HC Erlangen: „Hinaus aus dem Treibsand“
Wochenlang schuftete der HC Erlangen und feierte Achtungserfolge – aber keine Punktsiege. Das 30:23 (13:8) über den Bergischen HC am Donnerstag soll nun die Zweifel beseitigen und das nötige Selbstvertrauen zurückbringen.
Viele Wochen war der HC Erlangen fast unerbittlich in hartnäckigem Treibsand festgesteckt – so fühlte sich das in etwa an. Mit viel Kraft und Anstrengung hatte er sich Woche für Woche versucht herauszuarbeiten, er hatte sich zwar Respekt verschafft, ja, einen Punkt bei den Rhein-Neckar Löwen erkämpft, ein gutes Spiel in Hamburg gezeigt, lange gegen Göppingen dagegen gehalten. Doch was meist nur heraussprang, waren Achtungserfolge, aber keine Punkte. Der HCE, er steckte weiter in diesem verflixten Sand fest und weiter heraus als bis zum Nabel ging es irgendwie nicht. „Wir hatten schweres Gepäck zu tragen“, umschrieb es Trainer Raul Alonso. „Es war so bitter, wenn du immer wieder knapp verlierst, gut analysierst, hart trainierst – aber merkst: Es fehlt nicht an der Qualität, es ist vielmehr so, dass wir uns immer aufs Neue selbst besiegen“, sagte Antonio Metzner.
Der Treibsand, er hatte sich irgendwann hinauf bis in die Köpfe vorgearbeitet.Aus acht Bundesligaspielen gab es so nur einen Sieg, immer näher rückte damit auch die Abstiegszone der Handball-Bundesliga. „Das war das eine“, verriet Christopher Bissel, „was uns aber mindestens genauso beschäftigte war, dass niemand zufrieden sein konnte. Jeder wusste, wie hart wir unter der Woche arbeiten, dass wir alles raushauen – nur die Ergebnisse fehlen.“ Gut, in Stuttgart, beim 29:34 hatte dann sogar noch ein wenig mehr gefehlt – umso wichtiger war es daher, „diesen Bock endlich umzustoßen“ (Bissel).Das Erlanger Prunkstück, die Abwehr, sollte dabei einmal mehr den Grundstein bilden, aus dem der Satz heraus aus dem Treibsand endlich gelingen sollte. Und tatsächlich: Im Innenblock hatten der überragende Link und Sebastian Firnhaber im Verbund mit Steffen Fäth, der immer mehr an seine Glanzzeiten erinnert, irgendwann regelrecht Ölschmierer im Gesicht, so sehr schufteten sie im HCE-Maschinenraum. Die Deckung, sie langte nicht nur beherzt zu, sie lauerte auch wachsam auf die kleinsten Fehler im feinen Angriffsgebilde des BHC. In Unterzahl stahlen Bissel, Jeppsson und Fäth die Bälle und schickten ihre Mitspieler zu einfachen Toren auf die Reise. Souverän arbeitete sich Erlangen so immer weiter davon, auch weil ein unglaublicher Simon Jeppsson gleich zweimal mit dem letzten Pass den Ball mit seinem Wurfkatapult in den Torwinkel zimmerte. 13:8 stand es folgerichtig zur Pause. Bis zum Knie hatte man sich da bereits aus dem Sand gearbeitet.Was nun den großen Unterschied zu den vergangenen Wochen machte: Dort, wo sonst kleine Fehler und Ballverluste fast regelmäßig verheerende Kettenreaktionen ausgelöst hatten, in dessen Folge das ganze Kartenhaus plötzlich zusammenfiel, dort gab es nun gegenseitige Unterstützung, Aufmunterung, es gab Hilfestellung und viel Zuspruch. „Es herrschte eine ganz andere Stimmung“, verriet Christopher Bissel. Dazu schaufelte das Publikum, 3387 Menschen waren in die Arena gekommen, immer wieder Berge an Energie aufs Feld.
„Es war mega, das hat so gut getan“, gestand Antonio Metzner, es konnte eigentlich gar nicht mehr schief gehen.Und so gab es diesmal endlich keinen Einbruch, keine Hektik, keine Enttäuschung, kein Herabsinken mehr in den Treibsand der vergangenen Wochen, der einem die Luft zum Atmen raubt; was vielmehr folgte, war jetzt ein Riesensatz voller Energie und Selbstvertrauen heraus aus all diesem Unglück und dieser Enttäuschung.„Ich bin hochzufrieden, wir nehmen jetzt viel Selbstvertrauen mit in die kleine Pause und das anstehende Final Four“, freute sich Raul Alonso. „Dieser Sieg ist enorm wichtig für unsere tägliche Arbeit.“ Neben all den Rechenspielen im Abstiegskampf, die die zwei Punkte nun beendeten, sei der Wert vor allem psychologisch nicht zu unterschätzen, fand auch Christopher Bissel. Aber: „Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und uns wieder ausruhen – wir müssen genau hier ansetzen, damit es so weitergeht.“Das sei der Schritt, „den wir nach Monaten und Jahren endlich gehen müssen“ – hinaus aus diesem elenden Sand bis ganz nach vorn, dorthin, wo endlich fester Boden unter die Füße kommt.
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