Blick über den Zaun: Ukrainische Flüchtlinge zu Gast auf dem Frühlingsfest
Insgesamt 120 ukrainische Flüchtlinge auf Einladung des Südd. Schaustellerverbandes zu Gast
Der Süddeutsche Schaustellerverband hat ukrainische Flüchtlinge zu einem Bummel über den Volksfestplatz eingeladen. Es handelte sich dabei um zwei Gruppen à ca. 30 Personen, vor allem Frauen und Kinder, die vor Putins Krieg in der Ukraine flüchten mussten und im Messezentrum wohnen. Diese Aktion wird kommende Woche wiederholt.
Kriegsflüchtlinge und pralles Volksfestleben, das sind Gegensätze, die auch ein erfahrener Reporter nicht so einfach zusammenbekommt. Die erste Gruppe, etwa 30 Menschen, besteht aus Kindern, Jugendlichen und ihren Müttern und Großmüttern. Und da sind wir mittendrin, im emotionalen Tiefland, denn erwachsene Brüder, Väter, Onkels sind in der Ukraine geblieben, so wollen es die Gesetze des Landes im Kriegszustand. Wir haben außerdem Glück, dass uns Olga Karelina hilft. Sie stammt aus Perm, einer russischen Stadt auf der europäischen Seite des Uralgebirges.
Sie kam vor 18 Jahren als BWL-Studentin her, hatte schon Deutsch studiert und blieb der Liebe wegen. Jetzt hilft sie an freien Tagen als ehrenamtliche Dolmetscherin – auf Russisch. Ihre Herkunft ist kein Problem, alle Ukrainerinnen sprechen Russisch und nutzen Olgas Kenntnisse und Fähigkeiten, Spannungen sind keine auszumachen. „Es ist meine Art, mit dem Horror umzugehen“, begründet sie ihr Engagement.
Unter unseren jungen Gästen ist Veronika, 13, ein großgewachsenes Mädchen, das etwas Deutsch spricht. Sie hat es zu Hause in Odessa, eine Millionenstadt am Schwarzen Meer, auf der Schule gelernt, möchte gerne einmal in Deutschland leben – aber nicht jetzt, nicht als Folge der Flucht. Sie fährt gern die wilden Sachen, den XXL-Racer mit ihrem Kumpel Gleb, 14, den sie aus der Heimat von der Schule kennt. Dies, sich von zu Hause kennen, ist die Ausnahme dieser Besucherinnen, obwohl etliche Menschen aus der Partnerstadt Charkiv stammen. Doch die hatte schließlich fast zwei Millionen Einwohner (vor dem Krieg). Isaura aus der Nürnberger Partnerstadt Charkiv im Nordosten der Ukraine, 32, erzählt, dass ihr Haus von Bomben zerstört wurde, während sie mit ihren Kindern im Bunker war. Sie ist mit ihrem Sohn Micha hier (10) und ihrer Mama und was sie von zu Hause hören, macht keine Freude: „Das Bombardieren von Charkiv geht andauernd weiter.“
Alle Gesprächspartnerinnen, die sich hier kennengelernt haben und schnell Freundschaften schlossen, formulieren unisono nur den einen Wunsch: „Wir wollen bald wieder heim. Wir wollen die Unseren gesund wiedersehen. Wir wollen sie umarmen.“
Die Schausteller geben ihr Möglichstes, laden ein zu Freifahrten, Crêpes, Früchtespieße, in Paperts Festzelt, sehr nachgefragt sind Freifahrten im Autoskooter und der „größte Maibaum der Welt“. Für die Gäste eine willkommene Abwechslung, denn in ihrem Nürnberger Zuhause, sie sind im Messezentrum untergebracht, schauen sie wie gebannt den ganzen Tag Nachrichten über den Fortgang des Krieges in der Ukraine. Selbst für uns, die wir doch relativ unbeteiligt sind, ist der Horror dieser Bilder ja kaum auszuhalten. Man kann sich nicht vorstellen, was es für die Menschen bedeutet, die um die Ihren bangen.
Trotzdem sagt eine Frau auf die Frage, ob es sie schmerzt, dass alles hier so fröhlich erscheint: „Nein, das ist doch natürlich. Wir Ukrainer waren auch fröhlich, als wir sicher zu Hause lebten und die Kriegsnachrichten aus Syrien uns erreichten. Das ist zutiefst menschlich.“
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