Pegnitzer Stadtratsfraktionen beantragen „Integrationsmanagement“

Antrag der Fraktionen Grüne und Unabhängige und SPD & Zukunft Pegnitz!
„Integrationsmanagement Pegnitz“

Mit der Ankunft Geflüchteter 2015 begann nicht nur ein breit angelegtes bürgerliches Engagement für die Neuankömmlinge, in das sich die Stadt Pegnitz, die Kirchen, einige Firmen und Gewerbetreibende und ganz viele Bürgerinnen und Bürger auf vielfältige Weise einbrachten, auch lange vorhandene Barrieren in der Integration von (Arbeits-)Migrant*innen und ihren Familien traten nach und nach in Erscheinung.

Durch die Schaffung der Stelle einer zunächst Integrationsbeauftragten, dann der Integrationsmanager*in konnten viele dieser Hürden verringert, das Ankommen in Pegnitz erleichtert und das Zusammenleben verschiedener Kulturen in einem friedlichen Miteinander begleitet werden.

In unserer Region ist die demografische Entwicklung deutlich: wir werden älter und benötigen Zuwanderung, um unser aller Versorgung, wirtschaftlich wie strukturell, gestalten zu können. Fachund Arbeitskräftemangel sind in aller Munde, Lehrstellen bleiben oft Leerstellen und in verschiedenen Branchen ist es schwer, Arbeitskräfte zu finden. In der Vergangenheit wurde Vieles versäumt: Integration ist kein Selbstläufer und bedarf des mutigen Aufeinanderzugehens – von beiden Seiten.

Mangelnde Bemühungen um Integration administrativ-struktureller, wie zwischenmenschlicher Natur können zu Separation und Isolation der Neuankömmlinge führen, was häufig in Parallelstrukturen mündet: als Beispiel hierfür mag der Umgang mit Gastarbeiter*innen und deren Familien gelten, die oftmals heute noch, Generationen später, um Chancengleichheit ringen müssen.

Welche Früchte dagegen die Bemühungen um aktive Integration zeitigen, lässt sich mit einer Vielzahl an aktuellen Pegnitzer Beispielen belegen – um einen Einblick zu gewähren, seien hier nur einige wenige dieser Beispiele (datenschutzkonform) beschrieben, die nun in diesen schwer zu besetzenden Arbeitsfeldern tätig sind.

  • Der junge Mann aus Sierra Leone, der in Pegnitz ankam ohne ein Wort deutsch zu sprechen, nun Krankenpfleger wird und nicht einen Kommafehler in seinen SMS-Nachrichten hat.
  • Zwei, die trotz vieler Widrigkeiten nun in Ausbildung sind und einen Beitrag zum Erhalt unserer lokalen Bäckereien leisten.
  • Die alleinerziehende Mutter, die in der Altenpflege hilft.
  • Der junge Mann, der in der lokalen Gastronomie jobbt.
  • Ein weiterer, der seine Ausbildung mit Bravour in der Hotellerie abgeschlossen hat.
  • Die Mutter von fünf Kindern, die als Analphabetin kam, mit ungeheurem Fleiß heute ein beachtliches Deutsch spricht und in einem Supermarkt vor Ort Bestellungen bearbeitet.
  • Der Arzt, der nun in der Klinik arbeitet und das medizinische Team ergänzt.
  • Die Menschen aus europäischen Ländern, die als Arbeitskräfte in der Altenpflege, auf dem Bau und für vielen andere Stellen angeworbenen wurden.

Zudem war es durch die Arbeit mit 60% VZÄ von Frau Kobert möglich, mit „Daheim in Pegnitz“ nicht nur als eine von 10 Städten (und als kleinste erfolgreiche Stadt) bundesweit ausgezeichnet zu werden, sondern auch Mittel in 6stelliger Höhe (200.000€ von BM Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit und dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration) nach Pegnitz zu bringen und in Pegnitz zu investieren.

Weiter konnten durch das Engagement von Pegnitzer Kirchen, von Pegnitzer Gewerbetreibenden und unseren Bürger*innen ebenfalls in 6stelliger Höhe (120.000€) Spendenmittel eingeworben und vor Ort eingesetzt werden. Aus den Projektförderungen konnte nicht nur die Personalstelle, sondern mit dem Integrationshaus in der Brauhausgasse auch Räume als Anlaufpunkt etabliert werden: die Fortführung der Anmietung über den 31.12.2021 ist möglich. Das nötige Mobiliar im Multifunktionsraum ist vorhanden.

Der Eigenanteil der Stadt Pegnitz lag hierbei unter 10.000€.

Hinzu kommen weitere Förderungen (11.000€) für kleinere Projekte, die über Demokratie Leben! oder die Raps-Stiftung Gelder nach Pegnitz brachten. (Diese Mittel wurden, um hier eine klare Trennung zu verdeutlichen, zusätzlich zu den Beträgen, die der Unterstützerkreis Pegnitz e.V. über die o.g. Projektstellen erhielt, eingeworben).

