Sitzung des Bayerischen Kabinetts: Ukraine-Krieg, Pandemie und Kulturerbe im Fokus
1. Bayern stellt Weichen für Integration ukrainischer Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt
Bayern will die durch den kriegerischen Überfall Russlands auf die Ukraine vertriebenen Ukrainerinnen und Ukrainer bestmöglich aufnehmen, ihnen Schutz und Versorgung gewähren und ihnen die Hand zum Willkommen reichen. Dazu gehört auch ein möglichst einfacher Zugang zum Arbeitsmarkt. Damit das gelingt, hat die Staatsregierung heute mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. – vbw – wichtige Weichen gestellt. Gemeinsam haben Freistaat und vbw ein Bündel an Maßnahmen entwickelt, mit dem die Angebote des Bundes mit bayernweiten Strukturen und eigenen Angeboten ergänzt werden, insbesondere mit Sprachangeboten, Jobbegleitern, und Ausbildungsakquisiteuren für Flüchtlinge. Nur gemeinsam können die anstehenden Herausforderungen gemeistert werden.
Die EU hat zugunsten aller ukrainischen Kriegsflüchtlinge die Richtlinie über vorübergehenden Schutz aktiviert. Das ermöglicht ihnen unter anderem, unmittelbar eine Arbeit in Deutschland aufzunehmen. Sie erhalten hierzu bereits bei der Beantragung ihrer Aufenthaltserlaubnis eine Bescheinigung, die ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gestattet. Dabei sind die Voraussetzungen für die Integration in Arbeit in Bayern gut. Das formelle Qualifikationsniveau der Bevölkerung in der Ukraine ist aufgrund des dortigen Bildungssystems vergleichsweise hoch.
Auch wenn die Integration in Arbeit in erster Linie durch die örtlichen Arbeitsagenturen erfolgt, nimmt sich auch die bayerische Staatsregierung dieser Aufgabe an: Der Freistaat ergänzt die Tätigkeit der Arbeitsagenturen und die Angebote der Sprachförderung des Bundes mit bayernweiten Strukturen und Angeboten, die sich in der Vergangenheit bewährt haben und nun auch ukrainischen Kriegsflüchtlingen offenstehen. Künftig unterstützen beispielsweise auch Jobbegleiter und Ausbildungsakquisiteure für Flüchtlinge die ukrainischen Kriegsflüchtlinge bei der Integration in Arbeit und Ausbildung. Zudem können Ukrainerinnen und Ukrainern auch vom Freistaat geförderte Projekte zum Spracherwerb nutzen, wie beispielsweise das Projekt „Sprache schafft Chancen“, das Ehrenamtliche dabei unterstützt, Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund in Sprachtandems oder Sprachkursen die deutsche Sprache beizubringen.
Die Staatsregierung steht zudem in engem Austausch mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., um ukrainischen Kriegsflüchtlingen – wo gewünscht – den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Die Bereitschaft der Wirtschaft, sich durch das Angebot eigener Sprachkurse einzubringen, wird ausdrücklich unterstützt. Denn der zeitnahe Zugang zu Sprachkursen ist ein zentrales Erfolgskriterium bei der Arbeitsmarktintegration.
Um geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer erfolgreich in den bayerischen Arbeitsmarkt zu integrieren, existieren zudem bewährte Beratungsstrukturen insbesondere hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen und zur beruflichen Weiterbildung. Zum einen stehen die fünf Beratungsstellen der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen in Landshut, Ingolstadt, Regensburg, Würzburg und Bamberg zur Verfügung. Zum anderen unterstützt die Koordinierungs- und Beratungsstelle Berufsanerkennung (KuBB) bei der Außenstelle der Regierung von Mittelfranken in Nürnberg bei der Beratung von anerkennungsuchenden ukrainischen Geflüchteten mit einer Berufsqualifikation im Gesundheitsbereich (z. B. ärztliches Personal und Pflegekräfte).
