Wo bleibt der Mobilitätsentwicklungsplan? Bamberg im Diskussionsmodus
Auch in der letzten Sitzung des Umwelt- und Mobilitätssenats wurde deutlich, wie weit Bamberg von einer nachhaltigen Mobilitätsentwicklung entfernt ist. Die Diskussionen kreisen um Besitzstandswahrung und die Verhinderung oder wenigstens das Bremsen von notwendiger Weiterentwicklung. Mit der möglichen weiteren Einschnürung des Flaschenhalses Untere Brücke für den Radverkehr wird immer offensichtlicher, dass sich im aktuellen Stadtrat immer weniger Entscheidungsträger*innen daran erinnern, dass Bamberg 50 % mehr Wege im Umweltverbund mit Bus-, Fuß- und Radverkehr erreichen will.
Aktuell werden im Stadtrat Konfliktsituationen behandelt, die sich aus dem begrenzten Platzangebot in einer Altstadt ergeben. Die verständlichen Interessen von Gewerbetreibenden und Anwohnenden müssen dabei natürlich berücksichtigt werden, allerdings ist zu beobachten, dass andere berechtigte Interessen dann leichtfertig geopfert werden, weil Betroffene gar nicht erst gefragt werden. Auch die langfristigen Ziele der Stadt zur eigenen Entwicklung werden geflissentlich beiseitegelegt. Es ist zu erwarten, dass in wenigen Jahren überrascht festgestellt wird, dass es zu spät sei, die Ziele zu erreichen, man hätte früher beginnen müssen.
Laut Planung der Stadt soll die Untere Brücke als Bündelung zweier Cityrouten eine direkt geführte Hauptroute zur Anbindung der Stadtmitte sein, der einzigen Flussquerung per Rad zur Stadtmitte. „Dem Radverkehr kommt eine sehr hohe Bedeutung zu, was sich v. a. in sicherer und leistungsfähiger Infrastruktur und Führungsform ausdrückt“ so das Planungsdokument Radrouten Zielnetz VEP Bamberg 2030. Diese Funktion kann das Nadelöhr aufgrund seiner Gestaltung als verkehrsberuhigter Bereich heute schon nicht leisten. Sollte tatsächlich zur Bewirtung die verfügbare Breite eingeschränkt werden, ist dort de facto kein Radverkehr mehr möglich. Diese Position hat der VCD bereits im letzten Jahr vorgebracht, zum Runden Tisch wurde er jedoch nicht eingeladen, ein Beleg, dass die Mobilitätsbelange von Rad- und Fußverkehr eben keine Rolle spielen, allen VEP-Zielen zum Trotz.
Eine weitere kritische Strecke ist die Siechenstraße mit den Fahrradschutzstreifen und häufigen Behinderungen durch parkende und haltende Fahrzeuge. Dies ist gleichzeitig die Bündelung von drei Cityrouten in die Stadtmitte. In der Sitzung des Umwelt- und Mobilitätssenats und in Anträgen aus manchen Fraktionen soll nun diese Minimallösung für die gefährdeten Verkehrsteilnehmer auch noch geopfert werden. Bei allem Verständnis für die Bedürfnisse von Handwerksbetrieben und Anwohnenden müssen auch Fuß- und Radverkehr sicher geführt werden. Sonst werden die Verkehrsteilnehmer*innen nicht im angestrebten Umfang motiviert, auf diese Verkehrsmittel umzusteigen. Was in diesen Diskussionen fehlt, sind die Maßnahmen, um die Logistik der Handwerksbetriebe und Anwohnenden zu verbessern. „Wir vermissen die Initiativen der Stadt für mehr Carsharing, bessere Lieferdienste, dichteren Busverkehr, autonome Innenstadtbusse usw., alles Maßnahmen aus dem Verkehrsentwicklungsplan, die helfen sollen, heutige Probleme an der Wurzel zu packen statt kurzfristig populistisch an Symptomen herumzudoktern“ fasst Andreas Irmisch, Vorsitzender des VCD Kreisverbands Bamberg, die Sichtweise des Umweltverbands zusammen.
Die Leidtragenden sind dabei keine Minderheit, sondern eine Mehrheit. Bereits 2015 wurden fast 60 % der Wege in Bamberg mit dem Umweltverbund zurückgelegt gegenüber nur gut 40 % mit dem Auto. Bis 2030 soll das Verhältnis 75 % zu 25 % sein, so der Beschluss des Stadtrats im November 2017. Dass diese Mehrheit von 75 % bei den Entscheidungen der Stadt stärkere Berücksichtigung findet, ist eines der zentralen Anliegen des VCD. Dass die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat eher umgekehrt argumentieren, ist nicht nachvollziehbar. Umso dringender ist es, nun endlich alle Arbeitsergebnisse zum Verkehrsentwicklungsplan zu veröffentlichen, damit die gesamte Stadtgesellschaft an der Diskussion beteiligt sein kann.
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