Erlangen und Landkreis ERH: Online-Informationsveranstaltung des Forums „Energie“ des Nachhaltigkeitsbeirates war gut besucht
Das Thema der Energiewende erfährt aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg besondere öffentliche Aufmerksamkeit. Aber auch die drohende Klimakrise erfordert unverzügliches verstärktes Handel, wie der jüngste Bericht des Weltklimarates (IPCC) eindrücklich aufgezeigt hat.
Doch wie kann der notwendige Ausbau der Erneuerbaren Energien tatsächlich beschleunigt werden? Werden wir in Deutschland vor lauter Windrädern und Photovoltaik-Anlagen bald den Wald und die Felder nicht mehr sehen?
Unterschiedliche Studien haben aufgezeigt, dass neben der Nutzung von Dachflächen und sonstigen versiegelten Flächen, wie Parkplätzen parallel auch eine verstärkte Nutzung von Freiflächen für die Photovoltaik zum Erreichen der Klimaschutzziele, aber auch einer sicherheitspolitisch gewünschten hohen Eigenversorgungsquote unabdingbar ist.
Ein wichtiger Ansatz in dieser Herausforderung ist die gleichzeitige Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen für die Produktion von Nahrungsmitteln und die Produktion von elektrischem Strom mittels der Photovoltaik. Bei einer solchen Doppelnutzung, Agri-Photovoltaik genannt, werden die Photovoltaik-Module entweder über oder in Reihen längs von dazwischen landwirtschaftlich genutzten Flächen aufgestellt.
Das Forum Energie des Nachhaltigkeitsbeirats der Stadt Erlangen und der Verein Energiewende ER(H)langen haben am 4. April zu einer Online-Informationsveranstaltung zu diesem Thema eingeladen. Rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Stadt Erlangen, dem Landkreis Erlangen-Höchstadt und darüber hinaus, hatten sich zu der Veranstaltung angemeldet. Unter ihnen Landwirte, Stadträte, Gemeinderäte, Bürgermeister, Vertreter von Verbänden sowie privat Interessierte. Moderiert wurde die Veranstaltung von Stefan Jessenberger, Sprecher des Forum Energie und Vorsitzender des Energiewende-Vereins. Im ersten Vortrag von Daniel Eisel und Gawan Heintze vom Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ) in Straubing ging es primär um die unterschiedlichen technischen Optionen der Doppelnutzung, deren Auswirkungen auf die Erträge der Nutzpflanzen sowie rechtliche Aspekte. Bei der Betrachtung der Ertragssituation wurden u.a. Forschungsergebnisse der Universität Hohenheim sowie des Fraunhofer Institutes für Solare Energiesysteme in Freiburg vorgestellt. So wurde dargelegt, dass beispielsweise die Erträge von Winterweizen und Kartoffeln in durchschnittlich eher wärmeren und trockeneren Jahren auf Flächen mit Doppelnutzung durch die Photovoltaik sogar höher ausfielen als auf konventionell genutzten Flächen. Grundsätzlich gilt dies insbesondere für solche Pflanzen, die mit trockenem und heißen Klima sowie Extremwetterereignissen Schwierigkeiten haben. Hier dienen die Photovoltaik-Module dem Schutz vor Starkregen und Hagel, vor Bodenerosion und Austrocknung und vor starken Tag-Nacht-Temperatur-Schwankungen. Da es in Zukunft durch den Klimawandel eher wärmer und trockener wird sowie vermehrt Extremwetterereignisse geben wird, ist diese Erkenntnis entsprechend von hoher Relevanz für eine positive Beurteilung dieser Technik.
Im zweiten Vortrag von Fabian Neu von der Firma BayWa r.e. ging es dann primär um Beispiele von Agri-Photovoltaik-Anlagen in der Praxis. Mittlerweile kann auf eine große Zahl bereits weltweit erfolgreich umgesetzter Projekte und die hier gemachten Erfahrungen zurück gegriffen werden.
In den Diskussionen zwischen und nach den Vorträgen wurde dennoch teils kontrovers über den Einsatz der Agri-Photovoltaik diskutiert. Gerade das Thema der Konkurrenz um Flächen für den Anbau von Lebensmitteln wurde thematisiert. In der Diskussion wurde aber auch dargelegt, dass aktuell rund 20 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen für den Anbau von Energiepflanzen genutzt wird. Ein großer Anteil hiervon für die Produktion von Bio-Treibstoffen, welche im Vergleich zur Produktion von Energie mittels der Photovoltaik auf der gleichen Fläche um den Faktor 1/100 weniger effizient ist. Ein guter Grund somit insbesondere auch vor dem Hintergrund des voranschreitenden Umstiegs auf die E-Mobilität auch bei der Nutzung der Flächen umzustellen. Auch Vertreter des Landesbundes für Vogelschutz sowie des Bund Naturschutz meldeten sich zu Wort und wiesen auf potentielle positive Effekte der Doppelnutzung bzw. auch der ausschließlichen Nutzung der Flächen mittels der Photovoltaik hin, wenn bei der Planung entsprechende Umwelt-, Arten- und Biodiversitätskriterien zugrunde gelegt werden.
Der umfangreiche Fundus von bereits erfolgreich umgesetzten Agri-Photovoltaik-Projekten sowie die aufgeführten Vorteile machen Hoffnung, dass diese Art von Anlagen bald auch im fränkischen Raum Anwendung finden werden. Stefan Jessenberger wies auf weitere in diesem Zusammenhang geplante Veranstaltungen hin.
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