Daneben stehen den ukrainischen Flüchtlingen bei Fragen und Unterstützungsbedarf in Bezug auf berufliche Weiterbildung die Maßnahmen des Pakts für berufliche Weiterbildung 4.0 offen. Für arbeitsmarktferne ukrainische Flüchtlinge ist grundsätzlich auch eine Projektförderung über den Bayerischen Arbeitsmarktfonds möglich. Soweit es um die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung geht, kann für benachteiligte junge Menschen aus der Ukraine auch eine Förderung aus dem Programm „Fit for Work – Chance Ausbildung“ in Betracht kommen.
2. Ukraine-Krieg fordert Umdenken bei Stilllegung und Nutzung landwirtschaftlicher Flächen
Der nicht provozierte Überfall Russlands auf die Ukraine hat auch erhebliche Auswirkungen auf die weltweite Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln. Angesichts der zu befürchtenden Ernteausfälle fordert Bayern ein Umdenken bei der Stilllegung von landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland und Europa.
In der EU ist die Versorgung mit Lebensmitteln nicht gefährdet. Allerdings droht durch den Krieg und die damit verbundenen Ernteausfälle vor allem in Regionen wie Nordafrika und Asien eine Lebensmittelknappheit. Die Staatsregierung fordert den Bund deshalb auf, die von der EU kurzfristig geschaffene Möglichkeit zu nutzen und stillgelegte Flächen, die als sog. Ökologische Vorrangflächen (ÖVF) ausgewiesen sind, in diesem Jahr für die landwirtschaftliche Produktion schnellstmöglich und umfassend freizugeben. Deutschland muss so Verantwortung für die weltweite Ernährungssicherung wahrnehmen und dazu beitragen, Knappheiten zu reduzieren. Gleichzeitig geht es mittel- und langfristig darum, Europas Ernährungssouveränität zu sichern. Das bedeutet ausdrücklich keine Abkehr von den Prinzipien Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz. Vielmehr muss stärker in den Fokus gerückt werden, Produktion und Umweltschutz auf der gleichen Fläche zu verwirklichen. Der Freistaat zeigt mit seinen Agrarumweltprogrammen wie dem Kulturlandschafts- und dem Vertragsnaturschutzprogramm seit Jahrzehnten, dass dies möglich ist.
Der Bund muss jetzt schnellstmöglich die rechtlichen Grundlagen für die umfassende Nutzung von brachliegenden Flächen schaffen. Nur dann können die Landwirte noch vor der Aussaat reagieren. Jede Verzögerung mindert die Möglichkeiten, zusätzliche Lebens- und Futtermittel nachhaltig produzieren zu können. Insgesamt liegen in Bayern derzeit 20.000 Hektar an Ökologischen Vorrangflächen brach, in Deutschland sind es 169.000 Hektar. EU-weit liegt das Potenzial bei rund vier Millionen Hektar.
3. Corona-Pandemie: Bayern setzt Basisschutzmaßnahmen um
Das neu gefasste Bundesinfektionsschutzgesetz erlaubt ab dem 3. April 2022 grundsätzlich nur noch so genannte „Basisschutzmaßnahmen“ in bestimmten Bereichen. Weitergehende Maßnahmen sind nur unter engen Voraussetzungen nach der so genannten Hotspotregelung möglich, die nach Überzeugung Bayerns nicht rechtssicher anwendbar ist. Bayern setzt daher die Basisschutzmaßnahmen um.
Vor diesem Hintergrund wird mit Inkrafttreten zum 3. April 2022 (Sonntag) eine neue 16. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung erlassen, die bis einschließlich 30. April 2022, also für vier Wochen, gilt und den Rahmen der vom Bund noch zugestandenen Basisschutzmaßnahmen ausschöpft. Das bedeutet:
Allgemeine Schutz- und Hygienemaßnahmen bleiben weiter empfohlen. Hierzu zählen insbesondere die Wahrung des Mindestabstands, das Tragen medizinischer Gesichtsmasken in Innenräumen sowie freiwillige Hygienekonzepte (v.a. Besucherlenkung, Desinfektion).
