Bayreuther Geowissenschaftler erhält europäischen Forschungspreis

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Vulkanausbrüche aus der Nanoperspektive

Dr. Danilo Di Genova vom Bayerischen Geoinstitut (BGI) der Universität Bayreuth hat vom Europäischen Forschungsrat einen ERC Consolidator Grant erhalten. Sein Projekt NANOVOLC wird in den nächsten fünf Jahren mit rund zwei Millionen Euro gefördert. Das Forschungsthema, die Viskosität von Magma, ist von großer Bedeutung für die Einschätzung von Gefahren, die weltweit von aktiven Vulkanen ausgehen können.

Dr. Danilo Di Genova bereitet am BGI ein Experiment mit basaltischem Magma unter hohen Drücken und hohen Temperaturen vor. UBT / Chr. Wißler.

Dr. Danilo Di Genova bereitet am BGI ein Experiment mit basaltischem Magma unter hohen Drücken und hohen Temperaturen vor. UBT / Chr. Wißler.

Im Zentrum der Forschungsarbeiten stehen Nanokristalle, sogenannte „Nanolithen“, in geschmolzenem Magma. Sie können einen starken Einfluss auf die Explosivität von Vulkanausbrüchen und damit auf die Produktion von Vulkanasche haben. Diese Prozesse beeinflussen wiederum die Bewohnbarkeit der umliegenden Gebiete und – infolge des Aschetransports in der Atmosphäre – auch von weiter entfernten Regionen.

Für die Vulkanforschung war es bis vor einigen Jahren ein Rätsel, warum ähnliche Magmen trotz ähnlicher physikalisch-chemischer Bedingungen auf sehr unterschiedliche Weise aus aktiven Vulkanen ausbrechen. In einigen Fällen kommt es zu explosiven Eruptionen und einer starken, sich schnell ausbreitenden Aschesäule, in anderen Fällen fließt Lava relativ ruhig aus dem Vulkan. Erst vor wenigen Jahren haben Untersuchungen im Nanomaßstab ergeben, dass kleine Kristalle mit hoher Eisen- und Titankonzentration einen bedeutenden Einfluss auf Vulkanausbrüche und deren Folgen haben können. Sie wirken sich insbesondere auf die Viskosität des Magmas aus und steuern dessen Fragmentierung, in deren Verlauf das Magma zu Asche wird. Aufgrund ihres Durchmessers von wenigen Nanometern werden diese kleinen Kristalle auch als Nanolithen bezeichnet.

„Trotz zahlreicher wegweisender Fallstudien sind wir derzeit noch weit davon entfernt zu verstehen, wie die Entstehung von Nanolithen und der Verlauf von Vulkanausbrüchen miteinander zusammenhängen. Bisherige Modelle berücksichtigen nicht den Einfluss von Nanolithen auf die Magmadynamik und erlauben keine verlässlichen Vorhersagen hinsichtlich des zu erwartenden Typs von Eruptionen. An dieser Stelle setzt das ERC-Projekt NANOVOLC an. Am Bayerischen Geoinstitut wollen wir Experimente zur Dekompression von Magma durchführen und ein numerisches Modell entwickeln, mit dem wir sowohl die Magmadynamik bei Vulkanausbrüchen als auch die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Eruptionsereignisses in einem vulkanischen Gebiet untersuchen können. Dies ist für die Eindämmung der von Vulkanen ausgehenden Gefahren von entscheidender Bedeutung“, sagt Dr. Danilo Di Genova.

Bei seiner Forschungsarbeit wird der preisgekrönte deutsch-italienische Forscher mit anderen Geowissenschaftlern am BGI zusammenarbeiten. Gemeinsam mit Prof. Dr. Hans Keppler wird er eine neuartige Apparatur entwickeln, die spezielle Experimente zur Fragmentierung von Magma ermöglicht. Dr. Gerd Steinle-Neumann und Dominic Langhammer M.Sc. sind Partner bei Forschungsarbeiten, die darauf abzielen, künstliche Intelligenz auf die Modellierung der Viskosität von Magma anzuwenden. „Die in unserem Projekt gewonnenen Erkenntnisse können nicht nur für die Erforschung des Vulkanismus, sondern auch für die Materialwissenschaft von großem Interesse sein. So können beispielsweise Unternehmen der Glasindustrie, die an der Optimierung von Glaskeramik arbeiten, von unseren Forschungsdaten zu Nanolithen profitieren“, sagt Di Genova.

Hintergrund:

Weltweit sind derzeit rund 550 Vulkane aktiv. Die rund 500 Millionen Menschen, die in ihrer Nähe leben, sind einer ständig schwelenden Gefahr ausgesetzt. Eine besonders große Gefahr geht von explosiven, aschereichen Vulkanausbrüchen aus, die durch die Fragmentierung des in den Vulkankanälen angesammelten Magmas verursacht werden. Ein umfassendes Verständnis der Magmafragmentierung und des explosiven Verhaltens von Vulkanen ist daher entscheidend, um drohende Gefahren frühzeitig und realistisch einschätzen zu können. Dies wiederum ermöglicht die Planung wirksamer Notfall- und Schutzmaßnahmen, einschließlich der vorübergehenden Evakuierung der Wohnbevölkerung in der Nähe von Vulkanen.