Glasfaser bis zu 60 Prozent weniger Strom als das bisherige Kupfernetz um die Daten noch viel schneller durch das Internet zu transportieren und zum anderen stünde der Firmenname auch für die ländliche Gegend – das „grüne Land“. Igor Lamprecht (FWG) war hin- und hergerissen. „Was ist wenn die Allianz und die Telefónica auf die Idee kommen, das Netz an einen Investor zu verhökern“, wollte der Maschinenbauingenieur wissen. Auch dazu konnte Hundt beruhigen, da dies nicht erfolgen werde. „Ich sehe keine Nachteile, denn man hat ja dann den Vertrag mit dem Anbieter“, meinte Reinhard Weber (WVE). Einstimmig fiel dann auch der Beschluss aus mit der Firma UGG zusammenzuarbeiten und die entsprechende Absichtserklärung abzugeben.