Aus der Bamberger Leserpost: „Schluss mit unlustig“

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Am Sonntag, den 3. April 2022 wurde in Deutschland die Begegnungsbarriereverpflichtung von hochoffizieller Seite in eine Empfehlung transformiert. Meinerseits folgte eine feierliche freudig-freie Feuerbestattung der letzten FFP2-Maske, stilvoll begleitet von einer frisch geköpften Flasche Falmet Brut Champagne und den musikalischen Klängen von Mozarts Requiem. Lichterloh loderte das Freudenfeuer der Freiheit für künftige Begegnung ohne Barrieren.

Diese Begeisterung und Vorfreude teilten jedoch viele nicht, wie in der Folgewoche in den Supermärkten deutlich zu sehen und zu spüren war. Weiterhin schottete man sich ab, verbarg sein Angesicht, seine Mimik, sein Lächeln, seine Identität, und kreierte durch die gewollte Depersonalisierung seiner selbst eine abgrenzende Distanz zum jeweiligen Gegenüber.

Draußen schien die Sonne in voller Pracht, und ich dachte bei mir: ‚Wenn die Sonne sich immer maskieren und verbarrikadieren würde, dann wäre unser Leben nicht strahlend und warm, sondern düster und kalt.‘

Die Vorteile des liberaleren Lebens waren nicht von der Hand zu weisen. Der Kino- und Konzertbesuch erwiesen sich als sehr viel angenehmer, dem heftigen plötzlichen Schneeregeneinbruch in der Innenstadt konnte ich souverän ausweichen, indem ich spontan in einen Laden flüchtete, ohne dass ich zuvor mit der dritten, nicht existenten Hand zuerst die Maske hervorkramen musste, da Schirm und Einkaufstasche bereits beide Hände in Beschlag nahmen. Irgendetwas war bislang beim Hervorziehen der Maskerade in solch einer Situation immer in der Pfütze vor dem Geschäft gelandet: die Maske, der Schirm, der Hut oder gar das Handy.

Die Ausschilderungen vor den Kultureinrichtungen, Gaststätten und Märkten waren sehr unterschiedlich gestaltet. Von Maskensadismus, Maskenmasochismus und Moralkeulen bis hin zu freundlich-fröhlichen Einladungen und Liberalisierungsaufforderungen mit Freude am Freedom Day war alles darunter.

In jedem Fall ist es nicht sehr aufgeschlossen, vorbildhaft, rücksichtsvoll und entgegenkommend, sich vor seinem Mitmenschen zu verbarrikadieren und ihm dadurch das Gefühl, zweite Wahl zu sein, zu übermitteln. Oder aber keine Empathie aufgrund der unsichtbaren Persönlichkeitsmerkmale mehr auslösen zu können. Schließlich hat jeder seine Lieblingsmitmenschen, welchen er demaskiert, „oben ohne“, oder wie man diesen Status auch immer bezeichnen mag, offen gegenübertritt.

Andere Maßnahmen gibt es ja auch: Abstand vor Unbekannten, Desinfektionsmittel und den 2G plus- Status der Impfung. Maßnahmen, welche keinerlei zwischenmenschliche Entfremdung und sichtbare Distanz mittransportieren. Die Masken wurden eine fast fest installierte Dauerdistanz unter Lebenden, eine Art von lebendiger Mumifizierung.

Lasst uns nach zwei Jahren Distanzgymnastik endlich wieder normal miteinander umgehen! Wie es im europäischen Ausland vielerorts üblich ist, wie ich persönlich erleben durfte. Auch in Flugzeugen während der Mahlzeiten und in den Restaurants leben wir demaskierte Realitäten. Gerade die Angehörigen vulnerabler Gruppen, deren Tage gezählt sind, stellen nicht selten die Freiheit und Geselligkeit über die Sicherheit und die Gesundheit um jeden Preis, und präferieren häufig menschliche Nähe und Normalität gegenüber Distanz. Positive menschliche Nähe stärkt das Immunsystem, welches nebenbei auch ein bisschen Training benötigt. Mittlerweile hat selbst die 95-jährige englische Queen die Corona-Infektion unbeschadet überstanden. Leben auf Sparflamme reduziert ungeahnte Möglichkeiten bis zu dem Punkt, an dem Menschen das Zeitliche segnen, ohne überhaupt je in Fülle gelebt zu haben. Früher verliebten sich Menschen im Windfang von Restaurants, im ICE, in Buchhandlungen. All dies ist kaum noch möglich, Zufallsbegegnungen sind nahezu passé, Kommunikation ist massiv erschwert, was jede Begegnung verkrampft und ihr eine traurige Aura verleiht. Es ist schon befremdlich genug, wenn man von Köln nach Bamberg mit dem Zug reist, beim Umstieg in Würzburg seine OP-Maske gegen ein FFP2-Modell austauschen zu müssen. Wenigstens ist wieder Zahnhygiene vor dem Zahnarztbesuch und Lippenkosmetik in den öffentlichen WCs gestattet. Meine Generation kommt aus einer Zeit, wo noch mit 39 Grad Celsius Fieber und dem Inhalt einer halben Apotheke im Körper auf dem Zahnfleisch zum Arbeitseinsatz gerobbt wurde. Wer keine Lebensfreude in sich trägt, raube sie bitte nicht dem Nächsten. Einige Personen besitzen ein so wunderschönes Lächeln, dass es ein Verbrechen darstellt, es ihren Mitmenschen vorzuenthalten. Um wieder erfüllt mit einem Maximum an Lebensqualität leben zu können, kann man nur die Aufforderung aussprechen: Befreit euch, fühlt euch befreit und lebt wieder aus der Fülle – zum Wohle Aller!

Sandra Dorn, Bamberg, 14.04.2022

1 Antwort

  1. Bernd Vogelgesang sagt:

    Muss man so einen Krampf echt veröffentlichen? Wirklich?