In Einrichtungen, die vulnerable Personengruppen betreuen, gilt weiterhin eine FFP2-Maskenpflicht. Darunter fallen Arztpraxen, Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare Versorgung erfolgt, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Rettungsdienste, ambulante Pflegedienste, voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünfte. Gleiches gilt für den öffentlichen Personennahverkehr.
In Schule und Kita wird auch weiterhin regelmäßig und im bisherigen Umfang getestet. Für die Zeit nach den Osterferien wird der Ministerrat rechtzeitig entscheiden. Bei Infektionsfällen in einer Klasse oder Gruppe besteht weiterhin ein verstärktes Testregime.
Besucher und Beschäftigte benötigen für den Zugang zu vulnerablen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen einen tagesaktuellen Schnelltest. Beschäftigte bedürfen weiterhin zweier Tests pro Woche, wenn sie geimpft oder genesen sind, und tagesaktueller Tests, wenn sie nicht geimpft oder genesen sind. Gleiches gilt bei Justizvollzugsanstalten für Besucher sowie nicht geimpfte oder genesene Beschäftigte.
Der Ministerrat hat zudem der Verlängerung der Antragsfrist zum Abruf der Fördermittel für mobile Luftreinigungsgeräte und dezentrale Lüftungsanlagen im Rahmen der Neuauflage 2021 bis zum 31. Dezember 2022 zugestimmt. Die Frist für die Beschaffung von im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2022 beantragten Geräten wird bis einschließlich 31. März 2023 verlängert.
4. Bayern ist stolz auf sein immaterielles Kulturerbe / Neuaufnahmen für Bayerisches Landesverzeichnis 2022
Gerade in Bayern genießen die Pflege und der Erhalt von Kultur, Tradition und Bräuchen einen besonders hohen Stellenwert. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes umfasst vielfältige Formen kulturellen Erbes, die im Bewusstsein der Bevölkerung breit verankert sind. Der Ministerrat hat heute beschlossen, 10 weitere kulturelle Ausdrucksformen auf Empfehlung des Expertengremiums neu in das Landesverzeichnis aufzunehmen:
- Betrieb der Mainfähren in Franken (Unterfranken)
- Coburger Friedensdankfest in Meeder (Oberfranken)
- Handweben (bayernweit verbreitet)
- Holzbildhauerschulen in Bayern – Vermittlung von tradiertem Handwerk und dessen Weiterentwicklung (Unterfranken / Oberbayern)
- Holzkirchener Kerzenwallfahrt zum Bogenberg (Niederbayern)
- Kirchseeoner Perchtenlauf (Oberbayern)
- Münchner Marionettentheater (Oberbayern)
- Nördlinger Stabenfest (Schwaben)
- Oktoberfest-Landesschießen und Oktoberfest-Armbrust-Landesschießen (Oberbayern)
- ‚Schwedenprozession‘ und Laienfreilichtspiel/‚Heimatspiel‘ „Die Schutzfrau von Münnerstadt“ (Unterfranken)
Mit den Neuaufnahmen umfasst das Bayerische Landesverzeichnis nunmehr 66 Einträge.
In der Bundesrepublik Deutschland ist das UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes im Jahr 2013 in Kraft getreten. Zentraler Bestandteil der Umsetzung ist die Einrichtung eines Bundesweiten Verzeichnisses des Immateriellen Kulturerbes, in dem sich mittlerweile 126 Einträge befinden. Neben dem Bundesweiten Verzeichnis führt der Freistaat ein eigenes Landesverzeichnis. Darin werden alle Bewerbungen aufgenommen, denen das Bayerische Expertengremium die Erfüllung der Kriterien des UNESCO-Übereinkommens attestiert.
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