HC Erlangen erspielt Heimsieg über den Bergischen HC
Beim 30:23 (13:8) über den Bergischen HC findet der HC Erlangen mit Aggressivität und Klasse zurück in die Spur
Kurz bevor es endlich geschafft war, bevor all die Rucksäcke, tonnenschwer und bis obenhin gefüllt mit Steinen, endlich ausgezogen und in die Ecke geworfen werden konnten, da schwappte die Welle von unten los bis ganz hinauf unters Arenadach. „Steht auf, wenn ihr HC-Fans seid“, sang die Supporters Crew aus Leibeskräften, die Fans, sie trommelten und schwenkten dazu wie wild ihre HC-Fahnen. Doch die meisten der 3387 Zuschauer, sie wussten damit nichts anzufangen: sie standen ja schon längst. Die Menschen, die zum ersten Bundesliga-Heimspiel ohne Maskenpflicht seit einer gefühlten Ewigkeit in die Arena am Kurt-Leucht-Weg gekommen waren, sie wussten seit Minuten schon längst nicht mehr, wohin mit all ihrer Freude und Erleichterung: 30:23 (13:8) stand es, als endlich die letzten Sekunden von der Uhr gelaufen waren. Es war ein unerwartet deutlicher und auch in dieser Höhe „absolut hochverdienter Erfolg des HC Erlangen“, wie selbst Gästetrainer Sebastian Hinze zugeben musste.
Nur ein einziges Mal in diesen 60 Handballminuten, nämlich mit 0:1, hatte eine andere Mannschaft in Führung gelegen als die des HC Erlangen. Keine einzige Sekunde lang musste man aber Angst bekommen um diesen Heimsieg – derart aggressiv, derart leidenschaftlich und kompromisslos war er HCE vor allem in der Deckung von Beginn an zu Werke gegangen. Gerade einmal acht Tore hatte der Gastgeber bis zum Seitenwechsel vom Bergischen HC zugelassen. Während draußen vor den Toren der Arena der Himmel Dauerregen schickte, hielt innen die Verteidigung vor einem endlich wieder herausragenden Klemen Ferlin nahezu wasserdicht allen Angriffswellen des Bergischen HC stand; erst versuchte der es um Feingeist Linus Arnesson mit Spielintelligenz, dann mit Cleverness – als selbst das nicht mehr hielt, mit der Brechstange. Doch was der BHC einzig erntete, war Gegentor um Gegentor. Immer wieder sprang Christopher Bissel in die Querpässe, der Linksaußen, er flog in diesem Spiel fast mehr, als dass er auf den Füßen stand. Und wenn er mal stand, dann packte er herzhaft zu – genau so, wie seine Nebenleute. „Wir waren alle so aufgeladen“, gestand Bissel später, „heute hat es gar keinen Energizer gebraucht.“
Statt einem Energizer, einem, der sie alle ansteckte mit seinem unbändigen Willen, hatte diese Erlanger Mannschaft an diesem Donnerstagabend 16 – oder noch mehr, je nachdem, ob man die Verantwortlichen auf der Bank mitzählte, oder nicht. Auch die hielt es kaum auf ihren Plätzen, unentwegt ruderten sie mit den Armen, schrien, klaschten und trieben diese Erlanger Mannschaft unaufhörlich nach vorn. Hinten hielt Klemen Ferlin zeitweise über 40 Prozent aller Würfe auf sein Tor, vor ihm brachten Steffen Fäth und ein überragender Kapitän Nikolai Link vor allem Max Darj, den schwedischen Führungsspieler des BHC, zur Verzweiflung; statt Löcher in den Innenblock zu reißen, holte der sich nur blaue Flecken. „Ich konnte zum ersten Mal seit Ewigkeiten vor einem Spiel nicht richtig schlecht schlafen“, gestand Link, „ich war so aufgeregt, als wäre es mein erstes Handballspiel.“
Angestachelt von „immensem Druck, es waren Felsbrocken, die uns von den Schultern fielen“, wie Antonio Metzner verriet, ging es vor allem mit Tempospiel variantenreich und mutig nach vorne in die Lücken, aus einem 0:1 wurde rasend schnell ein 4:1, ein 7:3. Eine kurze Schwächephase später durften die Gäste wieder etwas Luft holen (7:6, 14.), ehe wieder Erlangen mit Aggressivität und Leidenschaft sich auf machte bis zum beruhigenden 13:8-Halbzeitstand.
„Die Aggressivität war heute der Schlüssel, das war beeindruckend“, lobte sogar Trainer Raul Alonso den Kampfgeist seiner Mannschaft, „bei der man heute immer wusste: Wenn ich nicht da bin, sind genügend da, die mir helfen“, so Christopher Bissel. Die Vorentscheidung ließ dennoch auf sich warten, weil das beherzte Zupacken auch in acht Strafzeiten mündete – 16 Minuten, mehr als ein Viertel des Spiels, agierte Erlangen in Unterzahl. Man merkte davon: nichts. „Ich kann meiner Mannschaft wenig Vorwürfe machen“, so Sebastian Hinze, der BHC-Trainer, „einzig das Überzahlspiel, das war zu wenig.“ Und so dauerte es eben etwas, als aus dem 16:12 ein 20:15 wurde, ein 25:18, ein 29:20. „Es hat unfassbar gut getan, sich noch einmal von der Energie der Fans boostern zu lassen“, gestand Bissel hinterher – und musste grinsen. Zu frisch war noch das Gefühl dieser Welle: von unten, bei den Supporters, war sie angeschwollen, Trommelschlag um Trommelschlag, bis sie irgendwann ganz oben unter dem Dach endlich brach und alles unter einer Gischt aus riesengroßem Glück und fast unsagbarer Erleichterung begrub.
HC ERLANGEN:
Ferlin, Ziemer (n.e.);
Seitz, Sellin, Jaeger, Marschall, Fäh (3), Firnhaber (3), Büdel (3), Bissel (3), Metzner (5), Link, Jeppsson (7/3), Olsson (4/1), Zechel (2).
BERGISCHER HC:
Rudeck, Mrkva;
Darj, Schönningsen (1), Weck (4), Gunnarsson, Fraatz (4), Babak (1), Schmitz, Arnesson (5/1), Bergner (2), Boomhouwer (1), Hansson, Stutzke (1), Schmid (4). Schiedsrichter: Hurst/Krag; Zuschauer: 3387; Zeitstrafen: 8 – 2; Rote Karte: Firnhaber (35., dritte Zeitstrafe).
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