Neue Studie der Universität Bayreuth analysiert Unternehmenshierarchien

Logo der Universität Bayreuth

Höhere Löhne bei größerem Abstand zum Eigentümer

Unternehmen einer Firmengruppe haben oftmals einen sehr unterschiedlichen hierarchischen Abstand zum Eigentümer. Ein Team der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bayreuth unter Leitung von Prof. Dr. Hartmut Egger und Prof. Dr. Elke Jahn hat jetzt herausgefunden, dass sich ein größerer Abstand zum Eigentümer einer Firmengruppe tendenziell vorteilhaft auf die Entlohnung von Arbeitskräften auswirkt: Deren Löhne sind höher als in Unternehmen mit geringer Distanz zum Eigentümer. Die Studie ist kürzlich im „Journal of Economic Behavior and Organization“ erschienen.

Stefan Kornitzky, Universität Bayreuth. Foto: UBT.

Stefan Kornitzky, Universität Bayreuth. Foto: UBT.

Es handelt sich um die erste breit angelegte Untersuchung, welche die Höhe der Löhne und die Organisationsstruktur von Firmengruppen zueinander in Beziehung setzt. Dabei zeigt sich eine eindeutige Tendenz: Die Entlohnung der Arbeitskräfte steigt mit der hierarchischen Distanz der Firma zum Eigentümer der Unternehmensgruppe. Es ist also für Arbeitskräfte nicht per se von Nachteil, in einem Tochterunternehmen angestellt zu sein, das einen relativ großen Abstand zum Eigentümer hat.

„Dieses Ergebnis hat uns überrascht. Man hätte durchaus auch einen negativen Effekt erwarten können,“ sagt Stefan Kornitzky M.Sc., Mitautor der Studie und Doktorand an der Universität Bayreuth. „Zunächst liegt die Annahme nahe, dass die Eigentümer von Firmengruppen einen raschen Zugriff auf wichtige Produktionsschritte haben wollen und diese deshalb in organisatorischer Nähe ansiedeln. Die hier beschäftigten Arbeitskräfte erhalten dann eine vergleichsweise hohe Vergütung. Diese Überlegung wird durch die Analogie mit globalen Lieferketten gestützt: Kritische Produktionsschritte einer Wertschöpfungskette werden zumeist dort durchgeführt, wo infolge einer hohen – und hoch vergüteten – Arbeitsqualität eine geringe Fehlerwahrscheinlichkeit zu erwarten ist“, erläutert Kornitzky.

Doch die neue Studie zeigt, dass es sich umgekehrt verhält. Eine Erklärung dafür sieht das Bayreuther Forschungsteam in der Überwachung der Arbeitsqualität, dem sogenannten Monitoring. Dieses ist für den Eigentümer umso schwieriger, je größer die hierarchische Distanz zum jeweiligen Tochterunternehmen ist. Dadurch steigt die Zahl der Instanzen, die innerhalb einer Firmengruppe durchlaufen werden müssen, und das Monitoring der Beschäftigten ist weniger effizient. Damit hieraus kein Anreiz zur Verringerung der Arbeitsqualität erwächst, ist der Eigentümer zur Zahlung höherer Löhne bereit. „Diese Erklärung kann mit dem vorliegenden Datensatz allerdings nicht direkt überprüft werden und müsste durch weitere empirische Erhebungen erst noch bestätigt werden“, betont Kornitzky. Er betont, dass die Ergebnisse der Studie nicht die Theorie der sogenannten Wissenshierarchien unterstützen. Diese geht davon aus, dass Arbeitskräfte mit höherer Problemlösungsfähigkeit in einer Unternehmenshierarchie weiter oben angesiedelt sind. Dementsprechend würde die Vermutung naheliegen, dass Firmen in größerer hierarchischer Distanz für Produktionsschritte verantwortlich sind, die weniger komplexe Fähigkeiten verlangen und deshalb niedriger vergütet werden.

Für die statistische Auswertung wurden in der Studie umfangreiche Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt: Die Datenbank Orbis von Bureau van Dijk lieferte Informationen über Eigentumsstrukturen von Firmengruppen, deren Tochterunternehmen oftmals in verschiedenen Ländern angesiedelt sind. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg (IAB Nürnberg) steuerte umfangreiche Daten zu deutschen Betrieben und zur Vergütung ihrer Arbeitskräfte bei. Die ausgewerteten Daten beziehen sich auf die Jahre 2013 bis 2017 und etwa 120.000 deutsche Betriebe in Firmengruppen mit mehr als sieben Millionen Beschäftigten.