Universität Bamberg: Wie sich soziale Unterschiede im Lebenslauf auswirken
Zwei Bamberger Forschende schildern in einem neuen Kurzfilm interessante Aspekte. „Auch wenn Kinder ähnlich intelligent sind, schlagen sie trotzdem völlig unterschiedliche Bildungs- und Berufswege ein“, erklärt Prof. Dr. Corinna Kleinert, Soziologin an der Universität Bamberg und stellvertretende Direktorin des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe (LIfBi). Gemeinsam mit dem Soziologen Prof. Dr. Steffen Schindler von der Universität Bamberg untersucht sie, wie sich soziale Ungleichheiten im Lebensverlauf auswirken. Ihr Forschungsgebiet präsentieren sie in einem Kurzfilm der Multimedia-Reportage „Leben auf ungleichen Wegen“. Die Reportage, die den Forschungsschwerpunkt „Empirische Sozialforschung zu Bildung und Arbeit“ der Universität Bamberg vorstellt, wurde jetzt veröffentlicht.
Soziale Ungleichheiten entstehen unter anderem dadurch, dass Familien unterschiedlich viel Geld und Wissen zur Verfügung haben. Die Unterschiede, die von frühester Kindheit an bestehen, wirken sich auf das spätere Bildungs- und Berufsleben aus. „In unserer Forschung betrachten wir zum Beispiel den Übergang von der Grundschule auf die weiterführenden Schulen“, schildert Steffen Schindler. Dabeiuntersuchen die beiden Bamberger Soziologen Einflüsse des Schulsystems.
BESSERE LERNFORTSCHRITTE IM GYMNASIUM
„In Deutschland werden Kinder leistungsabhängig sehr früh in verschiedene Schulformen wie Hauptschule, Realschule und Gymnasium aufgeteilt“, sagt Corinna Kleinert. 2021 hat sie in einer Studie mit Soziologin Claudia Traini und Soziologe Felix Bittmann vom LIfBi verglichen, wie sich der Lernfortschritt von Schülerinnen und Schülern über fünf Jahre hinweg entwickelt. „Wir haben festgestellt, dass Kinder mit ähnlichen familiären und kognitiven Voraussetzungen im Gymnasium bessere Lernfortschritte machen als in der Realschule“, fasst Corinna Kleinert zusammen. „Das deutet auf Schereneffekte in der Schullaufbahn hin.“ Vor allem das Leistungsniveau und die soziale Zusammensetzung einer Klasse beeinflussen demnach den Lernfortschritt der einzelnen Lernenden.
SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER VERLIEREN HOHE BILDUNGSAMBITIONEN
Auch Steffen Schindler berichtet von Schereneffekten während der Schulzeit: „Wenn leistungsstarke Schülerinnen und Schüler nicht das Gymnasium, sondern eine andere Schulform besuchen, neigen sie dazu, ihre hohen Bildungsambitionen zu verlieren.“ Sie passen ihre Bildungsziele oft an ihre Umgebung an und beenden die Schullaufbahn ohne einen höheren Bildungsabschluss. Ein Grund dafür ist, dass in den Schularten unterschiedliche Lernumwelten existieren. „Diese Kontexteffekte nichtgymnasialer Schulformen betreffen vor allem sozial benachteiligte Kinder“, ergänzt Steffen Schindler. „Schülerinnen und Schüler privilegierter sozialer Herkunft behalten ihre hohen Bildungsambitionen unabhängig von der Schulform häufiger bei.“ Diese Schlussfolgerungen zieht er in einer Studie mit Felix Bittmann, die 2021 veröffentlicht wurde. Sie haben leistungsfähige Schülerinnen und Schüler untersucht, die beim Übergang auf die weiterführenden Schulen angaben, später ein Abitur erlangen zu wollen.
Steffen Schindler und Corinna Kleinert analysierten in ihren Studien Längsschnittdaten des Nationalen Bildungspanels (NEPS). „Unsere Rolle als Forschende ist es, zu zeigen, welche Rolle soziale Ungleichheit spielt, wer davon betroffen ist und welche Gründe es für unterschiedliche Entwicklungen gibt“, führt Corinna Kleinert aus. Und teffen Schindler fügt hinzu: „Wir sehen unsere Aufgabe darin, Wissen zu Prozessen bereitzustellen.“
Der Film über soziale Ungleichheit im Lebensverlauf ist enthalten in der Multimedia-Reportage unter: https://forschungsprofil.uni-bamberg.de/bildung-arbeit
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