Aus der Bamberger Leserpost: „Für eine bunte Stadtgesellschaft“ – Transparenz, Respekt und Kompromissbereitschaft müssen ins Ordnungsamt zurückkehren

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Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Starke, sehr geehrter zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp, sehr geehrter dritter Bürgermeister Wolfgang Metzner, sehr geehrte Mitarbeitende des Ordnungsamts Bamberg,

als aktive Mitglieder der Bamberger Zivilgesellschaft gestalten wir unsere Stadt unter anderem durch die Organisation von Kundgebungen und Demonstrationen mit. Alle hier unterzeichnenden Organisationen stehen für Vielfalt und Toleranz ein und werden laut gegen menschenfeindliche Ideologien. Leider wurde unsere Arbeit durch das Agieren des Ordnungsamtes im Laufe des letzten Jahres immer mehr erschwert. Mitglieder unserer Organisationen haben sich bemüht, diese Probleme anzusprechen und Kompromisse zu finden – doch stießen wir beim Ordnungsamt bisher auf kein Interesse an einem Gespräch auf Augenhöhe mit uns. Daher sehen wir uns gezwungen unsere Kritik und Forderungen im Rahmen dieses offenen Briefes zu äußern. Wir hoffen, dass wir in Zukunft auf die Ebene des konstruktiven Austausches zurückkehren können.

Folgende Probleme haben im vergangenen Jahr unsere Arbeit mit dem Ordnungsamt gekennzeichnet:

Schlechte Kommunikation und Kooperation

Beispielsweise war die Kommunikation mit dem Ordnungsamt zu einer Demonstration am 28.02.2022 leider kompliziert und intransparent. Die Schlusskundgebung sollte am Schönleinsplatz stattfinden, was vom Ordnungsamt mit anfänglicher Skepsis betrachtet wurde. Allerdings wurde den Organisator*innen keine echte Alternative angeboten. Stattdessen wurde geraten, gar keine Schlusskundgebung zu veranstalten. Als die Organisator*innen dies ablehnten, wurde die Demonstration auf eine kleine Seitenstraße am Schönleinsplatz verwiesen, die weder öffentlichkeitswirksam war noch genug Platz für die Einhaltung der damals geltenden Abstandsregelungen bot.

Als die Organisator*innen auch dieses Angebot ablehnten, wurde ihnen weniger als 48 Stunden vor Beginn der Demonstration mitgeteilt, dass der Schönleinsplatz nicht nur aus organisatorischer Sicht, wie vorher vom Ordnungsamt kommuniziert, ungünstig ist, sondern dass gesetzliche Auflagen gegen eine Veranstaltung an diesem Ort sprechen. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde den Organisator*innen mitgeteilt, dass sie eine Sondernutzungsgenehmigung für diesen Platz beantragen müssten.

Dies ist nur ein Beispiel dafür, dass Informationen zu Veranstaltungsauflagen von Seiten des Ordnungsamts nicht oder nur nach mehrmaliger Aufforderung zur Verfügung gestellt werden. Erschwerend hinzu kommt, dass die Kommunikation der Auflagen regelmäßig so spät erfolgt, dass es nur schwer möglich ist im Zweifel eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu erwirken.

Ein weiteres Beispiel für schlechte Kommunikation ist ein Vorfall im Dezember 2021. Der Organisator einer Gegenveranstaltung zu einer Demonstration des verschwörungsideologischen Milieus fragte im Rahmen seiner Veranstaltungsanmeldung beim Ordnungsamt an, ob der Ort seiner Startkundgebung sich mit der anderen Demonstration überschneiden würde. Ihm wurde gesagt, die verschwörungsideologische Gruppe habe ihre Veranstaltung noch nicht angemeldet – was sich beim zwei Tage später folgenden Kooperationsgespräch als Falschaussage herausstellte. Was sollen Bürger*innen davon halten, dass ihnen Informationen vorenthalten oder sogar wissentlich falsche Angaben gemacht werden?

Nicht nachvollziehbare Entscheidungen und Begründungen

Die Begründungen von Seiten des Ordnungsamts für das Vorenthalten von Informationen gegenüber Veranstaltungsanmelder*innen sind für uns nicht nachvollziehbar. Beispielsweise werden die Routen von Demonstrationen nicht herausgegeben, was den Gegenprotest stark erschwert. Das Ordnungsamt verhindert damit den Beachtungserfolg von Gegendemonstrationen – mit dem Verweis auf Datenschutz. Doch Demo-Routen haben nichts mit personenbezogenen Daten zu tun.

Ein Beispiel für nicht nachvollziehbare Entscheidungen ist die Verlegung der Kundgebung der OMAS GEGEN RECHTS Bamberg am 05.03.2022. Die Organisator*innen hatten bereits eine Zusage die Veranstaltung auf dem Maxplatz durchführen zu können. Kurz darauf teilte das Ordnungsamt mit, dass dieser leider besetzt sei. Tatsächlich war am selben Tag ein Info-Stand der AfD auf dem Maxplatz, der allerdings eine halbe Stunde vor Beginn der Kundgebung der OMAS GEGEN RECHTS wieder abgebaut war. Da es keine zeitliche Überschneidung gab, bleibt rätselhaft warum die spätere Veranstaltung an die Promenade verlegt wurde. Auch die kurzfristige Verlegung der Kundgebung zu den Interkulturellen Wochen gegen Rassismus am 21.03.2022 fällt in diese Kategorie.

