Zwei Ausstellungen des Bauernmuseums Bamberger Land und der Trachtenberatung des Bezirks Oberfranken
Nur zur Zierde? Oder steckt doch mehr dahinter?
Sticken ist eine der ältesten Dekortechniken und wurde auf der ganzen Welt ausgeübt, um Dingen eine besondere Bedeutung zu verleihen. Stickereien begleiteten die Menschen früher an allen wichtigen Stationen des Lebens in Gestalt von Taufdecken, Patenhemden, Kirchweihschürzen, Liebesgaben und Hochzeitsbändern. Gestickte Sprüche ermahnten noch Ende des 19. Jh. die Hausfrau im ganzen Haus zu Ordnung und Fleiß.
Gestickte Kleidung war über Jahrhunderte ein Prestigeobjekt, geschaffen von spezialisierten Arbeitskräften, über den Handel in ganz Europa verbreitet. Die breite Vielfalt reicht von bestickten Hemden zu filigran verzierten Hauben, die nicht nur viel über den sozialen Status ihrer Besitzerinnen verrieten, sondern auch über ihre Konfession und sogar über die Region, aus der sie stammten.
Tanz- und Abendkleider aus den „Golden Twenties“ mit ihrer verschwenderischen Fülle von aufgestickten Glasperlen und Pailletten bilden einer der Höhepunkte der Ausstellung. Erst als im 19. Jahrhundert die Industrie massenhaft gedruckte Mustervorlagen anbot, erhielt das Sticken den Ruf einer stupiden Handarbeit, der sich über viele Jahrzehnte halten sollte. Aber wie sieht es heute aus? In der Kunst und vor allem von jungen Leuten wurde das Sticken wegen seiner unendlichen Möglichkeiten zur Kreativität neu entdeckt.
Acht Frauen zeigen in der Ausstellung ihre persönliche Beziehung zur Stickerei, etwa als Textilrestauratorin, als Künstlerin oder als Inhaberin einer Firma. Dagmar Rosenbauer und Rosalie Postatny beispielsweise führen die traditionellen Stickereien auf den berühmten Trachten der Fränkischen Schweiz fort. Heidrun Schimmel, Michaela Schwarzmann und Ruth Loibl stehen stellvertretend für die freie Kunst. Bewegt ist die Geschichte der AFW Creativ -Stickerei aus Marktleugast, engagiert geführt von Birgitt Rodler. Nicht nur die offiziellen Wimpel des Deutschen Fußball-Bundes werden hier gestickt, sondern auch Karnevalsmützen und Firmen-Logos auf Berufskleidung.
Die Ausstellungen sollen im Sommer noch durch aktuelle Arbeiten von Schülerinnen des Eichendorff-Gymnasiums Bamberg ergänzt werden. Im Rahmen eines Projekts der Kunsterziehung setzen sie sich gerade mit den Techniken und Möglichkeiten des kreativen Stickens auseinander.
Die beiden Ausstellungen, die ab dem 8. April im Bauernmuseum Bamberger Land besucht werden können, präsentieren ausgewählte Stickereien aus fränkischen Museen und Sammlungen vom 17. Jahrhundert bis heute: gestickte Sprüche um 1900, Patches, Kleidung des Rokokos und der 1920er Jahre, Trachten, Stickmustertücher und festliche Haustextilien aus Franken, Hessen und der Türkei zusammen mit vielen interessanten Informationen aus unserer Kulturgeschichte. Eine Ausstellung nicht nur für die weiblichen Besucher!
„Nur zur Zierde? Über die Bedeutung und Geschichte des Stickens“
8. April bis 1. November
„Nur zur Zierde? Sticken in unserer Zeit: Tradition – Kunst – Leidenschaft“
8. April bis 24. Juli
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