Die Integrationsmanagerin

  • beriet allein 2021 (mit Betzenstein, Plech und Creußen) rund 200 Personen in 600 Fällen aus 28 Ländern mit Migrations- oder Fluchthintergrund (Irak, Iran, Syrien, Afghanistan, Oman, Jemen, Türkei, Mali, Äthiopien, Eritrea, Nigeria, Serra Lione, Tansania, Guinea, Serbien, Kroatien, Montenegro, Kosovo, Rumänien, Tschechien, Polen, Bosnien, Russland, Kasachstan, Aserbaidschan, Thailand, China, Tadschikistan)
  • entlastet die lokale Verwaltung, die für viele der Fragen keine kompetenten Ansprechpersonen hat, aber ansonsten kontaktiert würde, und leitet Anfragen an die zuständigen Stellen weiter
  • schafft Vernetzung und Synergien mit anderen Integrationsbeauftragten und dem Landratsamt.
  • ist Ansprechperson für Bürger*innen, wie Migrant*innen und Geflüchtete und baut Brücken in die Gesellschaft
  • ist Ansprechperson für Kindergärten, Schulen, Mittagsbetreuung, Vereine,…
  • unterstützt und koordiniert ehrenamtliches Engagementträgt zu einer Kultur des friedlichen Miteinanders in Pegnitz bei

Kostenaufstellung

  • Miete (inkl. Nebenkosten) 700€/Monat, 8.400€/Jahr
  • Büromaterial/Telefon 60€/Monat, 720€/Jahr
  • E10/60% VZÄ zu kalkulieren mit rund 40.000€/Jahr

Der Stadtrat möge beschließen, wie folgt:

Die Verstetigung der Stelle einer*s Integrationsmanager*in ist wegen des Fortbestehens der Aufgabe „Unterstützung der Integration von (Arbeits-)Migrant*innen und Geflüchteten und deren Familien in unsere Stadtgesellschaft“ anzustreben.

Die Etablierung als Anlaufstelle für Migrant*innen und Geflüchtete ist erfolgt und wird angenommen. Ein Netzwerk wurde geknüpft und kann, sofern keine lange Vakanz entsteht, weiterhin genutztwerden. Große Teile der geleisteten Aufbauarbeit würden hingegen vergeudet, wenn die Integrationsarbeit nicht hauptamtlich fortgesetzt wird.

Der Stellenumfang von 25h/Woche bei TVÖD in E10 ist daher fortzuführen, die Offenheit für eine mögliche Aufstockung der Stelle über die Beteiligung weiterer Kommunen ist zu erhalten. Die Ansiedlung der Stelle beim Wirtschaftsband A9 wird beibehalten.

In den Haushalt werden hierfür 50.000€ eingestellt.

Die Stellenausschreibung zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Die Möglichkeit weitere Fördermittel zur Finanzierung der Arbeit zu nutzen, wird geprüft.

Folgende Aufgaben sind einem*r Integrationsmanager*in zuzuschreiben:

  • im Bereich Bildung:
    • Hilfestellung bei der Suche nach einem KiTa/KiGa-Platz und Anlaufstelle für Rückfragen.
    • Hilfestellung bei Fragen zu Einschulung und Schulbildung: die Informationen von Schulen sind oft nicht leicht zu verstehen wegen der Sprachbarrieren, auch bei Elternabenden, wenn es um Fächerwahl, aber auch um (scheinbar) Banales wie Hausaufgaben, Sportunterricht, Klassenfahrten, Schulweg, Prüfungsleistungen oder die Aufnahme in die Mittagsbetreuung geht.
    • Wechsel des Schulsystems, Wege in eine Ausbildung etc.
    • Angebot von Sprachkursen insb. für Frauen, Koordination von Kursangeboten Ehrenamtlicher, Vorbereitung von Materialien, Organisation von Einladung bis Kinderbetreuung
  • Im Bereich Wohnen und Arbeiten:
    • Unterstützung bei der Wohnungssuche und bei Fragen rund um Rechte und Pflichten als Mieter*in
    • Bei der Suche nach Arbeit und Fragen, die sich in diesem Kontext ergeben
  • Im Bereich Leben und Freizeit
    • Von Fragen zu medizinischen Abklärungsbedarfen über die Themen Schwangerschaft, Geburt und Verhütung hinaus, U-Untersuchungen, etc.
    • Von der Vorbereitung notwendiger Papiere und Informationen für Ämtergänge
    • Anlaufstellen für unterschiedliche Alters-/Personengruppen (Mittwochstreff für junge Menschen, Deutschkurs für Frauen mit Kinderbetreuung, …)
  • Interkulturelle Begegnungen, Besuche in Schulen, Demokratiebildung, Teilhabe an Sport und Teilnahme mit Gruppen an Turnieren, etc.
  • Kooperation mit lokalen Vereinen und regionalen Netzwerken
  • Kooperation mit Stadtverwaltung, Landratsamt, Asylsozialberatung und Integrationsbeirat
  • Förderung des Ehrenamts
  • Presse und Öffentlichkeitsarbeit
  • Beantragung von Projektmitteln
  • Dokumentation und Berichterstattung

Die Unterzeichnenden
Susanne Bauer, B´90 / Die Grünen und Unabhängigen
Charly Lothes, SPD & Zukunft Pegnitz!