Auch eine nachvollziehbare Begründung für die maximale Personenanzahl bei Veranstaltungen auf den öffentlichen Plätzen in Bamberg ist das Ordnungsamt bisher allen anfragenden Gruppen schuldig geblieben. Diese Auflagen werden zwar durch die Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen nicht mehr ausschlaggebend sein, doch ihre Umsetzung im vergangenen Jahr bringt uns zum nächsten Kritikpunkt:

Doppelte Standards: Anschein der Ungleichbehandlung unterschiedlicher Anmelder*innen

Bei den Demonstrationen des verschwörungsideologischen Milieus in Bamberg wird mit Megafonen, Trommeln, Trillerpfeifen und brüllende Menschen eine schmerzhafte Lautstärke erzeugt. Gleichzeitig sollen Anmelder*innen von Gegenveranstaltungen im besten Fall vorher die Anzahl ihrer Megafone angeben, um die Geräuschemissionen zu minimieren.

Während für den 28.02.2022 die Auflage gemacht wurde, dass Demonstrierende die Obere Brücke nur in Zweier-Reihen überqueren dürfen (woraufhin die Organisator*innen die Route änderten), lief eine verschwörungsideologische Demonstration im März 2022 offensichtlich ohne diese Auflage über die Obere Brücke.

Dies sind nur zwei Beispiele, welche Unterschiede es bei Auflagen unterschiedlicher Veranstaltungen geben kann, doch uns sind viele weitere Fälle aus den letzten zwölf Monaten bekannt. Wie begründen Sie diese Entscheidungen und welche Einschätzungen sind dafür ausschlaggebend?

Des Weiteren ist im letzten Jahr der Eindruck entstanden, dass in Bamberg alle anderen Veranstaltungen dem verschwörungsideologischen Milieu weichen müssen. Beispielsweise wird die Bamberger Mahnwache Asyl seit Jahren regelmäßig montags am Gabelmann veranstaltet und wurde Anfang 2022 vom Ordnungsamt kurzfristig an den Maxplatz verlegt, um Platz für einen „Stay Awake“ Demonstrationszug zu schaffen.

Die oben aufgeführten Punkte, gemeinsam mit der mangelnden Kompromissbereitschaft des Ordnungsamts haben dazu geführt, dass sich zivilgesellschaftliche Akteur*innen im letzten Jahr immer mehr gegängelt und immer weniger wertgeschätzt gefühlt haben. Leider drängt sich inzwischen der Eindruck auf: Wenn man sich an die Regeln und Auflagen hält, wird man nicht ganz ernst genommen.

Um in Zukunft zu einem respektvollen und konstruktiven Verhältnis zwischen Ordnungsamt und Zivilgesellschaft zurückkehren zu können, ist unter anderem wichtig:

Das Ordnungsamt soll sich zu einem Gespräch bereiterklären, bei dem zivilgesellschaftliche Akteur*innen ihre Probleme darlegen und Lösungen gefunden werden können.
Das Ordnungsamt soll seine Entscheidungen transparenter machen.
Das Ordnungsamt muss die Gleichbehandlung (Informationen) aller Veranstaltungsanmeldungen sicherstellen.
Das Ordnungsamt soll eine wertschätzende Kommunikationskultur pflegen, in der die konstruktive Kritik der Bürger*innen ernst genommen wird.
Es soll eine Möglichkeit gefunden werden, die Routen und Veranstaltungsorte angemeldeter Versammlungen zu veröffentlichen. Dies würde auch die Planung für Anwohner*innen und Verkehrsteilnehmer*innen erleichtern.
Wir sind uns sicher: Ob zivilgesellschaftliche Organisationen oder Ordnungsamt, wir alle wollen eine schöne Stadt, die von der Kreativität und dem demokratischen Einsatz der Bürger*innen geprägt ist. Wir bitten Sie mit uns gemeinsam daran zu arbeiten, dass dies ohne unnötige Hürden und im respektvollen Miteinander möglich ist.

Die Unterzeichner:

Omas gegen Rechts Bamberg,

Antifaschistisches Aktionsbündnis gegen Verschwörungsmythen,

SJD – Die Falken Bamberg,

Bamberger Bündnis gegen Rechtsextremismus,

Amnesty Bamberg,

AStA Bamberg e.V.,

Aufstehen gegen Rassismus Bamberg,

KIBA,

Grüne Jugend Bamberg,

Seebrücke Bamberg,

SDS Bamberg,

JIBA,

Jusos Bamberg Stadt,

FFF Bamberg,

Linksjugend solid Bamberg,

DGB-Jugend Oberfranken,

DGB Hochschulgruppe Bamberg